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Einkaufscenter am Neumarkt: Investor nennt nach zahlreichen Verschiebungen „nach 2019“ als Eröffnungstermin

Ausschnitt NOZ 03.09.2014
Das war wohl nichts: NOZ vom 03.09.2014

Im Frühjahr 2015 „sollte“ der Abriss beginnen, das berichtete die Lokalzeitung NOZ vor genau einem Jahr und ein paar Tagen (Abruf ggf. kostenpflichtig).
Seither ist nicht viel geschehen, außer das der Investor mehrheitlich nach Kanada verkauft wurde (HASEPOST berichtete darüber in Osnabrück zuerst).
Die einst als „mfi“ in Osnabrück an den Start gegangene Gesellschaft firmiert inzwischen unter dem neuen Namen Unibail-Rodamco und hat den Firmensitz von Essen direkt an den Düsseldorfer Flughafen verlegt (das fanden wir aus lokaler Perspektive jetzt nicht so wichtig, aber erwähnen es hier der Vollständigkeit halber).

Mit den Terminen nimmt es der Investor nicht so genau

Als unter Führung von Osnabrücker SPD und Grünen die Kaufhausbefürworter im vergangenen Jahr endlich alle bürokratischen Hürden genommen hatten, lag endlich der notwendige städtebauliche Vertrag zur Unterschrift bereit. Doch unerwartet tauchte das damals noch unter dem Namen mfi firmierende Unternehmen für Monate ab.
Der Osnabrücker Stadtrat hatte den Vertrag im April 2014 zur Unterschrift an den Investor gesendet und wartete nun auf eine schnelle Unterschrift unter dem hart verhandelten Dokument. Es folgte eine Reihe von Versprechungen und Verschiebungen, bis man von Seiten des Investors tatsächlich den Vertrag unterzeichnete.
Auch der vor einem Jahr öffentlich verkündete Abrisstermin gehört wohl in diese Reihe von gebrochenen Terminversprechen. Für den Abriss der maroden Geschäftshäuser am Neumarkt („Kachel-Haus“ und ehemaliges Wöhrl-Haus) und sonstiger vorbereitender Maßnahmen hätte es keine Baugenehmigung gebraucht, so dass die laufenden Klagen gegen Details des geplanten Neubaus nicht als Entschuldigung Erklärung herhalten können, so ein Osnabrücker Immobilienfachmann gegenüber unserer Redaktion.

Die Chronologie der bisherigen Versprechen und Verschiebungen

Gegenüber der NOZ erklärte der inzwischen ausgetauschte nicht mehr für Osnabrück zuständige mfi-Manager Nils Perpeet am 16. Mai 2014,  zu einem Zeitpunkt als sein Unternehmen bereits mehr als einen Monat mit den notwendigen Unterschriften in Verzug war, das Management würde sich in der Folgewoche treffen (Zitat NOZ: „kommende Woche“).
Wieder einen Monat später, am 12. Juni 2014, musste der mfi-Manager die Lokalpolitik erneut vertrösten, es gäbe „Terminprobleme“. Der Vertrag war im Mai nicht unterzeichnet worden, und er wurde es auch im Juni noch nicht.
Erst Ende Juli 2014 – der Investor hatte die Osnabrücker Lokalpolitiker mehr als ein Vierteljahr ein ums andere Mal vertröstet – hatten sich auch die Investoren zu den notwendigen Unterschriften hinreissen lassen und konnte der Durchführungsvertrag für den Bau des Kaufhauses im Stadtrat verabschiedet werden. Mit der darauf folgenden und zügigen Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt, wurde der Bebauungsplan 600 zum 8. August vergangenen Jahres schließlich rechtskräftig.
Wie erwartet, kam es daraufhin zu Klagen von Anliegern gegen das Bauvorhaben, die vom Oberverwaltungsgericht Celle jedoch am 22. Dezember abgewiesen wurden.

