Ist das Coronavirus besonders nachtaktiv? Nicht wenige haben sich während der vergangenen Monate angesichts einiger Pandemie-Maßnahmen solche Fragen gestellt. Auch zum Beispiel im Elektrohandel oder beim Friseur war die Gefahr angeblich groß, während das Virus in Gartencentern und Baumärkten inaktiv zu sein schien.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück stellt nun fest, dass eine gegen die Gastronomie gerichtete Maßnahme der Stadt Osnabrück im Herbst 2020 illegal war.
Ob und wie die durch den Corona-Aktionismus der Stadtverwaltung an den Rand der Pleite – oft auch darüber hinaus geschädigten Gastronomen entschädigt werden, war nicht Gegenstand der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück stellte am Dienstag (8. März 2022) die Rechtswidrigkeit der Sperrstundenregelung in der 25. Infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügung der Stadt Osnabrück fest. Im Rahmen der nun rückblickend als rechtswidrig zu betrachtenden Osnabrücker Sperrstundenregelung vom 21. Oktober 2020 waren Gastronomen von 23:00 bis 6:00 Uhr zu einem Ausschankverbot alkoholischer Getränke verpflichtet.
Irish-Pub-Wirt kämpfte für sein Recht
Der Wirt des Irish Pub „The Red Shamrock“ hatte sich bereits im Oktober 2020 mit einem Eilantrag und einer Klage gegen die Sperrstundenregelung gewandt und mit seinem Eilantrag auch Erfolg. Auch nach Außerkrafttreten der Sperrstundenregelung am 10. November 2020 verfolgte er seine Klage im Wege der Fortsetzungsfeststellungklage weiter – ebenso erfolgreich.
Stadt wollte Wirt mit Extra-Auflagen kleinkriegen
Höhepunkt der Auseinandersetzung mit der Stadt Osnabrück war, dass die Stadt sich zeitweise so sehr auf den mutigen Wirt aus der Dielingerstraße eingeschossen hatte, dass er – quasi als Retourkutsche der Verwaltung – der einzige Wirt in ganz Niedersachsen war, dem eine spezielle Sperrstunde auferelegt wurde.
Auch die Stadtverwaltung hat die Grundrechte zu beachten
In der Urteilsbegründung schreibt das Verwaltungsgericht dem Rechtsamt der Stadt ins Stammbuch, dass die Verwaltung an die Grundrechte gebunden ist und nur berechtigt sei, die „notwendigen Schutzmaßnahmen“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zu treffen.
Bei der hier vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit des Klägers kam die Kammer zu dem Schluss, dass die Sperrstundenregelung nicht verhältnismäßig gewesen sei. Es fehle jedenfalls an der Erforderlichkeit, weil es mildere Mittel gegeben hätte, auf das damalige Infektionsgeschehen zu reagieren. Dazu zähle beispielsweise ein Alkoholausschankverbot ab einer bestimmten Uhrzeit oder aber eine Begrenzung der in Gaststätten zulässigen Personenzahl.
Die Uhrzeit 23 Uhr wurde wohl willkürlich gewählt
Überdies hatte die Stadtverwaltungnicht hinreichend deutlich gemacht, warum zur Eindämmung eines „diffusen Infektionsgeschehens“ die Sperrzeit ausgerechnet um 23 Uhr beginnen müsse.