Sven Lake erklärt den Keinachtsbaum.
Schon in der heidnischen Antike schmückten die Menschen Tannen und sahen in ihren immergrünen Zweigen ein Symbol der Lebenskraft. Jetzt ist ein Osnabrücker Startup angetreten, den uralten Brauch neu zu erfinden.
Der geschmückte Tannenbaum ist ein unverzichtbarer Teil des Weihnachtsfestes, doch die liebgewonnene Tradition hat ihren Preis: Jedes Jahr werden in Deutschland knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume verkauft, etwa ein Drittel der gefällten Bäume gelangt aufgrund ihrer Optik niemals in den Handel. Weihnachtsbäume wachsen in der Bundesrepublik – meist in Monokultur-Plantagen – auf einer Fläche von 40.000 Hektar und sie werden intensiv mit Düngemitteln und Pestiziden besprüht, das schädigt Böden und Gewässer. Ein Osnabrücker Startup hat eine nachhaltigere Alternative entwickelt. Der sogenannte Keinachtsbaum besteht aus einem etwa 2 Meter hohen Ständer aus Eschenholz, in den Tannenzweige gesteckt werden. Das Ergebnis sieht aus wie ein Baum und riecht auch so, aber es muss keine Tanne gefällt werden und es ist auch kein Plastikbaum aus China mit fragwürdiger Ökobilanz.
Petterson und Findus als Inspiration
Nico Stisser ist der Erfinder des Keinachtsbaumes und erzählt, wie Alles begann: „Es war mein damals vierjähriger Sohn, der kurz vor Weihnachten verkündete, er möchte nicht mehr, dass für uns ein Baum sterben muss. Warum wir nicht einfach einen Baum selber Bauen? So wie Petterson und Findus aus seinem Kinderbuch… So ist die ganze Idee überhaupt erst entstanden.“ Der 38-Jährige fing an zu tüfteln und baute einen Prototyp. Anschließend suchte er eine Manufaktur für die Herstellung und arbeitet seit Beginn der Crowdfunding-Kampagne zusammen mit Sven Lake an dem Projekt. „Nachhaltigkeit basiert auf drei Säulen: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Ein ökologisches Projekt scheitert, wenn es nicht auch ökonomisch und sozial funktioniert. Der Keinachtsbaum ist eine ökologische Alternative und erfüllt gleichzeitig die sozialen Bedürfnisse der Menschen. Er riecht wie ein Tannenbaum und kann gemeinsam mit der Familie aufgebaut werden. Er hält prinzipiell Jahrzehnte und lässt sich von Generation zu Generation weitergeben,“ so Lake im Gespräch mit unserer Redaktion.
Ernten statt Fällen
Der Keinachtsbaum ist bis zu 2,20 Meter hoch und wird aus verschiedenen Teilen zusammengeschraubt, so kann er in unterschiedlichen Höhen aufgebaut werden. Er ist von Oben bis Unten mit kleinen Löchern versehen, in die Tannenzweige verschiedener Größe gesteckt werden. Für die Umwelt ist das ein Gewinn: „Etwa ein Drittel der Tannenbäume wird niemals verkauft, da sie nicht schön genug sind oder die Form nicht passt. Die Zweige dieser Bäume können gut für den Keinachtsbaum verwendet werden. Außerdem lassen sich die Tannen viel länger nutzen, statt sie nach sechs Jahren zu fällen, kann man sie jahrzehntelang abernten. Deutschland nutzt 40.000 Hektar zur Produktion von Weihnachtsbäumen, mit dem Keinachtsbaum würden wir gerne 10.000 Hektar sparen, die sich sinnvoller nutzen ließen,“ erzählt Sven Lake. Die Tannenzweige lassen sich unter anderem beim Weihnachtsbaumhändler vor Ort erwerben, meist sind diese froh, ihren Ausschuss loszuwerden. Schnittgrün in 5-kg-Paketen ist außerdem ein Standard-Artikel in der Floristik. Man braucht etwa zehn Kilogramm, um einen Keinachtsbaum zu bestücken. Auch das Startup versendet die Zweige in 10 Kilo Paketen per Post. Laut Nico Stisser bleiben die Zweige genauso lange frisch, wie ein gefällter Weihnachtsbaum.
Crowdfunding-Kampagne
Das Startup hat am 1. September eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um Geld für die Serienproduktion zu sammeln. Die Bäume aus hochwertigem, FSC zertifiziertem und geöltem Eschenholz, können für 149 Euro vorbestellt werden. Die Produktion findet ausschließlich in Deutschland statt. Zum Weihnachtsfest 2020 sollen die ersten 999 Keinachtsbäume verkauft werden. Weitere Infos zum Baum und zur Crowdfunding-Kampagne finden Sie hier.