Was sieht der Durchführungsvertrag eigentlich für Fristen vor?

mfi Unibail Rodamco OsnabrückIm Durchführungsvertrag zwischen der Stadt Osnabrück und der für die Entwicklung gegründeten Neumarkt 14 GmbH (der Vertrag wurde nicht direkt mit der mfi oder ihrem französischen Mutterkonzern geschlossen) ist recht deutlich geregelt, dass sich „die Vorhabenträgerin“ dazu verpflichtet, binnen 12 Monaten nach Vorliegen des Bebauungsplanes einen vollständigen Bauantrag einzureichen.
Selbstverständlich hatte man auch bei der Ausarbeitung des Vertrages an mögliche Kläger gedacht, so dass diese 12-Monatsfrist, binnen derer formell mit dem Bau (nicht dem Abriss) begonnen werden muss, gehemmt werden kann. Bis zu einer Entscheidung etwaiger Klagen läuft diese Frist nicht weiter. Nach Auskunft einer Sprecherin von Unibail Rodamco, ist dies im Augenblick durch eine erneute Normenkontrollklage der Fall. Sollte die Jahresfrist, binnen derer ein Bauantrag vorliegen muss, jedoch einmal abgelaufen sein, gibt es nur noch weitere 180 Tage zusätzlicher Fristgewährung für unverschuldete Verzögerungen.
Die Zeit für die Einreichung wenigstens eines Bauantrages läuft also ab – bedingt durch die vor Gericht zu klärenden Einwände jedoch immer wieder durch Zwangspausen unterbrochen. Deswegen ist diese Frist nicht schon im August dieses Jahres abgelaufen.

Mit welchem Eröffnungstermin rechnet der Investor jetzt selbst?

Obwohl der Investor bei Aussagen zu Vertragsunterzeichnung oder Abriss schon mehrmals deutlich daneben lag, haben wir bei Unibail-Rodamco nachgefragt, wann denn nun das noch zu bauende Einkaufszentrum eröffnet werden soll. Im Eingangs erwähnten und verlinkten NOZ-Interview vom 3. September 2014 war die Rede von einem sehr präzise definierten Eröffnungstermin „Herbst 2017“.

Im Frühjahr 2013 wurde der Lokalpolitik von der mfi noch eine Eröffnung in diesem Jahr (2015!) versprochen – davon ist schon lange keine Rede mehr.
In der schriftlichen Antwort auf unsere aktuelle Nachfrage heisst es stattdessen nur noch unpräzise: „Eine Eröffnung ist für 2017/2018 geplant.“

„Osnabrück“ wurde aus dem Onlineauftritt getilgt!

Etwas erstaunlich fanden wir in der Redaktion eine Bitte, die mit der schriftlichen Antwort verbunden war: Die Mitarbeiterin der Unibail-Rodamco wollte nicht namentlich neben ihren Antworten genannt sehen.
Kurz darauf erhielten wir einen Hinweis von unserem Kontakt aus der Osnabrücker Immobilienszene, der auch nicht namentlich genannt werden möchte, auf zwei Beobachtungen im Umfeld des in Paris ansässigen Konzerns.
Die eine Beobachtung betrifft die Außendarstellung im Internet. Gibt man auf der neuen Homepage Unibail-Rodamco.de den Suchbegriff „Osnabrück“ ein, erhält man keine einzige Fundstelle mehr. Auch aus dem Pressebereich der Unternehmens-Homepage sind alle Pressemeldungen über den neuen Standort an der Hase verschwunden!

Wieso geht die Konzernzentrale nur noch von „Post 2019“ aus?

OSKAR Osnabrück Eröffnung 2019?
„Post 2019“, ist das die Planung der Konzernzentrale in Paris?

Tatsächlich scheint Osnabrück aber nicht ganz vom Radar der Unibail-Rodamco verschwunden. Die zweite Information unseres Tippgebers bezog sich auf den Jahresbericht 2014 des französischen Mutterkonzerns. In diesem umfangreichen Werk, das vor allem auch der Beziehungspflege (Investor Relations) dient, findet sich eine höchst erstaunliche Angabe zum möglichen Eröffnungstermin: „Post 2019“. Englisch also „nach/danach 2019″, das kann bei gutwilliger Interpretation der englischen Sprache noch als 2019 (nach dem Jahreswechsel) gewertet werden. „Post 2019“ bedeutet womöglich aber auch 2020 oder noch später – wenn überhaupt!

Wir haben selbstverständlich die Pressestelle der Unibail-Rodamco darum gebeten aufzuklären, warum man in Düsseldorf von „2017/2018“ ausgeht – unser Redaktion jedenfalls auf die erste Nachfrage dieses (wenn auch unpräzise) Datum nennt – die Pariser Zentrale aber nur noch vage mit „Post 2019“ plant?
Antwort auf diese schriftlich gestellte Frage: KEINE!

