Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass Bemerkungen im Abiturzeugnis über die Nichtbewertung einzelner Leistungen von Menschen mit Behinderung grundsätzlich rechtens sind. Es gab jedoch mehreren Klagen gegen sogenannte Legasthenie-Vermerke statt, da diese allein bei Schülern mit einer Legasthenie angewendet wurden, was als Diskriminierung gewertet wurde.
Abi-Zeugnisse und Legasthenie-Vermerke
Die Karlsruher Richter stellten fest, dass sogar die Berücksichtigung der Rechtschreibung im Abiturzeugnis, auf deren Nichtbewertung die Zeugnisbemerkungen verweisen, zulässig ist. Das Ziel schulischer Bildung sei die Entwicklung der Schüler zu Persönlichkeiten, die ihre individuelle Leistungsfähigkeit unabhängig von ihrer sozialen Herkunft entfalten können. „Als Nachweis der allgemeinen Hochschulreife dient das Abiturzeugnis dem Ziel, allen Schülern die gleiche Chance zu eröffnen, entsprechend ihren erbrachten schulischen Leistungen und persönlichen Fähigkeiten Zugang zu Ausbildung und Beruf zu finden.“
Bewertung der Rechtschreibleistungen
Die Bewertung der Rechtschreibleistungen diene dem verfassungsrechtlichen Ziel der Ermöglichung eines chancengleichen Zugangs zu Ausbildung und Beruf. Es sei gegenüber Schülern mit einer Legasthenie gerechtfertigt, die Rechtschreibung zum Gegenstand der durch das Abitur vermittelten allgemeinen Hochschulreife zu machen. Im spezifischen Fall seien die Zeugnisbemerkungen den Beschwerdeführern allerdings nicht zumutbar gewesen, da sie allein bei Schülern mit einer Legasthenie angewendet wurden. Eine Diskriminierung dieser Art gäbe es bei anderen Behinderungen oder Schülern, bei denen nach dem Ermessen der Lehrkraft ebenfalls von einer Bewertung der Rechtschreibleistungen abgesehen wurde, nicht. Dafür gebe es laut Gericht keine Rechtfertigung.
Verfassungsbeschwerden von Abiturienten mit Legasthenie
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf Verfassungsbeschwerden von drei Abiturienten mit Legasthenie aus Bayern. Den Beschwerdeführern, denen fachärztlich Legasthenie bescheinigt wurde, wurden Prüfungserleichterungen gewährt, unter anderem wurden ihre Rechtschreibleistungen in Deutsch und teilweise auch in Fremdsprachen nicht benotet. Gegen die Anbringung von Zeugnisvermerken zu diesen Prüfungserleichterungen hatten die Beschwerdeführer geklagt. Und obwohl sie in erster Instanz erfolglos blieben, wurde ihnen vom Bundesverfassungsgericht Recht zugesprochen. Daher ist nach dem aktuellen Urteil aus Karlsruhe den Beschwerdeführern ein Abiturzeugnis ohne Zeugnisbemerkung auszustellen.
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