Kaum beschwert sich ein stadtbekannter Islamist über einen Komiker-Auftritt bei ausgerechnet der Zeitung, die er vor wenigen Wochen auf einer von ihm organisierten Palästina-Demonstration als Medium „das den Islam immer schlecht darstellt“ geißelte, finden zahlreiche Osnabrücker einen Flyer in ihren Briefkästen, in denen sich bitter beklagt wird auch Christen würden in Osnabrück böse diskriminiert.
In weitem Bogen und über vier Seiten wird mit Bezugnahme auf die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und eine Organisation von „Katholischen Christen der politischen Mitte“(?) ein Schreckensbild von Kirchenschändungen und Übergriffen gegen Christen gezeichnet. Dabei ist sicher nicht von der Hand zu weisen, dass es tatsächlich Fälle von geschändeten und sogar in Brand gesteckten Kirchen in Deutschland gibt – Meldungen die oft unter dem Radar der medialen Berichterstattung versickern.
Worum es den Machern dieses Flyers aber wirklich geht – nicht um katholische Kirchen und wirkliche Meinungsfreiheit – erfährt der Leser erst gegen Ende des ermüdenden Pamphlets.
Mittels einer Online-Petition, die unter der kryptischen URLhttp://www.rr320.de/ abzurufen ist, sollen Unterschriften für den Bau des Gemeindezentrums der evangelischen Freikirche aka Lebensquelle e.V. auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs gesammelt werden.
Konkret richtet sich die – in rechtlicher Hinsicht vollkommen irrelevante Aktion (sie ist weder ein Volksbegehren noch sonst demokratisch legitimiert) – an Oberbürgermeister Wolfgang Griesert.
Im Flyer – nicht aber auf der Seite der Online-Petition – wird von „Steinen“ die der christlichen Sekte „bewusst in den Weg gelegt werden“ berichtet, und von „leeren Versprechungen“ an die neuen Herren des Güterbahnhofs.
Im Kommentarbereich der Petitions-Seite, der sowohl Befürwortern als auch Gegnern offensteht, finden sich erstaunliche Kommentare, die auch den hartgesottensten Kommunalpolitiker aufrütteln sollten von ihrer Verhinderungspolitik abzusehen. So schreibt ein Bastian Heuer aus Ibbenbüren, der Bau eines christlichen Kulturzentrums sei „Gottes Wille“ und ein Kommentator aus Cloppenburg (der nicht mit seinem Namen zu seinem Beitrag stehen will) schreibt „Das Reicht Gottes muss gebaut werden“, (tatsächlich „Reicht“, was er wohl damit meint?).
Das die breite Ablehnung der Baupläne nicht unbedingt aus einer Ablehnung des Christentums, sondern aus den Umständen der „Landnahme“ am Güterbahnhof zu erklären ist – beispielsweise auch dem Umgang mit den Kulturschaffenden, der Musik- und Clubszene – scheint vollkommen ausgeblendet zu werden. Auch die allgemein als homophob gewerteten Äußerungen des Zion-Geschäftsführers, Lebensquelle-Vertreters und politisch als bibeltreuer Christ (PBC-Partei) agierenden Ralf Gervelmeyer scheinen bei denen, die sich diskriminiert fühlen gänzlich unbekannt zu sein.