In einer Partie, die von Anfang an von beiden Mannschaften mit viel Engagement geführt wurde, holte der VfL durch eine Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit ein verdientes Unentschieden gegen die SpVgg Fürth. Damit ist dem VfL trotz durchwachsener Leistung ein ordentlicher Start in die neue Saison gelungen.
Die Tage und Stunden vor dem Spiel
Er reise mit Zuversicht nach Fürth, sagte Marco Grote auf der freitäglichen Pressekonferenz des VfL, wobei er nicht vergaß, die Stärken der Kleeblätter zu betonen und zurecht einige Klischees bemühte: So sei Fürth ein unbequemer Gegner, der spielerisch zu überzeugen versuche.
Der kurzfristige Verlust von Heyer sei schon doof und vom Zeitpunkt her suboptimal und weiter: „Er ist ein guter Spieler, der uns jetzt fehlt, aber uns war klar, dass so etwas immer passieren kann. Es wirft mich jetzt nicht vollständig aus der Bahn.“ Zwar halte er es für schwierig, einen gleichwertigen Ersatz zu finden, allerdings sei der Kader ja auch breit aufgestellt.
Schon am nächsten Tag meldete sich Benjamin Schmedes in der NOZ zu Wort, der noch vor wenigen Wochen entgegen dem Motto „Wo das Herz schlägt …“ selbst den VfL in Richtung Nürnberg verlassen wollte. Im immer wieder verblüffenden „Wir-gemeinsam-jetzt“-Doppelpass mit der NOZ versuchte er, Heyers Transfer euphemistisch als eine Chance zu verkaufen, sich „weiter zu entwickeln“ – nun, wahrscheinlich sagte er, sich „weiterzuentwickeln“.
Heyer war beim Freitagsspiel des HSV gegen Fortuna Düsseldorf übrigens einer der besten Spieler auf dem Platz.
Nun darf man also gespannt sein, wie die Lücken, die Agu und Heyer zweifellos hinterlassen haben, geschlossen werden können. Kurz: Warten wir’s einfach mal ab.
Vor dem Anpfiff
Immerhin durften heute 3.000 Zuschauer ins Stadion, was immer man auch von diesen von Ort zu Ort unterschiedlich gehandhabten Corona-Regeln halten mag. Und jeder muss selbst wissen, ob er Lust hat, an solchen Spielen mit gebremstem Schaum auf den Tribünen teilzunehmen. Auf jeden Fall ist die Stimmung auch mit wenigen Zuschauern nicht mehr mit der sterilen Wartesaal-Atmosphäre der Geisterspiele zu vergleichen, wie man selbst schon am vergangenen Wochenende in Todesfelde bei nur 500 Zuschauern feststellen konnte.
Die heutige Startelf des VfL mit Christian Santos, dem Neuzugang von Deportivo La Coruna, sowie Luc Ihorst (20) war schon etwas überraschend, ebenso dass der offenbar noch immer nicht ganz fitte Taffertshofer erneut nur auf der Bank saß. Mit Beermann, Reichel und Kerk stehen drei weitere Neue in der Startelf. Der VfL heute also mit einem komplett neuen Angriff.
Ansonsten ist es relativ müßig, sich am Anfang einer Saison über Startaufstellungen auszulassen, da sich jede Mannschaft erst einmal über ein paar Spiele hinweg finden muss.
Es geht los …
… bei angenehmen Temperaturen um die 22 Grad und einem extrem gutgelaunten heimischen Publikum, das seine Mannschaft mit euphorischem Jubel und rhythmischem Klatschen begrüßt.
Fürth hat Anstoß gegen die wie schon in Todesfelde ganz in Schwarz angetretenen VfLer.
Gleich zu Beginn eine Riesenchance für Fürth: Meyerhöfer spielt von rechts den Ball in den Strafraum, Hrgota lässt ein, zwei VfLer aussteigen und zieht ab. Kühns erste Großtat verhindert die Fürther Führung. Kurz darauf zieht Simmel links am Kasten vorbei.
In der fünften Minute ist der VfL am Drücker: Der nach mehreren Stationen auf rechts angespielte Reichel flankt den Ball in den Strafraum, doch Schmidt kommt etwas zu spät. Wenige später landet Ajdinis abgefälschter Schuss nur knapp im Toraus.
