„Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“

AFP

Mit diesen Worten hat der promovierte Historiker und im vergangenen Jahr verstorbene Bundeskanzler Helmut Kohl wohl recht treffend auf den Punkt gebracht, wie am besten die Zukunft zu gestalten, zumindest aber zu prognostizieren ist.
Aus der Vergangenheit und Gegenwart ist auch abzuleiten wie es in der Hasestadt bis zum Jahreswechsel 2018/2019 voran gehen wird – oder wird es doch wieder nur Stillstand sein?
Ein paar persönliche Einschätzungen des HASEPOST-Herausgebers Heiko Pohlmann zu den größten Baustellen von Politik und Verwaltung.

Zwölf weitere Monate Stillstand am Neumarkt

Fangen wir an mit Osnabrücks Problemplatz Nummer 1, dem Neumarkt.
An kaum einem anderen Ort wäre so viel zu tun wie hier, doch ein Blick in die jüngere Vergangenheit lässt erahnen, hier wird auch im kommenden Jahr nichts (konkret: überhaupt nichts) passieren!

Ganz sicher wird das Einkaufszentrum OSKAR auch in den kommenden zwölf Monaten nicht eröffnen – obwohl ursprünglich die Eröffnung schon mal für das Weihnachtsgeschäft 2015 angekündigt worden war.
Bevor es überhaupt seine Türen öffnen kann, müssten nicht nur Mieter gefunden, sondern erst einmal die beiden Ruinen „Kachelhaus“ und „Wöhrl“ abgerissen werden.
Den baldigen Abriss hatten zwar Vertreter der SPD, Grünen, FDP, UWG/Piraten und Linken wenige Monate vor der Kommunalwahl 2016 den Osnabrückern versprochen, doch leider passierte daraufhin schlicht …nichts.
Dass zwei Jahre später die Bagger anrücken? Wahrscheinlichkeit: 5%.

Und da wären wir auch schon bei dem Beginn der Bauarbeiten für das Shoppingcenter. Weil alleine der Abriss der bestehenden Schrottimmobilien einige Zeit kosten wird, liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Baubeginn faktisch bei 0%.
Viel wahrscheinlicher ist es, dass der französische Immobilienkonzern Unibail-Rodamco, der gerade dabei ist sich am australischen Markt zu verheben engagieren, endlich den Mut findet den Ausstieg aus der Osnabrücker Luftnummer zu verkünden: 50%.

Baut Bergmann am Neumarkt ein Geschäftshaus und/oder ein Hotel?

Und was ist mit dem „Baulos 2“ genannten Fläche vor dem H&M-Haus und dem ab sofort leerstehenden alten Gebäude der Sportarena?
Für das Baulos 2 kündigte der Hamburger Immobilienkaufmann Dr. Theodor Bergmann bereits mehrfach jeweils wieder verstrichene Termine für einen Baubeginn an – was fatal an das größere Shoppingcenter OSKAR erinnert.
Angesichts einer weiteren Erosion des stationären Einzelhandels und der geradezu fantastisch klingenden Idee, dass ausgerechnet am Neumarkt, der vom Individualverkehr kaum noch erreichbar ist, ein großes Hotel entstehen soll, kann hier wohl mit einer hohen Wahrscheinlichkeit (>50%) davon ausgegangen werden, dass wenigstens eines der beiden Projekte innerhalb der kommenden Monate platzt – zumindest aber eine Verschiebung auf eine fernere Zukunft erklärt wird. Gut wäre es für Osnabrück, wenn es anders kommen würde.

Gewerbeflächen auf dem Güterbahnhof, war da was?

Ebenfalls wenig passieren wird am alten Güterbahnhof. Hier ist leider anzunehmen, dass Stadtverwaltung und Eigentümer auch weiterhin einen Kleinkrieg führen werden und eine Fläche von der halben Größe des Vatikanstaates unbebaut bleibt, während Osnabrücks neue Leiterin der Wirtschaftsförderung öffentlich beklagt, dass es innerhalb der Stadtgrenzen zu wenig bebaubare Gewerbeflächen gibt.

