Im „DRK-Markt für alle“ in Osnabrück, einem Secondhand-Laden des Deutschen Roten Kreuzes, erheben ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwere Vorwürfe gegen den Geschäftsführer Mike Reil. Sie berichten von massiven Beleidigungen, Demütigungen und Mobbing, die sie während ihrer Anstellung erfahren haben wollen. Der Geschäftsführer hingegen dementiert, im November folgt ein weiterer Termin vor dem Arbeitsgericht.
Körperlichkeit und Homosexualität im Fokus?
Andreas Voigt, der mehr als fünf Jahre im „DRK-Markt für alle“ tätig war, hat aus psychischen Gründen selbst gekündigt. „Was dort vor sich geht und ging, ist unglaublich. Ich selbst wurde vom Geschäftsführer gemobbt, musste mir ständig anhören, dass ich fett bin und man nicht wüsste, ob ich Männlein oder Weiblein bin aufgrund meines Aussehens und meiner Homosexualität. Ich habe es nicht mehr ausgehalten und deshalb gekündigt“, erklärt Voigt. Seine Erfahrungen stehen exemplarisch für das, was auch andere Betroffene schildern: Ein Klima der Angst und Erniedrigung, das von Reil geschaffen worden sein soll.
Für eine Mitarbeiterin ist die Welt zusammengebrochen
Monique Schulhoff, eine weitere ehemalige Mitarbeiterin, wurde fristlos entlassen und hat erfolgreich vor dem Arbeitsgericht geklagt. Ihre fristlose Kündigung wurde in eine fristgerechte umgewandelt, zudem wurde ihr eine Abfindung zugesprochen. „Die habe ich auch bereits erhalten“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch die psychischen Folgen wiegen schwer. „Ich könnte auch einen Hund an die Kasse setzen, das wäre dasselbe“, soll der Geschäftsführer einmal zu ihr gesagt haben. Schulhoff war sieben Jahre im Unternehmen tätig, hat trotz Lernschwäche eine Ausbildung zur Verkäuferin absolviert. „Ich habe mich im Markt immer wohlgefühlt. Aber was dort passiert ist, prägt einen. Wir alle sind mit den Nerven am Ende und psychisch belastet. Meine ganze Welt ist mit der Kündigung zusammengebrochen.“
Marktleiterin nach 17 Jahren entlassen
Auch Marktleiterin Daniela Palma Revez, die 17 Jahre für den DRK arbeitete, berichtet von ähnlich belastenden Erlebnissen. Ihr wurde zu Ende dieses Jahres betriebsbedingt gekündigt. Eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht im November steht noch aus, nachdem es bislang nur zu einem Vergleich kam, der ihr für ihre langjährige Tätigkeit eine Abfindung von lediglich 18.000 Euro zubilligt. „Jeden Tag mussten wir uns anhören, dass er uns loswerden möchte. Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, hat er gesagt, sie würden so langsam arbeiten, dass man ihnen beim Laufen die Schuhe besohlen kann“, berichtet sie vom respektlosen Umgang mit erkrankten Mitarbeitern.
Geschäftsführer weist Vorwürfe zurück
Geschäftsführer Mike Reil weist die Vorwürfe gegenüber unserer Redaktion energisch zurück. „Es ist aus meiner Sicht geradezu haarsträubend“, so Reil. Er betont, dass sich das Deutsche Rote Kreuz strikten Grundsätzen verpflichtet fühle, die Diskriminierungen jedweder Art ausschließen. „Die angeblichen Aussagen wurden nie und werden auch nie getroffen“, erklärt er weiter. Stattdessen wirft er den betroffenen Mitarbeitern vor, sich selbst oft echauffiert zu haben, ohne dass er darauf reagiert habe. Zu den Mobbing-Vorwürfen sagt er, dass er diese in Gänze zurückweisen müsse. Sollte es zu einer Mobbing-Situation im Betrieb kommen, werde diese sofort behandelt und erforderlichenfalls würden Personalgespräche geführt.
Traumatisches Kapitel
Bei den ehemaligen Mitarbeitern des „DRK-Markt für alle“ bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Während der Geschäftsführer die Vorwürfe weit von sich weist, sprechen die Schilderungen von Andreas Voigt, Monique Schulhoff und Daniela Palma Revez eine deutliche Sprache: Ein Klima der Angst und Demütigung, das sie nachhaltig psychisch belastet hat und noch immer beschäftigt. Für sie bleibt der Arbeitsalltag im DRK-Markt ein traumatisches Kapitel ihres Lebens.