Nach diesem extrem munteren Beginn beider Mannschaft, beruhigte sich das Spiel ein wenig, wobei die Fürther wieder besser ins Spiel kamen. Dann in der 15. Minute das 1:0 für Fürth. Nielsen spielt Seguin frei, der aus wenigen Metern vor dem Tor ohne zu zögern abzieht.
Mitte der ersten Halbzeit …
scheinen die wie gedopt aufspielenden Fürther und mit einem euphorisiertem Publikum im Rücken den VfL regelrecht überrollen zu wollen. Doch dann schlägt überraschend die neue Nummer 9 des VfL zu: Christian Santos grätscht im Stil eines klassischen Mittelstürmers in eine immer länger werdende Linksflanke von Sebastian Kerk und drückt den Ball über die Linie. Statt einem längst fälligen 2:0 für Fürth steht es nun 1:1.
Nach anfänglicher Schockstarre bestimmt wieder Fürth das Spielgeschehen und ein Angriff nach dem andern rollt auf das Osnabrücker Tor zu. Die größte Chance verpasst dabei in der 33. Minute Meyerhöfer, der Reichel aussteigen lässt und dann am langen Pfosten vorbeizieht.
Der VfL startet zwar einige Angriffsversuche, doch Fürth stürmte unbeirrt weiter nach vorn gegen eine völlig verunsichert wirkende VfL-Abwehr. Immerhin können die Osnabrücker das Unentschieden bis in die Halbzeitpause hinein retten.
Halbzeitfazit:
Der VfL hält ein äußerst schmeichelhaftes 1:1 zur Halbzeit, nach der es auch gut und gerne 2:0 oder 3:0 für die Platzherren hätte stehen können. Reichel und Ajdini wirken überfordert und man kann ganz nüchtern feststellen, dass Heyer und Agu fehlen.
Tipp: Die Halbzeitgedanken, eine Melange aus Hintergrundinformation und Kommentar, fallen hin und wieder recht knapp, manchmal aber auch sehr ausführlich aus. Wem das Lesen der Halbzeitgedanken zu mühselig und informativ ist: Ganz einfach weiter nach unten scrollen, dort geht es dann mit dem aktuellen Spielbericht weiter.Halbzeitgedanken: Abwegige Halbzeitgedanken: Völlig abwegige Halbzeitgedanken: |
Der VfL beginnt die zweite Hälfte …
… mit Taffertshofer für Schmidt und Heider für Ihorst. Die Fürther gehen unverändert ins Spiel. Man darf gespannt sein, ob der VfL dem hohen Tempo der Fürther nun etwas entgegenzusetzen hat.
Zunächst wird das Spiel hektisch, geprägt von vielen Fouls und Nickligkeiten auf beiden Seiten. Allmählich besinnen sich die Teams, wieder Fußball zu spielen. Dank Taffertshofers Einwechslung und der Umstellung von Dreier- auf Viererkette steht die VfL-Abwehr nun sehr viel sicherer als im ersten Durchgang.
In der 60. Minute kommt Etienne Amenyido für Santos ins Spiel. Fürth ist zwar zunächst weiterhin die überlegene Mannschaft, kommt aber lange nicht mehr zu einer Chance nach der anderen wie in der ersten Halbzeit. Nach einer Ecke in 63. Minute von rechts geht Nielsens Kopfball knapp am linken Pfosten vorbei.
In der 68. Minute meldet sich der VfL mit einem Angriff zurück. Der kurz zuvor eingewechselte Henning zieht eine weite Flanke von links auf Taffertshofer, der sofort abzieht. Der Ball geht aber knapp am rechten Pfosten vorbei.
Der VfL ist in der Schlussphase …
… sogar das bessere Team. In der 72. Minute wurde dem VfL ein möglicher Handelfmeter verwehrt: Meyerhöfer war mit dem Oberarm aktiv zum Ball gegangen, was nicht einmal im Kölner Keller überprüft wurde. Wozu gibt es eigentlich den Videobeweis?