Auch die Stadtverwaltung scheint lieber auf Tauchstation zu gehen

Fast zwei Wochen sah es für unsere Redaktion so aus, als ob auch die Osnabrücker Stadtverwaltung, die wir über die Pressestelle mehrfach um einen aktuellen Status zum Bauvorhaben gebeten hatten, lieber auf Tauchstation gehen wolle.
Die Rückfragen, die zur Bestätigung des aktuellen Status notwendig waren, wurden erst nach mehrfachen, teils persönlich am Rande einer anderen Pressekonferenz vorgebrachten, Nachfragen beantwortet.

 

Kommentar

Osnabrück darf gespannt sein, wann und wie es mit dem Bau des umstrittenen Einkaufszentrums wirklich losgeht.
Warum? Weil die Folgen einer weiteren Verzögerung unkalkulierbar sein dürften. Unkalkulierbar für die Stadtentwicklung, die klammen Finanzen und für so manch eine Karriereplanung auf Seiten der politischen Befürworter des Projekts.

Die ursprünglich von den Investoren versprochenen Termine sind inzwischen alle Makulatur – nicht zuletzt auch durch Verschulden des Investors, der längst nicht mehr im beschaulichen Essen residiert. Mit dem Umzug direkt an den Düsseldorfer Flughafen wurde auch klar: Der Ansprechpartner der Stadt, die Firma mfi, ist faktisch nur noch der Satellit eines französischen Großkonzerns.
Der zwischenzeitliche Weiterverkauf der Unternehmensmehrheit an einen Kanadischen Fonds dürfte ebenfalls nicht ohne Folgen für das Unternehmen und seine Projekte bleiben, im fernen Kanada wird man Osnabrück nur noch schwerlich auf einer Landkarte verorten können.
Im Vergleich zu anderen im Konzern gemanagten Projekten ist das Einkaufszentrum am Neumarkt geradezu winzig. Ist es womöglich deshalb aus dem Fokus geraten? Vielleicht intern schon beerdigt?

Als SPD und Grüne das Projekt für sich entdeckten und zum Gegenstand einer laufenden Fehde mit der CDU machten, stand der grobe Termin der nächsten Kommunalwahl (Herbst 2016) schon fest. Mfi versprach noch 2013 eine grandiose Eröffnungsfeier für den Herbst 2015 – dort hätte sich so schön feiern lassen können.
Die politisch Verantwortlichen haben sich vor ein paar Jahren wohl nicht träumen lassen, dass womöglich im Jahr der nächsten Kommunalwahlen nicht einmal ein erster Spatenstich zu feiern sein wird.

SPD Fraktionschef Frank Henning sprach noch kurz vor der inzwischen beendeten politischen Sommerpause mehrfach im Stadtrat und zuletzt beim Heimatabend davon, dass es „nach der Sommerpause“ oder „im Herbst 2015“ am Neumarkt losgehen würde. Sein Kontrahent Fritz Brickwedde (CDU) erinnerte ihn beim Heimatabend daran, dass der Herbst auch in diesem Jahr spätestens am 21. Dezember zu Ende sein wird.
Dem französischen Immobilienkonzern, der es in der Hand hat jetzt wenigstens mit den vorbereitenden Maßnahmen zu beginnen, dürften die Aussagen eines SPD-Lokalpolitikers aus der niedersächsischen Provinz herzlich egal sein.
Falls im Kommunalwahljahr 2016 am Neumarkt eine gigantische Spekulationsblase platzen sollte, dürften die Auswirkungen nicht nur für die weitere Stadtplanung, sondern auch für die Kommunalpolitik unkalkulierbare Folgen haben.

Einen „Plan B“ hat wohl niemand in der Tasche?
Egal wie die politischen Folgen sein dürften, ein weiteres Warten auf den Investor, der schon längst mit dem Abriss der leerstehenden Altgebäude hätte beginnen können, kann sich Osnabrück eigentlich nicht leisten. „Post 2019“ im Geschäftsbericht des Mutterkonzerns kann ein Druckfehler sein. Dass sich die Presseabteilung in Düsseldorf dazu aber nicht äußern will, das ist schon sonderbar!

Heiko Pohlmann

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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