Wenn sich nicht alle Beteiligten an den Tisch setzen, dann droht der Hasestadt eine „Amazonisierung“, so Rolf Meyer, Senior-Chef der Spedition Meyer & Meyer, der als geschäftsführender Gesellschafter von CityWow nun an Logistikkonzepten der Zukunft arbeitet.

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Was man unter einer drohenden „Amazonisierung“ verstehen kann, ist ansatzweise bereits in der Osnabrücker Innenstadt zu beobachten. Die Innenstädte verlieren durch den Onlinehandel an Attraktivität und gleichzeitig blockieren die Zulieferfahrer verschiedenster Paketdienste die Straßen. Mit der schon bald erwarteten „Same Day Delivery“ Option bei Amazon, Zalando & Co, wird dieser Prozess weiter fortschreiten.

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Paketdienstleister verursachen Staus in der Innenstadt

Welche Auswirkungen die zunehmende Belastung des knappen Straßenraums durch die Paketdienste hat, erläuterte Stadtwerke-Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes am Beispiel der Hasestraße. Diese relativ kurze Innenstadtstraße verursacht immer wieder Verspätungen im Busverkehr. Meist sind es pro Paket-Lieferfahrzeug nur vielleicht 30 Sekunden bis eine Minute, die ein Bus durch einen Paket-LKW aufgehalten wird. Da aber über den Tag verteilt Dutzende Lieferwagen in zweiter Reihe halten, summiert sich die Verspätung, die allein in der Hasestraße entsteht, schnell auf einen erstaunlich hohen Wert – und ähnliche Situationen gibt es in vielen Straßen der Stadt.

Als möglicher Ausweg aus dem Dilemma wurde diskutiert, ob zukünftig nicht die Auslieferung für verschiedene Paketdienste gemeinsam durchgeführt werden kann. Auch Abholpunkte, ähnlich Packstationen oder eine Auslieferung per Lastenfahrrad zählen zu den Konzepten, die einen Ausweg aus dem Verkehrschaos versprechen.

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In Berlin gehören Lieferräder schon zum Alltagsbild, Quelle: GO! Express & Logistics

Alle Beteiligten an einem Tisch

Nur ein „ganzheitlicher Blick“ auf die Problematik kann zu Lösungen führen, ist sich Dr. Rolfes sicher. Selbstkritisch merkt der Stadtwerke-Vorstand an, dass bislang häufig nur der ÖPNV singulär betrachtet wurde. Mit der Expertentagung am Mittwoch in Osnabrück wurde ein anderer Ansatz versucht. „Ganz viele Akteure müssen an einen Tisch“, so Stadtbaurat Frank Otte über die Tagungsmaxime, die auch tatsächlich gelungen ist.
Neben Vertretern zahlreicher Kommunen, darunter aus Köln und Leipzig, kamen auch Vertreter der großen Paketdienstleister und der Fahrzeugindustrie.

Für den Einzelhandel ist ein „weiter so“ keine Option, betont Tobias Schonebeck, Chef von Schäffer am Nikolaiort und Initiator des lokalen Logistikanbieters Osnabrück24.
Dass die Innenstädte attraktiv bleiben, ist für alle Einzelhändler ein existentielles Thema.
Damit die Stadt attraktiv bleibt, sieht Schonebeck drei Handlungsfelder, die rege zwischen den Experten diskutiert wurden:

  1. Erreichbarkeit sicherstellen
  2. ein attraktives Einkaufserlebnis
  3. vorhandene Verkehre optimieren

Ganz konkret denkt der Parkhausbetreiber OPG darüber nach, wie man in Osnabrück ein besseres Angebot schaffen kann. Zu den zur Umsetzung anstehenden Maßnahmen zählt für OPG Geschäftsführer Wigand Maethner ein flexibles Tarifsystem für die Parkhäuser, dass zwischen den Shoppingbesuchern im Tagesverlauf und den Anwohnern in der Nacht differenziert.

Osnabrück könnte, da sind sich die Osnabrücker Experten sicher, ein Vorreiter bei der Umsetzung neuer Konzepte für die Citylogistik und den Verkehr in der Innenstadt der Zukunft werden.

Titelfoto: SounderBruce, CC BY-SA 4.0