Neue „Ghostbikes“ und Dieselfahrverbot 2018?

Trotz zaghafter Versuche den für Fahrradfahrer oft tödlichen LKW-Verkehr zumindest in andere Bahnen um die Stadt zu lenken, wird der Stadtbaurat es auch im kommenden Jahr wohl nicht schaffen wirklich dafür Sorge zu tragen, dass der Durchgangsverkehr der Bundesstraße 68 zwischen Südoldenburg und Ostwestfalen statt durch die Innenstadt um diese herum geführt werden wird. Zu hilf- und erfolglos waren alle bisherigen Bemühungen in der inzwischen schon fünfjährigen Amtszeit des Stadtbaurats, als das hier noch ein Durchbruch zu erwarten ist.
LKW-Schwerlastverkehr und gelegentlich neue Ghostbikes, zum Gedenken an die vorwiegend unter die Räder von durchfahrenden Lastwagen geratenen Fahrradfahrer, werden uns daher auch im kommenden Jahr weiter begleiten.

Und wer Fahrrad sagt muss auch an die Autofahrer in Osnabrück denken, die vortrefflich gegeneinander ausgespielt werden („Teile und Herrsche“). Hier könnte es trotz ursprünglich anderer Lippenbekenntnisse der Osnabrücker Grünen (vor der letzten Kommunalwahl) tatsächlich zu Dieselfahrverboten in der Innenstadt kommen. Die Wahrscheinlichkeit dieser faktischen Enteignung großer Teile der Bevölkerung, die vor 3-4 Jahren bewusst einen sparsamen und CO2-armen modernen Diesel gekauft haben, wird von Teilen der Lokalpolitik wohl mit klammheimlicher Freude erwartet und mit einer Wahrscheinlichkeit von gefühlt 50% im kommenden Jahr böse Realität.

Elektrobusse kommen womöglich später

Wenigstens die Stadtwerke könnten mit modernen E-Bussen zumindest teilweise runter vom Diesel kommen. Da sich das Ausschreibungsverfahren für die neuen Busse aber bis zum Jahresende verzögerte und auf Nachfrage unserer Redaktion kurz vor den Feiertagen noch immer kein Lieferant der modernen Elektrobusse benannt werden konnte, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Zukunft des Nahverkehrs mit einer vollständig elektrifizierten Buslinie 41 in Osnabrück erst im Jahr 2019 beginnen wird. Dass der öffentliche Nahverkehr in Osnabrück – auch durch das Ausmustern alter Stinker-Diesel – sauberer wird, ist unzweifelhaft. Nur wirklich neue Buslinien und eine Ausweitung des Fahrplans auch in die Nachtstunden, ist vorerst (zumindest 2018) leider nicht zu erwarten. Hier fehlt der Politik zwar nicht die regenbogenbunte Fantasie aber der konkrete Umsetzungswille.

Zum Schluss ein paar positive Ausblicke: Mit Sicherheit wird es im kommenden Jahr wieder eine Maiwoche geben, im Sommer wird uns die Fußball-WM alle Osnabrücker zu Fans machen – der VfL dürfte es allerdings schwer haben, wieder einmal. Während der Sommermonate locken mindestens ein Bier- und zwei Weinfeste auf den Rathausplatz (und noch allerlei andere Events). Im Zoo wird die neue Nordamerikalandschaft für weitere Besucherrekorde locken. Mit dem neuen Sporthaus wird L+T im Frühjahr zeigen, wie viel attraktiver als Onlineshopping ein Besuch der Innenstadt ist, wenn man Surfer auf der „stehenden Welle“ sehen kann. Und last not least wird auch das kommende Jahr mit dem Weihnachtsmarkt in der Altstadt und dem Eiszauber am Ledenhof einen würdevollen Höhepunkt finden!