“Sie haben mich nicht gewählt um wegzugucken, sondern um hinzuschauen”, mit diesen Worten brachte Michael Wendt, der 2019 den Posten des Schatzmeisters der Zoogesellschaft übernommen hatte, seine persönliche Bilanz nach vier Jahren Arbeit für den Zoo auf den Punkt.
Rund eine halbe Stunde brauchte Wendt, um die mehr als 150 Mitglieder der Zoogesellschaft über seine Tätigkeit in den vergangenen Jahren zu informieren. Anders als bei einer eilig einberufenen Mitgliederversammlung Ende Mai, bei der es vor allem darum ging zwischenzeitlich in der Lokalpresse aufgetauchte Vorwürfe gegen das Zoo-Präsidium in Kontext zu setzen, folgte Wendt am Dienstagabend einer Vorgabe der Satzung, die ihn zu einem ausführlichen Tätigkeitsbericht verpflichtet.
Und dieser Tätigkeitsbericht hatte es in sich! Dafür gab es von den Mitgliedern stehende Ovationen – sicherlich ein Novum in der Geschichte der Zoogesellschaft.
Osnabrücker Zoo drohen weiterhin Risiken in Millionenhöhe
Anders als im Juni, kamen jetzt Details ans Tageslicht, die wohl auch dem letzten Zweifler klarmachten, dass es in den vergangenen Monaten rund um den Schölerberg nicht allein um geplatzte Männerfreundschaften ging. Es ging auch nicht um den von einem Redakteur der Tageszeitung NOZ verliehenen Titel des “Hauptwidersachers” des Zoo-Geschäftsführers – worüber Wendt sich offensichtlich sehr geärgert hatte -, sondern tatsächlich auch und vor allem um die Existenz des Osnabrücker Zoos und finanzielle Risiken in Millionenhöhe, die auch weiterhin drohen.
Am Ende seiner Ausführungen stellte sich Wendt nicht erneut zur Wahl für das Ehrenamt des Schatzmeisters; zu sehr hätten ihn diese vier Jahre belastet, erklärte der Maschinenbauer aus Georgsmarienhütte.
Aufmerksame Zuhörer hatten durch die teils sehr detaillierten Erläuterungen des scheidenden Schatzmeisters die Möglichkeit, sich ein Bild davon zu machen, wie sehr der Osnabrücker Zoo inzwischen existenzbedrohenden Risiken ausgesetzt ist.
Neuer Geschäftsführer (38) soll noch in diesem Jahr anfangen
Inzwischen wurde ein neuer Geschäftsführer gefunden, wie Zoopräsident Dr. E.h. Brickwedde bestätigte. Es wird ein bislang nicht namentlich genannter noch recht junger Mann (38), der noch in diesem Jahr die Aufgaben von Andreas Busemann übernehmen soll. Näheres zur Person des neuen Geschäftsführers wird in Kürze erwartet – am Dienstagabend war wohl bereits der Vertrag mit dem Osnabrücker Zoo unterzeichnet, noch nicht aber die Kündigung bei seinem bisherigen Arbeitgeber eingereicht.
Der neue Geschäftsführer wird mit einbrechenden Besucherzahlen, einem drohenden Millionenverlust im laufenden Haushaltsjahr und einer Finanzsituation konfrontiert, die anders als in den vergangenen Jahren keine Corona-Zuschüsse und keine Sondereffekte durch eine unerwartete Erbschaft enthält. Überhaupt nicht erwähnt wurde bei der Mitgliederversammlung die weiterhin noch nicht geklärte Rückzahlungsforderung der EU für womöglich unrechtmäßig verbaute Fördergelder, die zusätzlich wie ein Damoklesschwert über dem Zoo hängt.
Um den Zoo finanziell über Wasser zu halten, will sich Fritz Brickwedde bei der Politik dafür einsetzen, dass die Stadt zukünftig jährlich eine halbe Million Euro an den Schölerberg überweist.
Brickwedde bleibt Zoopräsident – ehemaliger Banker wird neuer Schatzmeister
Auch wenn Michael Wendt den Posten als Schatzmeister abgegeben hat – den wird zukünftig der ehemalige Dresdner- und Commerzbank-Banker Stefan Burghardt übernehmen (gewählt mit 151 von 157 Stimmen) –, bleibt er dem Zoo und seinen Finanzen als Vorsitzender des Finanzausschusses erhalten.
Ebenfalls erhalten bleibt dem Zoo Dr. Brickwedde, der sich – nachdem er den Posten 2019 eigentlich nur für maximal zwei Jahre übernehmen wollte – erneut und ohne Gegenkandidaten zur Wahl stellte und mit 121 von 157 Stimmen bestätigt wurde.
Sliwka ist nun Ehrenpräsident – Brickwedde will “Schlussstrich” ziehen
In Abwesenheit wurde Reinhard Sliwka zum Ehrenpräsidenten der Zoogesellschaft gewählt. Seine überraschende Abwahl – mit den Stimmen von rund 50 frisch eingetretenen Neumitgliedern –, die die Zoogesellschaft, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan hatten, inzwischen wieder verlassen haben, stand ganz am Anfang der krisenhaften vergangenen vier Jahre.
Eine für den Osnabrücker Zoo unrühmliche Periode, unter der Fritz Brickwedde nach eigenem Bekunden nun “einen Schlussstrich” ziehen möchte.
Dass es mit dem “Schlussstrich” nicht so einfach sein wird, machte eine Wortmeldung aus der Mitgliederschaft deutlich: “Ob denn der Ehrenpräsident auch ein Mitspracherecht habe”, wurde gefragt. “Hat er”, bestätigte Brickwedde. Ehrenpräsident Sliwka kann aktiv im Aufsichtsrat mitarbeiten, allerdings habe er dort kein Stimmrecht. Zumindest von Teilen der Mitgliedschaft erhofft man sich wohl, dass Sliwka – wie in seiner vorherigen Amtszeit – auch wieder genau hinschaut.