Wenig später zieht Heider wuchtig aus spitzem Winkel ab, der Ball kann von Burchert mit einem Reflex an die Latte gelenkt werden. Dann in der 80. Minute die Chance zur Führung: Kerk zirkelt in Alvarez-Manier aus 20 Metern einen Freistoß über die Fürther Mauer und der auf der Linie stehende Bauer verhindert mit dem Kopf ein Traumtor.
In der 86. Minute vertändelt der VfL sogar eine weitere Chance zur Führung. Anstatt selbst zu schießen, setzt Heider Henning ein, dessen Schuss aus 18 Metern weit neben das Tor geht. Bis zum Abpfiff plätschert das Spiel ohne sonderlich aufregende Szenen mehr oder weniger vor sich hin.
Fazit:
Nach einer katastrophalen ersten Hälfte fand der VfL nach einigen Umstellungen in der zweiten Hälfte ins Spiel zurück und war sogar am Ende einem Sieg näher als die Fürther, was sicherlich nicht verdient gewesen wäre. So, wie sich der VfL in der Defensive mit dem Abgang von Heyer und Agu geschwächt hat, scheint er sich in der Offensive mit Santos und Kerk verbessert zu haben.
Ein Sonderlob geht an dieser Stelle an das Fürther Publikum, das aus seiner Freude über die Rückkehr ins Stadion keinen Hehl machte. Mal sehen, wie sich das am kommenden Freitag an der Brücke gegen Hannover 96 anhört, wobei die Höhe des 20%-Kartenkontingents je nach Vorgabe der niedersächsischen Landesregierung entweder 1.300 Sitzplätze oder 3.200 Stadionplätze betragen dürfte.
So oder so: Man darf gespannt sein.[speaker-mute]
Zahlen, Daten & FaktenZuschauer: 3.000, die Lärm wie 30.000 machten. Tore: Gelbe Karten: SpVgg Greuther Fürth: VfL Osnabrück: Schiedsrichter: Tobias Reichel (Stuttgart) Statistik: Von insgesamt 17 Zweitligaspielen gewann der VfL fünf, Fürth acht und vier Partien endeten unentschieden. |
Tabellarisches
Der VfL steht nach dem ersten Spieltag auf irgendeinem Platz.
Die aktuelle Tabelle:
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Titel: Christian Santos (9, VfL Osnabrück ) im Kopfballduell mit David Raum (22, SpVgg Greuther Fürth ), Foto Images Images, Zink
Kalla Wefels Saisonrückblick 2019/20 erschien im aufwändigen A-4-Format und ist unter anderem bei Bücher Wenner erhältlich. Dietrich Schulze-Marmeling schreibt in seinem Vorwort: “Herausgekommen ist ein großartiges Saisonbuch. Eigentlich ist es weit mehr als das …” Um die Spielberichte herum ranken sich Reportagen, “Halbzeitgedanken”, Hintergrundberichte, Fankommentare und Kolumnen.
160 Seiten A-4-Format / 12,00 €
Kalla saß mit zwei Jahren zum ersten Mal auf der Trainerbank des VfL, und zwar auf dem Schoß seines Vaters „Doc“ Wefel, der 34 Jahre lang Mannschaftsarzt und Vorstandsmitglied war.
Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Jupp Heynkes, Gerd Müller, Paul Breitner, Lothar Matthäus, Diego Maradona und Kalla Wefel hatten denselben Fußballtrainer, nämlich Udo Lattek, der einst bei Familie Wefel ein und aus ging. Diese und viele weitere skurrile, heitere und ernste Geschichten und Anekdoten um den VfL lassen sich in seinen Büchern „Mein VAU-EFF-ELL!“ und „111 Gründe, den VfL Osnabrück zu lieben“ nachlesen. Die von ihm 2010 mit viel Aufwand produzierte CD „Wir sind der VfL“ wurde 5.000 mal verkauft und der komplette Erlös (etwa 30.000 €) ging an terre des hommes. Seine VfL-Heimatabende sind legendär. Mit „Kär, Kär, Kär!“ schrieb er das nach der Bibel und „Mein Kampf“ meistverkaufte Buch Osnabrücks. Mit “Der VfL in der Saison 2019/20” hat er ein neues Format entwickelt, das von nun an jährlich erscheinen soll. Seit über vierzig Jahren arbeitet er professionell als Journalist und Buchautor sowie als Kabarettist und Musiker.