2.250 Osnabrücker wären von einer Neumarktsperrung mehr oder weniger direkt betroffen, diese Zahl nannte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert im Rahmen eines Pressetermins am Mittwochvormittag, bei dem es nicht allein um die Zukunft des Neumarkts ging.

AFP

Nur gut eine Stunde vor dem Pressegespräch im Rathaus, zu dem erst am Vorabend die Einladung erfolgte, veröffentlichte die Verwaltung eine Vorlage, die am Donnerstag im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA) sicher noch für Aufregung sorgen wird. Wie von unserer Redaktion bereits vorab berichtet, wird in dem kurzfristig fertiggestellten Papier einer schnellen Sperrung des Neumarkts eine Abfuhr erteilt.

Oberbürgermeister organisierte dringliche Projekte neu

Damit es überhaupt zu dieser Verwaltungsvorlage kommen konnte, hatten sich die Vorstände Thomas FillepFrank Otte und der Oberbürgermeister in der vergangenen Woche zusammen mit ihren engsten Mitarbeitern zusammengesetzt und für drei besonders dringliche Aufgaben eine Art Task Force organisiert.
Kämmerer Thomas Fillep wird sich ab sofort um die Zukunftsaufgabe „Baulandentwicklung“ kümmern, hier ist bis 2020 die stolze Zahl von 3.000 neuen Wohnungen zu sichern.
Frank Otte, dem ohnehin ein Faible für alles was (zwei) Räder hat nachgesagt wird, soll sich um die Mobilität in der Hasestadt kümmern.
Und als „Chefsache“ gilt fortan der Neumarkt, für den sich der OB Holger Clodius als Projektleiter ausgewählt hat, der allerdings kurz vor einem Wechsel ins benachbarte Melle steht, wo er ab Sommer selbst ein Bauamt leiten soll.

Sachgründe gegen eine Neumarktsperrung

Erstes Ergebnis der Projektarbeit in der neuen Taskforce „Neumarkt“ ist die am Donnerstag zur Vorlage anstehende Absage an eine schnelle Neumarktsperrung.
Warum er für die Verwaltung die Pläne der Regenbogenkoalition durchkreuzen muss, macht der OB an Sachgründen fest.

Untersucht wurden:

  • die Belange der Anlieger
  • die Verlagerung von Verkehrsströmen
  • mögliche Veränderungen bei Lärmimmisionen
  • Veränderungen bei Luftschadstoffen
  • Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit

Während die Erreichbarkeit der Anlieger nur geringe Probleme bereitet, macht die Verlagerung der Verkehrsströme der Verwaltung schon mehr Sorgen, da sie mit einer deutlichen Verschlechterung der Verkehrslage an einigen Kreuzungen rechnet, auch wenn die Stadt grundsätzlich erreichbar bleiben wird.
Wirklich kritisch wird es aber bei den zu erwartenden Verschlechterungen beim Lärmschutz für mehr als 2.200 Anwohner des Wallrings, während nur 109 Anwohner des Neumarkts und des Neuen Graben von weniger PKW-Verkehr vor ihren Wohnungen profitieren könnten.
Eine ähnliche Rechnung wird auch hinsichtlich der Luftschadstoffe angenommen, denn auch hier rechnet der Oberbürgermeister vor, dass sich die bereits jetzt über den geltenden Grenzwerten liegenden Schadstoffkonzentrationen am Wall nochmals merklich verschlechtern würden.

Sollte es in Zukunft zu teilweisen Fahrverboten für Dieselfahrzeuge kommen, würde ein zunehmender Ausweichverkehr durch Teile der Wüste (Parkstraße) die ursprünglich vom Neumarkt auf den Wall gedrängten Fahrzeuge noch weiter in Wohngebiete drängen, so die Annahme der Verwaltung.

Können die Sperrungsbefürworter klagen?

Einen Klageweg gegen die vorliegende Verwaltungsvorlage gibt es nicht, so Wolfgang Griesert auf Nachfrage unserer Redaktion. Das ehemalige Ratsmitglied Christopher Cheeseman hatte auf der Facebookpräsenz der HASEPOST die Möglichkeit einer „Normenkontrollklage“ angedeutet. So eine Klage sei aber rein formell nicht möglich, so Griesert, da auch die Ratsmitglieder hinzugewählte Teile der Verwaltung seien, und die Verwaltung nicht gegen sich selbst klagen könne.
Möglich sei allerdings eine Überprüfung durch die Niedersächsische Kommunalaufsicht.

Griesert, der wegen konkurrierender Termine am Donnerstag eigentlich verhindert ist, will wenigstens zu Beginn der kommenden StUA-Sitzung dabei sein. Er hofft, dass die Ausschussmitglieder die Vorlage über die Osterfeiertage erstmal verarbeiten, bevor dann bei der kommenden Ratssitzung Ende April eine inhaltliche Diskussion erfolgt.

Neubewertung der Sperrung bald möglich

Sobald die bereits in Fertigstellung befindliche und für den Sommer erwartete  Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorliegt, und damit konkrete Vorschläge für den Umgang mit den durch den Verkehr verursachten Schadstoffimmissionen, könne der Thema Neumarktsperrung neu betrachtet werden.
„Es kann sein, dass es dann kippt“, so der OB zu einer möglichen Neubetrachtung vor dem Hintergrund konkreter Ideen zur Luftreinhaltung.
Aktuell sei es ihm allerdings nicht möglich – auch wenn sich das viele Lokalpolitiker „anders wünschen“ – eine andere Vorlage vorzulegen, so der Oberbürgermeister abschließend.