„Eltern haften für ihre Kinder“ ist ein weit verbreitetes Schild an Baustellenabsperrungen, wie weit haften Kinder für Ihre Eltern? Ein in der Nacht zu Freitag am Neumarkt, an der Fassade des Kachelhauses angebrachtes Banner fordert den Rücktritt des Vaters von Neumarkt-Investor Alexander Lindhorst aus dem Aufsichtsrat der gemeinsamen Firmenholding.
Im Dezember hatten die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, den Stein ins Rollen gebracht, als Sie eine Nähe von Firmenpatriarch Jürgen Lindhorst zu Vertretern der AfD recherchiert hatten und öffentlich einen schwelenden Konflikt rund um einen Findling am Wohnsitz der Familie thematisierten.
Auf dem Stein zur Hofeinfahrt des Familienwohnsitzes ist neben dem Namen der Familie Lindhorst auch eine sogenannte „Wolfsangel“ angebracht. Dabei handelt es sich um ein seit dem frühen Mittelalter in Norddeutschland verbreitetes Symbol, das nach 1933 auch von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde und seither in rechten Kreisen als Erkennungszeichen dient.
Pikantes Detail, das überhaupt erst zum Konflikt um den Stein führte: Der Findling mit dem Wolfsangel-Symbol steht an einer Straße, die zur Gedenkstätte des Konzentrationslagers Bergen-Belsen führt. Obwohl die ebenfalls auf dem Stein angebrachte Inschrift „Lindhorst“ in Frakturschrift eingemeisselt ist, eine Schriftart, die von den Nationalsozialisten als „jüdisch“ verfemt wurde, soll der Findling bei Besuchern der KZ-Gedenkstätte für Irritationen gesorgt haben.
Osnabrücker Jusos informierten über Bedenken zu Neumarkt-Investor
In einer Videokonferenz informierten die Jusos am Donnerstagabend über ihre Sicht der Dinge und hatten dazu auch Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, eingeladen, der in der Vergangenheit bereits scharfe Kritik an Jürgen Lindhorst geübt hatte. HASEPOST wird zu dieser öffentlichen Onlineveranstaltung noch gesondert berichten.
Am Morgen nach der Videokonferenz erreichte unsere Redaktion ein Schreiben vom „Verein freier Menschen“, der in den vergangenen Wochen schon mehrfach mit politischen Bannern in die öffentliche Diskussion zu Reizthemen eingegriffen hatte, auch vor dem Verkauf des Gebäude-Ensembles am Neumarkt oder zur Klimapolitik mit einem Banner an der OsnabrückHalle.
„Verein freier Menschen“ wollen keine „Sippenhaft“
In dem Schreiben zur aktuellen Banneraktion wird der Rücktritt von Jürgen Lindhorst aus dem Aufsichtsrat der Firmengruppe gefordert und es heißt zu Jürgen Lindhorst, es gäbe „keinen Zweifel an rechter Gesinnung“ und weiter „Keine Deals solange Jürgen Lindhorst im Amt ist – keine Geschäfte mit Unterstützern von
Faschist*innen“.
Die Forderung verstehe man, so der „Verein freier Menschen“ nicht als „Sippenhaft“, sondern fuße auf Argumenten. „Seinen Sohnemann, den Alexander, wollen wir auf keinen Fall in Sippenhaft nehmen. Wir wissen – teilweise aus leidlicher Erfahrung – wie unangenehm der eigene Vater sein kann, für den man nichts kann. Klar ist es schwierig, sich von diesem zu distanzieren. Aber wenn Lindhorst Junior – wie er von sich selbst behauptet – ein „eher Konservativer“ ist, dann wird er doch sicher verstehen, dass Unterstützer*innen von menschenfeindlichen Positionen hier nicht willkommen sind. Falls ihm diese Einsicht nicht gelingt, reiht er sich in eine lange Liste von Konservativen ein, die im Falle von politischen oder ökonomischen Interessen keine Berührungsängste mit Rechtsradikalen hatten und haben“.
Lindhorst beteuert: Vater nicht an Neumarkt-Projekt beteiligt
Was die wirtschaftlichen Beziehungen zu Jürgen Lindhorst und dem Bauprojekt am Neumarkt angeht, erklärte Investor Alexander Lindhorst bei der Vorstellung des Projekts im Dezember, dass lediglich seine noch minderjährigen Kinder an der Durchführungsgesellschaft beteiligt sind. weder bei der Videokonferenz der Jusos noch nach Recherchen unserer Redaktion konnte eine direkte, über die familiären Bande hinausgehende, Beteiligung von Jürgen Lindhorst an dem Projekt „Johannishöfe“ festgestellt werden.
Foto: „Verein freier Menschen“