Die Ratssitzung wurde eingeleitet mit einer Schweigeminute für die Flüchtlinge, die in den vergangenen Tagen im Mittelmeer starben.
Ergänzend dazu wurde von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert ein Schreiben verlesen, in dem der Stadtrat seine Bestürzung über die „Katastrophe im Mittelmeer“ zum Ausdruck bringt. Dieses Schreiben, das wir im hier im vollen Wortlaut zum Download anbieten, geht an den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und an den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil.
Aktuelle Stunde zur Diskussionskultur
Gleich mit dem ersten regulären Tagesordnungspunkt ging es „zur Sache“. In einer „aktuellen Stunde“ wurde über die „Diskussionskultur“ im Stadtrat debattiert. Auslöser war der hitzige Diskurs in der vorangegangenen Ratssitzung, in der SPD-Fraktionschef Frank Henning heftige Vorwürfe in Richtung des Oberbürgermeisters machte. Henning beklagte damals, dass der Besuch der niedersächsischen Kultusministerin in bislang noch nie dagewesener Weise gestört worden wäre – allen voran auch durch Billigung des Oberbürgermeisters.
Fritz Brickwedde, der Fraktionschef der CDU, warf seinem SPD-Konterpart vor in diesem Zusammenhang öffentlich mindestens 5x „nicht die Wahrheit“ gesagt zu haben“.
Brickwedde erinnerte daran, dass die Kommunalpolitik ein „schwieriges Jahr“ vor sich habe. 2015 sei zwar kein Wahljahr, aber man müsse einen Doppelhaushalt verabschieden, und da wolle er auch mit dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion vernünftig zusammenarbeiten können.
Henning will Konflikte im Ratskeller beim Bier lösen
Nach einigen Redebeiträgen aus den Reihen der anderen Parteien, in denen mehr Kollegialität eingefordert wurde, kam abschließend auch Frank Henning zu Wort, um den es in der Sache ja eigentlich ging. Er machte es relativ kurz: zwar betonte er, dass der politische Streit ins Rathaus gehören würde, aber er wolle Fritz Brickwedde baldmöglichst „zwei Etagen tiefer“ im Ratskeller einladen, um dort mögliche Konflikte beim Bier zu klären.
Für Heiterkeit im Ratssitzungssaal sorgte Dr. Thomas Thiele (FDP), der mögliche Mängel in seiner Diskussionskultur wie folgt erklärte:
Für mein Testosteron kann ich nicht so viel, dafür bin ich Mann
Stellplätze für Foodtrucks an der Skateranlage?
Die Skateranlage an der Liebiegstraße beschäftigte erneut den Rat – auch weil von Seiten der SPD der Standort wiederholt im Stadtteil Schinkel angesiedelt wurde.
Christoph Bertels (CDU) betonte, dass für jeden Schinkelaner und echten Osnabrücker die Liebigstraße immer noch im Stadtteil Gartlage zu verorten sei.
Nach dem Austausch diverser Argumente dafür und dagegen (hauptsächlich die Kosten für mögliche Baumaßnahmen) wurde einem Antrag zugestimmt, der die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob zusätzliche Stellplätze in Randlage der Skateranlage für „mobile Dienstleister“ (gemeint sind wohl vor allem „Foodtrucks“) vorgesehen werden können.
Festlegen will sich der Rat noch nicht – das geht auch erst im nächsten Schritt, nach Prüfung durch die Verwaltung. Vielleicht wird es dann auch zu weiteren Stellplätzen, zum Beispiel am neuen Hundeplatz, dem Rubbenbruchsee oder am Moskau kommen. Denn auch da könne er sich mobile Imbissstände vorstellen, so Wulf-Sigmar Mierke von der UWG.
Mehr E-Autos für Osnabrück
Auch die Elektromobilität beschäftigte den Rat. Durch die Bank argumentierten die Redner aller Parteien, dass hier vor allem die Bundesregierung tätig werden muss, damit Elektroautos endlich attraktiver werden.
