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Bundesweit erster Sonderforschungsbereich zu Migration startet an der Universität Osnabrück

Was ist Migration? Diese Frage untersucht der neue Sonderforschungsbereich (SFB) „Produktion von Migration“ an der Universität Osnabrück – der erste seiner Art in ganz Deutschland.

Die Antwort auf diese Frage ist dabei alles andere als simpel: Warum zum Beispiel wird die Schwedin, die in Deutschland lebt, nicht als Migrantin bezeichnet, in Deutschland geborenen Kinder und Enkel türkischer Einwanderer aber schon? Was ist der Unterschied zwischen Migration und Mobilität? Wie und warum verändern sich Bezeichnungen für Eingewanderte und ihre Nachkommen? In den kommenden Jahren widmet sich der SFB solchen Fragen.

Was ist Migration?

Konkret untersucht werden die gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse, die das herstellen, was unter „Migration“ und „Migrantinnen“ und „Migranten“ verstanden wird. Welche Akteure sind an diesen Prozessen der Produktion von Migration beteiligt? Wie wird Migration mit Bedeutung aufgeladen? Wie und warum wandelt sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Migration?

Seit April untersuchen 15 Forschungsprojekte diese grundlegenden Fragen in konkreten Konstellationen: 50 Forscherinnen und Forscher aus Geographie, Geschichte, Psychologie, Sprach-, Rechts- und Sozialwissenschaften analysieren etwa, wie sich das Visum als Mobilitätsfilter historisch entwickelt hat, wie die Darstellung von Schülerinnen und Schülern „mit Migrationshintergrund“ entstand und wirksam wird oder wie und mit welchen Folgen Kommunen und Wissenschaft städtische Migrationsräume beobachten und bearbeiten. Weitere Projekte widmen sich dem Arbeitsmarkt, der Religion oder dem Gesundheitswesen. Geforscht wird u.a. in Deutschland, Frankreich, Serbien, Moldau, Senegal, Indien und Nepal.

Bundesweit erster SFB

Der Osnabrücker SFB ist der bundesweit erste Sonderforschungsbereich, der sich dem weltweit wie auch für Deutschland hoch relevanten Zusammenhang von Migration und gesellschaftlichem Wandel widmet. Er setzt neue Impulse für die Migrationsforschung und entwickelt ihre theoretischen Grundlagen weiter. Angedockt ist der SFB an das renommierte Forschungszentrum Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS).

Prof. Dr. Andreas Pott, Sozialgeograph und Sprecher des SFB, erläutert: „Die gesellschaftliche Debatte um Migration wird aktuell wieder sehr hitzig geführt. Anders als bei Quantenphysik meinen alle, bei Migration mitreden zu können. In einem solchen Umfeld zu forschen, ist eine große Herausforderung. Wir beobachten diese Debatten und ihren Wandel. Dabei berücksichtigen wir, dass wir als Wissenschaftler selbst daran beteiligt sind, die gesellschaftliche Bedeutung von Migration zu produzieren. Unsere Wissensproduktion ist Teil der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um Migration.“

„Ganz bewusst haben wir von Anfang an ein Transferprojekt integriert“, erklärt Helen Schwenken, Direktorin des IMIS. „Damit sollen unsere Erkenntnisse auch über die Wissenschaft hinaus Verbreitung finden.“ Das Transferprojekt „Reflexive Migrationsforschung im Museum. Potenziale und Perspektiven virtueller Realitäten“ erprobt, wie zivilgesellschaftliche Akteure an der Produktion von Wissen und neuen Erzählungen über die Migrationsgesellschaft mitwirken können. Im Dialog von Gesellschaft, Wissenschaft und Museumspraxis arbeitet es mit dem Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD) zusammen, das zurzeit das ‚Haus der Einwanderungsgesellschaft‘ als zentrales deutsches Migrationsmuseum aufbaut.

Projekt läuft mehrere Jahre

Sonderforschungsbereiche sind auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungsverbünde, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen eines fächerübergreifenden Forschungsprogramms zusammenarbeiten. Dadurch wird es möglich, langfristig angelegte Grundlagenforschung zu betreiben und innovative Perspektiven zu entwickeln. Damit dienen sie der institutionellen Schwerpunkt- und Strukturbildung. Im Sonderforschungsbereich „Produktion von Migration“ forschen 17 Teilprojektleiterinnen und -leiter aus Osnabrück sowie aus Berlin/Potsdam, Dortmund, Flensburg, Frankfurt am Main und Münster zusammen mit ihren jeweiligen Projektteams. Dafür wurden 28 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Zur Umsetzung des ambitionierten Forschungsvorhabens erhält die Universität Osnabrück als Sprecherhochschule von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die erste Förderphase bis Ende 2027 8,3 Millionen Euro.


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