Stadtkämmerer Thomas Fillep ist im Augenblick nicht zu beneiden. Statt das Treiben seine Vorstandskollegen Frank Otte mitzumachen und zu den von ihm verursachten Kostensteigerungen für wenig mehr oder weniger als 150 Meter Prestige-Fahrradweg zu (ver)schweigen, machte er während der Ratssitzung am Dienstag die wahren Kosten publik.
712.000 Euro sollen die je nach Rechnung zwischen 145 und 168 Meter „Protected Bike Lane“ entlang des Heger-Tor-Walls gekostet haben. Der Bund der Steuerzahler schickte dem Stadtkämmerer am Mittwochnachmittag einen Brief, der unserer Redaktion in Kopie vorliegt.
Nur adressiert der Brief auch den Richtigen? Als Hüter der städtischen Finanzen ist der Stadtkämmerer zwar mittelbar für die Kosten des Luxusradwegs verantwortlich. Nachdem man ihm im Herbst auch noch Aufgaben aus dem ursprünglich Frank Otte zugehörigen Ressort aufgebürdet hat, muss der Finanzfachmann seit Jahresbeginn auch für die Umsetzung zukünftiger Projekte verantwortlich zeichnen.
Die kostspielige Umsetzung des Luxus-Fahrradwegs hat aber noch der vom Zweirad beseelte Stadtbaurat zu verantworten.
Prestigeprojekt vor der Haustür des Stadtbaurats
Nur wenige hundert Meter von Ottes Privatwohnung entfernt und auf dem Weg von seinem Dienstort in der Osnabrücker Altstadt, entstand in diesem Sommer das kurze Stückchen Fahrradweg, für das ähnliche Projekte in der dänischen Metropole Kopenhagen Pate gestanden haben sollen. Wie unsere Redaktion bereits direkt aus der Ratssitzung berichtete, hatte Otte nach der Fertigstellung sogar eine zeitweise Videoüberwachung des Radwegs angeordnet.
Radweg hätte auch für 180.000 Euro realisiert werden können
Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e.V. spart nicht an Kritik und hat für sein Schreiben ganz offensichtlich gut recherchiert. Die Anwälte derer, aus deren Kassen das Prestigeprojekt bezahlt wurde, erinnern in ihrem Schreiben daran, dass bereits bei dem Entscheid für den überbreiten Zweirad-Pfad jeglicher Blick auf die Kosten aus dem Fokus geriet.
180.000 Euro hätte ein moderner Fahrradweg nach dem „ERA+“ Standard gekostet, doch die Ratsmitglieder entschieden sich trotz der massiven Mehrkosten für das vom Stadtbaurat bevorzugte Modell, das die Kosten schon bei der Entschlussfassung auf 275.000 Euro katapultierte.
Wäre der Radweg in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder Baden-Württemberg gebaut worden, hätte die Landesregierung jeglichen Zuschuss verweigert, dort ist der Neubau nach den ERA-Standards verpflichtend. In Osnabrück setzten sich Verwaltung und Lokalpolitiker darüber hinweg.
Selbst der erhöhte Kostenrahmen wurde massiv gerissen
Nun die Überraschung in der Ratssitzung: Irgendwie scheint es den Verantwortlichen gelungen zu sein auch den üppig angesetzten Kostenrahmen von mehr als einer Viertelmillion Euro auf nun deutlich mehr als 700.000 Euro aufzublasen. Diese Kostensteigerung von mehr als 250 Prozent nennt der Bund der Steuerzahler „unfassbar“ und bittet den Stadtkämmerer die angefallenen Kosten aufzuschlüsseln und darzulegen.
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Osnabrücker Lokalpolitiker beschimpften Bund der Steuerzahler
Es wird spannend, wie die Antwort an den Bund der Steuerzahler ausfällt. Im Jahr 2016 konnte unsere Redaktion dokumentieren, wie der Stadtkämmerer den Bund der Steuerzahler bei Facebook als „Trottel“ bezeichnete. Zuvor hatte der seinerzeitige Fraktionschef der Grünen Ratsfraktion, Michael Hagedorn, die Ausgabenwächter als „Bund der Steuerhinterzieher“ bezeichnete, was auch den Beifall des SPD-Politikers Horst Simon fand.
Im vergangenen Jahr bekam ein von der Osnabrücker „Regenbogenkoalition“ mit üppigen Haushaltsmitteln geförderter „Veggie Guide“ einen Eintrag im Schwarzbuch der Steuerzahler. Der Luxus-Radweg von Frank Otte dürfte ein heißer Kandidat für das diesjährige Schwarzbuch sein.