Die Debatte wurde ausgelöst durch einen Antrag der CDU, der vorsah E-Autos zukünftig zu privilegieren, zum Beispiel bei Parkgebühren, Nutzung von Busspuren oder in der Ausnahme von Zufahrtsbeschränkungen.
Letztlich angenommen wurde ein weitergehender Antrag der rot/grünen Zählgemeinschaft, der neben einer Privilegierung von Elektroautos (CDU-Antrag) sich auch dafür einsetzt, dass die Eigenbetriebe und Tochtergesellschaften der Stadt zukünftig stärker auf Elektroautos setzen. Auch soll geprüft werden, ob das Anliefern in der Innenstadt verstärkt elektrisch erfolgen könnte.
Im Haushaltsentwurf 2016/17 sollen erste finanzielle Mittel zur Förderung der Elektromobilität eingestellt werden, mit denen dann auch Elektrofahrräder und Pedelecs für den Weg zur Arbeit und der Ausbau der Ladeifrastruktur gefördert werden können. Wie das genau geschehen wird, muss noch definiert werden.
Der Prüfantrag, der ohne Gegenstimmen angenommen wurde, wurde noch ergänzt um die Anregung von Fritz Brickwedde (CDU), der geprüft wissen möchte, wie laufende Fördermaßnahmen des Bundes genutzt werden können um den Verkehr in Osnabrück zu elektrifizieren.
Bezahlbarer Wohnraum für Osnabrück
Gleich drei Anträge – von SPD/Grüne, der Linken und der CDU – beschäftigten sich mit den stetig steigenden Mietpreisen in Osnabrück und der möglichen Einführung einer Mietpreisbremse.
Frank Henning von der SPD, der auch Landtagsabgeordneter ist, betonte hier wäre zwar das Land zuständig, aber seine Fraktion unterstützt die Einführung. Die Mietpreissteigerungen in Osnabrück nannte Henning „exorbitant“.
Giesela Brandes – Steggewentz (Linke) erläuterte den Antrag ihrer Fraktion, die einen qualifizierten Mietpreisspiegel für Osnabrück fordert.
Thomas Thiele von der FDP kritisierte seine Vorredner, sie würden den Wählern „Sand in die Augen streuen“, da doch gerade erst durch die Erhöhung der Grundsteuer die Kosten für die Vermieter erhöht wurde, und eine Mietpreisbremse vor allem bestehende Mietverträge schützt und in der Zukunft Vermieter dann besonders nach solventen Mietern Ausschau halten würden.
Fritz Brickwedde (CDU) erläuterte, dass Osnabrück im Vergleich der niedersächsischen Großstädte ein sehr gutes und verhältnismäßig niedriges Mietpreisniveau hätte. Man solle vor allem bei Neubauten dafür sorgen, dass die Kosten erschwinglich blieben. Dies können dadurch sichergestellt werden, dass zum Beispiel Familien mit Kindern Baugrundstücke mit Rabatt bekommen. Als Beispiel nannte Brickwedde die Baugebiete in der Gartlage und zukünftig auf dem Gelände der ehemaligen Landwehr-Kaserne in Eversburg/Atter.
Autofreier Sonntag 2016
Über diesen Diskussionspunkt haben wir bereits direkt nach der Ratssitzung berichtet.
Der Artikel ist hier zu finden.
Wildtiere im Zirkus
Dieses Thema, über das HASEPOST.de als erstes Medium in Osnabrück berichtete, war mit besonderer Spannung erwartet worden. Wulf-Sigmar Mierke (UWG), der zusammen mit seinem Kollegen von den Piraten das Thema auf die Agenda brachte, sieht das Kommunalparlament gefordert, gerade weil es keine europaweite oder deutschlandweite Regulierung gibt.
Von Seiten der UWG/Piraten ist die Freude groß, dass es „im Sinne der Tiere“ durch die vorliegenden Änderungsanträge, so viel Zustimmung gibt.
