Am 12. September ist Kommunalwahl. Neben einigen Newcomern, wie “Die Partei” oder “Volt”, bewerben sich vor allem viele bereits bekannte Gesichter und Parteien darum, wieder die Geschicke der Hansestadt lenken zu dürfen.
Aber haben diese oft auch als “Feierabendpolitiker” belächelten ehrenamtlichen Ratsmitglieder ihren Job in der Vergangenheit auch gut gemacht?
Drei Fragen zur Kommunalpolitik, gesammelt von Heiko Pohlmann.
Bevor am Samstag wieder zahlreiche Tapezier- und Campingtische in der Innenstadt aufgestellt werden, an denen Lokalpolitiker sich den Fragen der Bürger stellen und Prospekte und Luftballons verteilen, sind hier drei Beispiele für die Arbeit des Stadtrats in den vergangenen Jahren, die Fragen offen lassen, die gestellt werden sollten.
Frage 1: Warum kann ich zukünftig nicht vom neuen Rosenplatz-Bahnhof nach Hasbergen oder Münster fahren?
5,8 Millionen Euro soll er kosten, 140 Meter lang wird der Bahnsteig. Am Rosenplatz entsteht Osnabrücks dritter Bahnhof. Bereits ab 2024 sollen dort erste Züge abfahren, aber wohin?
Es ist die Strecke von Osnabrück nach Münster, die u.a. auch Hasbergen oder Lengerich mit Osnabrück verbindet. Ja, richtig… aber Züge in die Hüggelstadt oder gar in die westfälische Friedensstadt werden dort nicht halten!
Tausende Pendler werden neuen Bahnhof nicht nutzen können
Man stelle sich vor, wenn man mit dem Auto auf die Martinistraße abbiegt um stadtauswärts zu fahren, dürfte man nicht nach Hellern oder Hasbergen fahren, sondern nur kurz hinter Kaufland auf die A30 abbiegen und nach Melle fahren.
So ungefähr wird es ab 2024 am Rosenplatz-Bahnhof sein. Natürlich mit Zügen, nicht mit Autos, denn die will man ja eigentlich – so zumindest die Grünen und Teile der SPD – aus der Stadt verbannen oder es den Fahrern möglichst unattraktiv machen nach Osnabrück zu kommen.
Für zum Beispiel die Einwohner von Hasbergen (rund 11.000) oder von Lengerich (etwa 22.000), von wo aus es einen reichlichen Pendelverkehr nach Osnabrück gibt, wird das Pendeln nach Osnabrück mit dem millionenteuren Bahnhofsprojekt leider überhaupt nicht attraktiver.
Es sei denn Pendler aus Hasbergen fahren quer durch bis nach Sutthausen um dort in die Bahn umzusteigen. Dieser Außenposten der Hasestadt ist allerdings auch bislang schon hervorragend an das Stadtbusnetz angebunden. Der Witz bei der Sache, die Buslinie M3 führt dabei sogar über den Rosenplatz, von dort geht es aber direkt wieder in die Innenstadt, während der Bahnhfahrgast aus Sutthausen wieder in de Bus umsteigen muss, den er bereits in Sutthausen hätte nehmen können. Aber immerhin, Fahrgäste zum Beispiel von und nach Dissen oder Bad Rothenfelde können den Rosenplatz-Bahnhof zukünftig nutzen.
Tatsächlich führt am Rosenplatz nicht nur die Hauptstrecke nach Münster und weiter ins Ruhrgebiet vorbei, sondern auch die eingleisige und eher bimmelbahnähnliche Strecke des Haller Willem nach Bielefeld, auf der im Streckenverlauf eine wahnwitzige Höchstgeschwindigkeit von 80km/h erreicht wird.
Stadtverwaltung weicht Nachfragen aus
In einer Anfrage unserer Redaktion an die Stadtverwaltung, bei der deutlich danach gefragt wurde, ob der Bahnhof Rosenplatz technisch bedingt keinen Halt von Zügen von und nach Münster zulässt, heißt es von Seiten der Stadt: “An dem für den Haltepunkt Rosenplatz geplanten Bahnsteig können zukünftig Züge des Haller Willems in beide Fahrrichtungen halten. Diese Planung setzt damit die kostengünstigste und mit dem Fahrplan verträglichste Lösung, der im Jahr 2011 untersuchten Varianten, um.”
Also Haller Willem, bedeutet “von und nach Bielefeld”. Und auch wenn wir explizit dazu nachgefragt hatten, keine Antwort. Aber wenn es nur Züge des Haller Willem sind, die zukünftig am Rosenplatz halten, dann ist klar: keine Züge von und nach Münster. Allerdings hängt diese Einschränkung nicht wirklich mit dem Fahrplan zusammen. Es ist – so jedenfalls die Argumentation der Bahn im Rahmen der Planungsvorbereitung – technisch schlicht unmöglich, jedenfalls ohne das Gleisnetz vor dem Hauptbahnhof komplett umzubauen, die Züge so fahren zu lassen, dass sie weniger hundert Meter nach dem Hauptbahnhof schon wieder am Rosenplatz halt machen. Die dafür notwendigen Ausweichgleise und Verbreiterung des Bahndamms hätten, so ein Tippgeber aus dem Rathaus “zusätzlich einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet”, und den wollte die Bahn nicht aufbringen.
Der Bahnhof wird nicht benötigt, war aber “politisch gewollt”
Unser Tippgeber nannte es “ein Desaster”, aber der Bahnhof war “politisch gewollt” und es locken hohe Zuschussbeträge aus dem Steuertopf. Da fragt man besser nicht nach, ob dieser Bahnhof überhaupt Sinn macht.
Und wenn er dann voraussichtlich 2024 eröffnet wird, stehen auch keine Wahlen an.
Vorher: besser nicht fragen. Es könnte unangenehm werden für unsere “Feierabendpolitiker”. Knapp 6 Millionen Euro für einen Bahnhof, an dem fast alle Züge vorbeifahren und aus technischen Gründen überhaupt nicht halten können.
Teil zwei und drei dieser kleinen Serie folgen im Verlauf des Tages (13.08.2021).
PS: Vor mehr als 100 Jahren, als 1896 der Bahnhof Hasetor (heute Altstadt-Bahnhof) eingerichtet wurde, war man bei Politik und Planung schon weiter. Dort können Fahrgäste in Züge aller dort entlang führenden Strecken, d.h. nach Ibbenbüren/Hengelo, Oldenburg/Wilhelmshaven und Delmenhorst/Bremen einstiegen. Zukünftig vermutlich auch wieder in Richtung Mettingen auf der bald reaktivierten Strecke über Wersen.
Titelfoto: So soll der neue Bahnsteig aussehen. / Foto: Emch + Berger
Hier geht es zur zweiten unangenehmen Frage zur Kommunalwahl.
Hier geht es zur dritten unangenehmen Frage zur Kommunalwahl.
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