Dass Pressevertreter Beifall klatschen ist eine Ausnahme, doch als das Kinobetreiber-Ehepaar Anja und Meinolf Thies beim Pressetermin am Dienstagmittag ihre Mitarbeiter baten doch kurz vor die große Leinwand im Kinosaal 6 zu treten, blieb der anerkennende Beifall nicht aus.
Zuvor schilderten die beiden Familienunternehmer wie sie gemeinsam mit ihren Angestellten die langen Wochen seit Beginn der Schliessungsverfügung im März durchgestanden haben. Immer wieder waren die Mitarbeiter in den menschenleeren Kinos um die Technik zu warten – die Besucher fehlten ihnen dabei schmerzlich, die Sorge um den Arbeitsplatz hatten sie als stetigen Begleiter.
Und auch Anja und Meinolf Thies waren mehrfach in ihrem Osnabrücker Kino vor Ort, um nach dem Rechten zu schauen und um die irgendwann erwartete Wiedereröffnung vorzubereiten. „Glauben Sie mir, das ist kein Spass“, beschrieb Meinolf Thies die Gefühle die ihn beschlichen, immer wenn er das erst im Dezember nach einer millionenteuren Renovierung neu eröffnete Luxuskino „Hall of Fame“ am Osnabrücker Hauptbahnhof besuchte.
Keine Unterstützung von Seiten der Regierung für Kinobetreiber
„Für studentische Hilfskräfte gibt es keine Kurzarbeiterregelung“, erläuterte Anja Thies eine Herausforderung des Lockdowns. Weil aber auch Studenten und Halbtagskräfte von irgendetwas leben müssen und sie diese geschätzten Mitarbeiter auch für den baldigen Neustart halten wollten, finanzierten die beiden Kinounternehmer diese Angestellten seit März aus eigener Tasche – Unterstützung vom Staat gab es nicht.
Überhaupt kritisiert Anja Thies, dass man von Seiten der Bundes- oder Landesregierung die Kinobetreiber offenbar schlicht vergessen habe.
Dass man sich am Standort Osnabrück so vehement für eine baldige Wiedereröffnung engagiert habe, sei auch den Mitarbeitern geschuldet, betonte die Kino-Chefin. Unser Titelfoto zeigt einen Teil der Mitarbeiter des Hall of Fame und der Filmpassage, die am Dienstag zu einer Betriebsversammlung zusammenkamen.
Während Ferienflieger nach Mallorca starten sollen Kinos weiter zu bleiben
Wenn ihn jemand gefragt hätte, erinnert sich Meinolf Thies an den Beginn der Corona-Schutzmaßnahmen, hätte er wohl niemals gedacht, dass die Kinos mit ihren modernen Klimasystemen und der Möglichkeit schon bei der Ticketvergabe dafür zu sorgen, dass genügend Abstand gehalten wird, länger geschlossen bleiben müssen, als dass es möglich sein wird wieder mit dem Flieger an Urlaubsstrände zu reisen.
Tatsächlich haben in den meisten Bundesländern, mit Ausnahme des latent eigenwilligen Bayern und eben Niedersachsen, die Lichtspielhäuser wieder geöffnet. Im benachbarten Nordrhein Westfalen zum Beispiel bereits seit Ende Mai.
Mit Verwunderung stellten die Betreiber des Hall of Fame, die in Osnabrück auch seit langen Jahren die Filmpassage betreiben, fest, dass die Landesregierung in Hannover einen für sie nicht nachvollziehbaren Weg ging, während rundherum die Kinos wieder öffnen durften.
Landesregierung begründet Kinoschliessung mit fehlenden Beatmungsgeräten
Am Verwaltungsgericht Braunschweig, für ein in Salzgitter betriebenes Kino, sowie am Verwaltungsgericht Osnabrück, legten die Kinounternehmer, die bundesweit aktiv sind, Klage ein.
Als „juristischen Föderalismus“ bezeichnet Meinolf Thies, dass die Richter im Osten Niedersachsens dem Klagegegner, also dem Sozialministerium folgten, während die Osnabrücker Richter sich für die Filmkunst und das umfangreiche Hygienekonzept der Kinounternehmer entschieden.
Wie die Landesregierung bis zuletzt versuchte den Kinobetrieb zu unterbinden, fällt Meinolf Thies immer noch schwer nachzuvollziehen. Besonders befremdlich fand er, dass in der Argumentation des Sozialministeriums, die ihm erst am Montag zugänglich gemacht wurde, unter anderem damit argumentiert wird, dass den Krankenhäusern zwischen Harz und Nordseeküste immer noch nicht genügend Intensivbetten und Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen würden. Thies ist sich sicher, dass was aus dem Sozialministerium gegen den Kinobetrieb an Argumenten aufgefahren wurde, der Ministerpräsident so öffentlich sicher nicht sagen würde.
Kinobetrieb mit nur 25% der möglichen Kapazität
Nun aber ist die juristische Schlacht geschlagen und zumindest vorerst werden die einzigen Kinos in ganz Niedersachsen am Donnerstag erstmal nur in Osnabrück wieder öffnen, wobei in der Filmpassage drei besonders enge Säle aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben.
Insgesamt werden in den Kinosälen nur maximal 25% der verfügbaren Sitzplätze besetzt werden. Die Betreiber bitten die Besucher ihre Tickets, die online auch vergünstigt angeboten werden, vorab im Internet zu bestellen. Dort können auch alle notwendigen Angaben zur Person und zum Familienstand (Bewohner eines Haushalts dürfen nebeneinander sitzen) vorab gemacht werden, was den Besuch des Kinos deutlich einfacher machen wird.
Auf den Homepages der Filmpassage und der Hall of Fame ist das aktuelle Programm bereits verfügbar.
Zwar sind in den kommenden Monaten weltweit(!) keine neuen Filme veröffentlicht worden, doch das Team der beiden Kinos ist sich sicher, dass für alle etwas dabei ist. Einige der jetzt wieder gezeigten Filme liefen vor dem Lockdown nur für wenige Tage und sind auch deswegen „alles andere als alte Ware“, so Anja Thies beim Pressegespräch.
Am Eröffnungstag, am Donnerstag, locken beide Kinos mit einem auf 4 Euro reduzierten Eintrittspreis.