Willy Brandt, der Westfälische Friede, die Deutsche Einheit und nun auch Nelson Mandela.
Wichtige Personen der Zeitgeschichte und historische Ereignisse – sie alle haben in Osnabrück eines gemeinsam: Die Lokalpolitik will sie (vollkommen zu Recht) in Ehren halten – am besten natürlich mit einer Straße oder einem Platz, der feierlich nach ihnen benannt wird. Doch mit der Umbenennung drohen neue Probleme, daher bekommen große Namen in Osnabrück oft eher unbekannte Plätze zugewiesen.
Eine „einfache Straße“ in einem profanen Industrie- oder Neubaugebiet? Wird der Bedeutung der zu Ehrenden oder des Anlasses oft nicht gerecht. Es soll schon eine bedeutende Straße sein, oder ein wichtiger Platz. Doch tatsächlich ist die Umbenennung einer „bedeutenden Straße“ in der jüngeren Osnabrücker Geschichte nur einmal gelungen – und das auch nur um den Preis einer unschönen öffentlichen Diskussion und monatelangen Unfriedens in der Stadt.
An Erich-Maria-Remarque schieden sich die Geister
1971 wurde der „Karlsring“ in den „Erich-Maria-Remarque-Ring“ umbenannt. Und glaubt man Zeitzeugen, dann kamen im Vorfeld der Umbenennung die gleichen antisemitischen und braunen Schmähungen hervor, die nach 1933 zur Bücherverbrennung und Emigration des weltweit bedeutenden Autors und wohl größten Sohnes der Hasestadt führten.
Nach Remarque wurden nur noch Plätze ohne Anlieger umbenannt
Aber zurück zu Willy Brandt, dem Westfälische Frieden und der Deutschen Einheit. Sie alle eint, dass keine (bedeutende) Straße ihren Namen trägt. Die Plätze, die schließlich nach Ihnen benannt wurden, sind im Stadbild eher unbedeutend.
Vermutlich will man bei anstehenden Umbenennungen im Stadtrat nicht wieder unschöne Diskussionen, wie bei Erich-Maria-Remarque, wo nicht allein die historische Person ein Zankapfel war, sondern auch die notwendige Adressänderung für die Anlieger. Briefpapier, Visitenkarten, Telefonbucheinträge (heute eher unwichtig), all das will ja im Anschluss neu gedruckt werden. Wer soll das bezahlen? Der Stadtrat?
Und so wurde nach Willy Brandt der kleine Park am Arbeitsamt benannt. Dem Westfälischen Frieden wird im Hinterhof der Stadtbibliothek (da wo auch das Alando Maidorf steht) gedacht. Und die Deutsche Einheit hat ihren Platz vor dem Stadttheater gefunden – ein Ort den jeder Osnabrücker als Domhof bezeichnet. Allen Plätzen gemein ist, dass die Anlieger ihre bisherigen Straßenadressen behalten konnten, weil die jeweiligen Plätze entweder keine Anlieger haben oder von anderen Straßen eingerahmt sind.
Der Neumarkt war als Nelson-Mandela-Platz in der Diskussion
Nun also auch Nelson Mandela. Der 2013 verstorbene Kämpfer gegen die Apartheid stand in Osnabrück bereits kurz nach seinem Tod, im Februar 2014 in der öffentlichen Debatte, als der Stadtrat Christopher Cheeseman (damals noch für die Partei Die Linke), den Vorschlag zur Diskussion stellte, in der Friedensstadt doch den Neumarkt nach Mandela zu benennen.
Rund ein Jahr später erreichte die Diskussion den Stadtrat, wo man sich – ohne die Gründe auszusprechen – auf einen Platz „ohne Anlieger“ einigte. Der Platz vor dem Neubau der Hochschulbibliothek, der postalisch der Barbarastraße zugeordnet ist, sollte es sein. So muss selbst der einzige Anlieger nicht den Namen ändern. Erich Maria Remarque grüßt aus dem Grab.
Stadtrat entscheidet in seiner April-Sitzung
Am Dienstag den 5. April 2016 wird die Namensänderung wohl ohne längere Diskussion den Stadtrat passieren.
Zum Afrika-Fest im Sommer soll der bislang namenlose Platz offiziell getauft werden.
Bis zum Sommer werden vermutlich auch die Hochschulen und die Stadt Osnabrück geklärt haben, wer für den neuen Platz die Verantwortung trägt. Auf Nachfrage unserer Redaktion verwiesen die jeweiligen Presseabteilungen auf den jeweils anderen „möglichen“ Verantwortlichen. Aktuell sieht der Platz noch nach „Wiese“ aus und die Umfriedung durch einen einfachen Holzzaun ist an mehreren Stellen defekt.
Und dann gibt es in Osnabrück auch noch ein paar Straßen, deren Name an eher zweifelhafte Zeitgenossen erinnert (HASEPOST berichtete). Bei einer Umbenennung müssten hier aber Anlieger ihre Briefköpfe ändern, ob sich deshalb niemand an das Thema herantraut?
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