Seit Jahren gibt es in Deutschland die Forderung, dass alles digitaler werden muss. Witze und übliche Sprüche inklusive Faxgeräte kennt wohl jeder und das nicht erst seit der Coronakrise. Aber steht das Land wirklich noch in der Steinzeit oder sind nicht doch schon etliche Angebote digital? In der Tat hat sich schon etwas getan, dennoch stellt sich die Frage: Wie sieht es in deutschen Verwaltungen also mit dem E-Government aus? Welche Möglichkeiten haben Bürger und wo hakt es noch?
Titelfoto: Behördengänge digital durchführen und wichtige Verwaltungsakte über das Internet vollziehen? So hört sich die Zukunft an – doch wie sieht es aktuell mit der praktischen Ausführung in Deutschland aus? Bildquelle: @ momius – 115625021 / Adobe Stock
Steuern: Erklärungen und Dokumente online einreichen
Fakt ist: Dieser Bereich wurde mittlerweile vollends digitalisiert, denn es ist praktisch nicht mehr erlaubt, eine Steuererklärung auf Papier einzureichen. Nun, ganz stimmt das nicht, denn Senioren und Arbeitnehmer ohne selbstständige oder besondere Einkünfte dürfen bislang noch notfalls die Papierform nutzen. In diesem Bereich hat die Digitalisierung sehr gut funktioniert und ist sogar sehr einfach:
- Abgabeformen – ob nun Steuersoftwares oder das staatliche Elster genutzt wird, ist unerheblich. Letztendlich greifen alle Programme auf die Elster-Schnittstelle zurück. Es ist also unerheblich, ob nun ein Steuerprogramm oder das Online-Portal genutzt wird.
- Voraussetzung – der Bürger muss sich einmal registrieren und einen Legitimationsschlüssel beantragen. Diesen gibt es in Form einer elektrischen Schlüsseldatei, als USB-Stick oder CD. Der Schlüssel dient bei jeder Anmeldung in Elster als Legitimation und wirkt ebenso als Unterschrift.
- Eingabe – die Steuererklärung wird mit den benötigten Formularen selbst zusammengestellt. Wurde vorher schon ein Profil erstellt oder eine Steuererklärung abgegeben, so können die Daten geladen werden. Der Vorteil: Ändern sich nur die Beträge, so müssen auch nur die korrigiert werden.
- Prüfung – das System prüft automatisch die Steuererklärung auf Fehler. Zugleich wird eine Berechnung durchgeführt, sodass vorab schon bekannt ist, wie viel Geld gezahlt oder erstattet wird. Diese Funktion wussten schon viele in ihren Steuerprogrammen zu schätzen.
Im Regelfall funktioniert die elektronische Steuererklärung wesentlich schneller als die im Papierformat. Je nach Umfang sind die Ergebnisse schon zwei Wochen nach der Abgabe da. Jeder kann für sich entscheiden, ob er noch ein Schriftstück per Post haben möchte oder ob der elektronische Bescheid ausgedruckt wird.
Auch Umsatzsteuervoranmeldungen und Sonderfälle lassen sich auf dem Weg leicht durchführen. Diese sind anders jedoch gar nicht mehr möglich, denn für die Umsatzsteuervoranmeldung, Jahresumsatzsteuererklärung und die zusammenfassende Meldung ist die elektronische Form vorgeschrieben.
Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer sind bereits dazu verpflichtet, die elektronische Steuererklärung zu nutzen und auch Voranmeldungen auf diesem Wege abzugeben. Letztere werden gar nicht mehr in Papierform anerkannt. Dafür bietet das Elster-Programm aber auch den Vorteil, gleich die EÜR mit über Elster abzugeben. Gesonderte Unterlagen sind oft nicht notwendig oder können notfalls schlichtweg digital hochgeladen werden. Das spart oft Zeit, Geld und mitunter Nerven.
Behördengänge allgemein: Es kommt auf die jeweilige Gemeinde an
Das E-Government ist in Bezug auf Behördengänge sehr unterschiedlich aufgebaut. Einige Städte sich recht digital, andere hingegen überhaupt nicht. Die Möglichkeiten bestehen dennoch:
- Terminvereinbarung – sie läuft teils nur noch online ab. Ein Beispiel ist der Termin für den Personalausweis oder auch die Ummeldung: Beide können online vereinbart werden, sodass die Wartezeiten und das Nummernziehen entfallen.
- Anträge – mit dem elektronischen Personalausweis werden auch die Antragsverfahren digitaler. Bislang gibt es noch die Problematik, dass Kunden sich ausweisen müssen, was in vielen Behörden nur persönlich geht. Künftig sollen allerdings flächendeckend Grundversorgungsanträge, Kindergeldanträge und auch Hartz 4-Anträge digital erfolgen.
Ein Problem des E-Governments ist, dass es kommunal oder städtisch ist. Es gibt somit keine klare Linie, was möglich ist. Als Beispiel sind in Bochum Terminvereinbarungen rund um die Uhr und während der gesamten Woche online möglich. Essen hingegen hat Terminvergabeslots und schaltet die Terminvereinbarung ausschließlich freitags wenige Stunden lang frei.
