Wenn es an diesem Wochenende wieder trocken und warm ist, zieht eine – so jedenfalls sehen es mehr als zwei Dutzend Anwohner – immer größere Gruppe junger Menschen an eine etwas abgelegenen Stelle am Stichkanal um dort zu chillen, zu feiern und dabei vielleicht auch die ein oder andere Hanfzigarette zu rauchen. Sommer in der Stadt oder Ruhestörung und Ärgernis für die Nachbarn der Partylocation?
Ungünstige Lage trägt Schall bis in Wohnsiedlung
So abgelegen wie die Stelle, nicht unweit des Fürstenauer Wegs, scheint, ist sie tatsächlich nicht. Zwar führt nur eine Schotterpiste zum alten Hafenkran, doch eine etwas ungünstige Topographie sorgt dafür, dass die Bewohner einer Siedlungsstraße in Pye immer das Gefühl haben live dabei zu sein.
Und, so wurde uns von einer Anwohnerin versichert, die Partygeräusche dringen nicht etwa nur in den Vorgarten, sondern sind bis in die Schlafzimmer zu hören. Und was die ganze Angelegenheit noch unangenehmer macht: Die Parties dauern in lauen Sommernächten bis zum Sonnenaufgang und angeblich “chillt” auch die Polizei, wenn es um die Nöte der Anlieger geht.
Über die besonders bei Osnabrücker Studierenden beliebte Jodel-App wird inzwischen eifrig für den längst nicht mehr geheimen Spot am Kanal geworben.
Oberbürgermeister liegen Unterschriften der Anlieger vor
Mehr als zwei Dutzend Anwohner haben Ende dieser Woche eine Interessengemeinschaft gegründet und eine Unterschriftenliste an Oberbürgermeister Wolfgang Griesert übergeben.
Wir haben parallel dazu einen Leserbrief aus den Reihen der der Bürger erhalten, den wir hier veröffentlichen.
Das Problem aus Sicht der Anwohner:
“Unterstützen städtische Institutionen die Osnabrücker Party- und Drogenszene?
Eigentlich ist es am Piesberg sehr idyllisch. Der als „Kultur- und Landschaftspark“ verschriene Piesberg verliert für die Anwohner jedoch seit Jahren zunehmend an Lebensqualität. Einigen Anwohnern reicht es jetzt. Sie haben die „Interessengemeinschaft Süberweg“ gebildet und wollen nun über den Weg der Öffentlichkeit auf die Missstände am Piesberg hinweisen.
Seit knapp 40 Jahren habe ich regelmäßig die schönen Wochenenden auf der Terrasse genossen, um von der anstrengenden Arbeitswoche auszuspannen. Seit einigen Jahren ist daran jedoch selten zu denken. Der Bass dröhnt – wieder eine der Drogenpartys im Piesberger Hafen. Hier steht ein alter morscher Schiffskran, der Eigentum des Museum für Industriekultur ist, sich daher in städtischer Hand befindet, auf dem Jugendliche und junge Erwachsene Drogen, Alkohol und Techno-Beats zelebrieren. Das Betreten dieses Industriegeländes ist Unbefugten strengstens untersagt. Kein Wunder, denn das Erklimmen des baufälligen Krans ist lebensgefährlich und sollte deshalb absolut verboten werden. Außerdem gibt es hier keine sanitären Anlagen, sodass hier wohl über kurz oder lang ein beliebtes Ausflugsziel für Ratten entstehen wird. Sonstige Baustellen werden von der Stadt über die Gewerbeaufsicht so stark gesichert, dass niemand eindringen kann. Am alten Piesberger Hafen ist die Stadt ihrer Aufsichtspflicht an dieser Stelle wohl nicht nachgekommen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich und auch andere Nachbarn die Polizei kontaktiert haben; unternommen wird selten etwas. Wortwörtlich bekam ich einmal die Antwort am Telefon: „Ach, das ist eine dieser Drogenpartys, ein schönes Ambiente, müssen sie sich mal ansehen.“ Da fehlten und fehlen mir auch jetzt noch die Worte. Wo leben wir hier eigentlich?
Die Polizei unternimmt gegen die nächtlichen Ruhestörungen nichts. Das Industriemuseum ebenso wenig, obwohl mir ein Rückruf versichert wurde. Interessant ist, dass sobald eine Veranstaltung im Gesellschaftshaus stattfindet, aus dem Hafen kein Mucks zu hören ist. Eine bewusste Duldung?
Vor einigen Jahren setzten sich am Kanal das Bündnis 90/Die Grünen für den Schutz der Fledermäuse ein. Am Piesberg gibt es etliche Fledermäuse, doch in der letzten Zeit sieht man hier nur noch selten eines der kleinen Flugtiere. Nicht nur der Mensch, sondern auch die kleinen Lebewesen werden von den Techno-Beats vertrieben. Umweltschutz ist hier also gleich null.
Das Büdchenfest am Westerberg fand in diesem Jahr zum letzten Mal statt, da sich die Anwohner über das jährliche Fest beschwert haben und hier am Piesberg? Hier finden jedes Wochenende von Freitagabend bis Sonntagnachmittag Partys im Hafen statt, sodass an einen ruhigen Schlaf kaum zu denken ist. Besonders bei diesem warmen Wetter freut man sich besonders, die Fenster nicht aufmachen zu können.
Uns reicht es!”
Stadtverwaltung und Polizei schweigen
Wir haben im Vorfeld dieser Veröffentlichung auch die Stadtverwaltung und die Polizei um eine Stellungnahme gebeten. Zusätzlich haben wir den Pressesprecher der Polizeiinspektion Osnabrück mit der oben zitierten Aussage („Ach, das ist eine dieser Drogenpartys, ein schönes Ambiente, müssen sie sich mal ansehen.“), die von einem Polizisten gegenüber einem Anlieger gemacht worden sein soll, konfrontiert: Unsere Anfragen wurden bis zur Veröffentlichung nicht beantwortet.
Ein Mitarbeiter unserer Redaktion war vergangene Woche selbst kurz vor Ort. Am frühen Abend war noch keine Party feststellbar, nur ein paar wirklich entspannte und freundliche junge Menschen um die 20 und eine Location rund um den alten Hafenkran, die man so an dieser Stelle gar nicht erwartet. Doch in der Nacht, das bestätigten uns Anwohner, wurde wieder lautstark durchgefeiert bis in den Morgen.
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