Fritz Brickwedde (CDU) möchte die Veterinäre der Stadt als Kontrollbehörde streng prüfen lassen und wünscht sich, dass die Amtstierärzte dazu auch mal vor der Lokalpolitik berichten.
Diana Häs (Grüne) betonte, dass ihre Partei sehr auf ein generelles und bundesweites Verbot von Wildtieren in Zirkussen hinwirken will.
Langweilen sich Zirkustiere wenn es keine Vorstellungen mehr gibt?
Für die FDP erläuterte Maria-Theresia Sliwka, dass sich die Osnabrücker Liberalen gegen ein Verbot stellen, da der Stadtrat dafür das falsche Gremium sei und eine bundeseinheitliche Regelung notwendig wäre.
Die Zirkusse „tun ja auch nichts verbotenes“, so Sliwka. Sie stellte in den Raum, dass sich die Tiere wömöglich „langweilen“ würden, wenn sie nicht auftreten dürften, und man könne sie ja nicht einfach zurück in die Wildnis bringen.
Wir können mehr tun!
„Wir können mehr tun“, so Thomas Klein von den Grünen. Als Beispiel nannte er die bayerische Gemeinde Erding, in der es sehr wohl ein gültiges Verbot gegen Zirkusse mit Wildtieren gäbe, und man solle nicht auf ein Verbot auf Bundesebene warten.
Abschließend ergriff Wulf-Sigmar Mierke nochmals das Wort und kritisierte vor allem die FDP, man könne nicht immer warten, bis die Bundespolitik eine Lösung schaffe. Mierke prognostizierte, dass die vorliegenden Anträge seiner Gruppe (UWG/Piraten), der Grünen und der CDU nach Prüfung durch die Verwaltung bald zu einer Entscheidung führen werden, die ein wirksames Wildtierverbot für Zirkusse in Osnabrück möglich macht.
Wiedereinführung Baumschutzsatzung
Gegen Ende der Ratssitzung kam es nochmal zu hitzigen Debatten, ob Osnabrück eine Baumschutzsatzung braucht, oder nicht. Eine Alternative wäre verstärkte Beratung im Vorfeld geplanter Fällarbeiten gewesen. Die Gegner (CDU, FDP, UWG) einer Baumschutzsatzung, die genau definiert wann Bäume nicht mehr gefällt werden dürfen, sehen eine solche Regelung als kontraproduktiv für die gut gemeinte Sache. Ihrer Meinung nach haben Erfahrungen mit einer zeitweise bereits in Osnabrück gültigen Verordnung gezeigt, dass wenn es eine solche Regelung gibt, Bäume „vorsorglich“ gefällt würden, damit sie gar nicht erst den für den Schutz definierten Stamm-Umfang erreichen.
Durchsetzen konnten sich schließlich doch SPD und Grüne, die sich unter anderem darauf berufen, dass es vergleichbare Baumsatzungen in zahlreichen niedersächsischen Städten gibt. Der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Michael Hagedorn führte als Beispiele in Niedersachsen auch Rostock auf, konnte diesen kleinen geografischen Lapsus aber nach zahlreichen Zwischenrufen aber korrigieren.
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, der gegen eine Baumsatzung stimmte, hatte den Befürwortern entgegen gehalten, dass Münster – trotz des Titels „Umwelthauptstadt“ – eine der Städte ohne eine solche bürokratische Regelung sei.
Auch am Ende gab es nochmals Streit
Ein kleiner Wermutstropfen für die zu Beginn der Ratssitzung geführte Debatte zur Dikussionskultur war es sicherlich, dass Volker Bajus von Grünen und Fritz-Brickwedde von der CDU bei diesem Thema wieder in alte Gewohnheiten verfielen, und es erneut zu einem Schlagabtausch kam.
Fraglich, ob auch dieser Konflikt „beim Bier im Ratskeller“ gelöst werden kann, wie es SPD-Chef Frank Henning für die ihn betreffenden Konflikte wünscht.
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