Der Plan ist, die Behörden den Bürgern dauerhaft so zugänglich zu machen, dass persönliche Amtsbesuche vielfach nicht mehr notwendig sind. Dafür muss allerdings nicht nur die Infrastruktur stimmen, denn auch der Bürger muss mitarbeiten:
- Personalausweis – er muss eine Online-Ausweisfunktion haben. Die bekommt heute aber jeder per Post, denn sie ist ohnehin inkludiert und nur die PIN muss sich gemerkt werden. Ausweisapp – sie wird künftig als digitaler Personalausweis dienen und vereint nicht nur das Lesegerät des herkömmlichen Ausweises, sondern stellt die persönliche ID im Netz dar. Nutzung – der Bürger muss diese Möglichkeiten annehmen und auch nutzen. Wer digital Anträge abgeben möchte, der muss sich verifizieren können, was natürlich über den elektronischen Personalausweis geht. Leider sind gerade ältere Menschen weniger dazu bereit, die neuen Ausweise vollständig zu nutzen.
Kfz ummelden: Auch online möglich?
- Wie sieht es eigentlich mit dem liebsten Gut der Deutschen aus, dem Auto? Lässt sich auch das Gefährt online ummelden? Dank der internetbasierten Fahrzeugzulassung (i-Kfz) sind seit dem 1. Oktober 2019 alle Standardzulassungsvorgänge auch online möglich – für Neuwagen wie auch für Gebrauchtwagen.
- Bei einem Gebrauchtwagen ist das besonders praktisch, weil die Ummeldung und die Wiederzulassung über das Internet abgewickelt werden können. Somit entfallen einige Schwierigkeiten und Fragen, die sich bei der Zulassung ergeben. Ein Gebrauchtwagen ist beim Verkauf nicht immer bereits abgemeldet, was eine Überführungsfahrt erforderlich macht. Die wiederum ist aber nicht immer möglich. Noch dazu braucht das Fahrzeug ein Kurzzeitkennzeichen für die Überführung, wenn es nicht in der Nähe steht.
Allerdings besteht die Möglichkeit zur Online-Ummeldung nicht überall. Zudem ist die Ummeldung nicht ausschließlich elektronisch:
- Ummeldung – für die Ummeldung müssen die notwendigen Unterlagen hochgeladen werden. Diese unterscheiden sich nicht von denen einer herkömmlichen An- oder Ummeldung: Personalausweis, Führerschein, Fahrzeugbrief, Fahrzeugschein, Versicherungsnachweis. Im Regelfall erhalten Kunden von der Kfz-Versicherung ohnehin die elektronische Versicherungsbestätigung samt Nummer. Diese wird im Hintergrund oft schon der Kfz-Behörde zugeschickt.
- Antrag – der Fahrer führt die Anmeldung schrittweise aus. Die einzelnen Schritte werden erklärt.
- Elektronische Zulassungsbestätigung – sie wird kurz darauf per E-Mail an den Halter geschickt.
- Auf dem Postweg müssen nun allerdings noch die Fahrzeugpapiere übermittelt werden. Dies ist notwendig, weil schließlich im Fahrzeugbrief und dem Fahrzeugschein der jeweilige Name des Halters eingetragen wird.
- Als Unterlagen reichen ganz gewöhnliche (gut lesbare) Fotos der Unterlagen. Allerdings ist diese Aussage nicht abschließend, da je nach Kommune und Stadt durchaus anders gehandelt werden kann. In etlichen Städten ist die elektronische Kfz-Ummeldung noch gar nicht möglich.
Die Problematik rund um das E-Government
Bislang ist es schwer zu sagen, welche Amtsgänge durch das Internet ersetzt werden können. Es gibt Vorzeigeverwaltungen, die:
- Versorgungsleistungen – von Hartz 4 über Arbeitslosengeld, Grundsicherung und Wohngeld: Alles kann zuerst online beantragt werden. Oft wird es jedoch noch Telefonate zur Klärung geben, bevor die Anträge letztlich genehmigt werden können.
- Bürgerleistungen – Reisepässe, Personalausweise, Behindertenausweise – auch sie können vollständig online beantragt werden. Die Kriterien sind dafür aber unterschiedlich.
- Bauleistungen – selbst der Bauantrag kann teils online eingereicht werden, sofern alle wichtigen Dokumente ebenfalls elektronisch vorliegen.
Andere bieten aktuell eher Termine und die Übersendung einiger Unterlagen über das Internet an. Wie gesagt, gibt es keine klare Regel und selbst in der Nachbarstadt kann sich ein vollständiges Angebot ergeben. In dieser Beziehung ist das E-Government tatsächlich noch in Kinderschuhe gekleidet. Dies wurde leider auch während der Coronakrise deutlich, denn schon die Meldung von Fallzahlen und die Prüfung von Quarantäneregeln wurde dank unterschiedlicher Maßgaben völlig unterschiedlich behandelt.
Fazit – Auf dem Weg in die Digitalisierung
Bereichsweise und je nach Region ist die Digitalisierung im Behördensegment durchaus schon vorangeschritten. Allerdings sind auch Bürger mit daran beteiligt, wie weit das Angebot ausgebaut wird. Viele Bürger sind sich unsicher, ob sie die elektronischen Funktionen ihres Personalausweises überhaupt nutzen wollen, müssen sie zusätzlich eine App herunterladen, ist die Skepsis noch größer. Allerdings ist der digitalisierte Ausweis in der App letztendlich der Schlüssel zum E-Government. Immerhin müssen sich Bürger auch aus der Ferne ausweisen können, denn sonst könnte schlichtweg jeder den eigenen Wagen auf den ungeliebten Nachbarn anmelden, damit der die Steuern zahlt.