Noch sind die nächsten Haushaltsverhandlungen eine Sommerpause und ein paar Ratssitzungen entfernt, da lässt es sich gut feiern. Am Ende wollte eigentlich keine der im Rat vertretenen Parteien und Fraktionen der Abschaffung der Straßenbaubeiträge (STRABS) im Wege stehen.
Inhaltlich wurden Straßenausbaubeiträge bislang damit begründet, dass der Ausbau von Straßen für die jeweiligen Anwohnerinnen und Anwohner einen auch wirtschaftlichen Nutzen stiftet, weil ihr Grundstück durch einen höheren Standard der Straße aufgewertet wird.
Da viele Umbaumaßnahmen aber inzwischen im Rahmen der der geplanten Verkehrswende erfolgen und hohe Kosten unter anderem durch neue Fahrradwege entstehen, ist die Beteiligung der Anlieger nur noch schwer vermittelbar.
STRABS-Aus reißt neues Loch in die Kasse der Stadt
Ungeklärt ist noch die Gegenfinanzierung, die nur zum Teil durch zusätzliche Landesmittel aufgefangen werden kann.
Allein bis 2027 sollen mehr als 13 Millionen Euro fehlen. Geld, das eigentlich bei Anliegern eingetrieben werden sollte, die das „Pech“ haben, an einer Straße zu wohnen, die von der Stadt neu gestaltet wird.
Vor dem Beschluss wurde nochmals debattiert
Für die Grünen erklärte Fraktionsvorsitzender Volker Bajus, dass diese Belastung der Bürger „politisch nicht mehr vermittelbar“ sei. Bajus betonte allerdings auch: „Es hat in dieser Stadt keine Luxusstandards gegeben.“
Für die SPD erklärte die Fraktionsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis, dass auch nach dem Wegfall der STRABS die Verkehrssicherheit die „höchste Priorität“ habe und daran nicht gespart werde.
Vonseiten der CDU erklärte Fraktionsvorsitzender Marius Keite: „Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem.“ Die STRABS seien allerdings als Finanzierungsinstrument „aus der Zeit gefallen“.
Volkmar Seliger, Verkehrsexperte der Osnabrücker Grünen-Ratsfraktion, konterte die Ausführungen Keites damit, dass dieser ein „Luxus-Framing gegenüber den Radfahrern“ betreibe. Die Planung selbst von Mindeststandards werde von Keite als Luxus verkauft. Seliger witterte eine „Kampagne gegen Radfahrer“.
Robert Seidler, Gruppenvorsitzende der FDP/UWG erklärte, dass mit dem Beschluss gegen die STRABS „endlich eine langjährige Forderung der FDP“ umgesetzt werde, die längst überfällig gewesen sei. Bereits vor der Ratssitzung hatten sich zahlreiche FDP-Mitglieder vor dem Rathaus versammelt, um das STRABS-Aus zu feiern.
Das Ende der STRABS wurde schon einmal vorzeitig verkündet
Bereits im Februar hatte die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) für Unruhe gesorgt, als ein Artikel ein sicheres Aus der STRABS suggerierte, obwohl auch da der Ausgang der Ratsdebatte noch offen war.
Die nachfolgende Debatte im Stadtrat führte zu einem gemeinsamen Schlagabtausch der größeren Parteien gegen die Fraktion FDP/UWG. Lediglich die Linke wollte sich im Februar der FDP/UWG anschließen, um das Ende der STRABS – trotz noch ungeklärter bürokratischer Fragen – umgehend einzuleiten.
Zusammen mit dem Vertreter der AfD stimmte das Ratsmitglied Kalla Wefel und die Mehrheitsgruppe Grüne/SPD/Volt vor drei Monaten noch gegen das sofortige STRABS-Ende und einen Verweis in die Ausschüsse.
Ab Juni sind die STRABS in Osnabrück endgültig Geschichte
Den Durchbruch im Ringen um das Aus der STRABS brachte eine Sitzung des Finanzausschusses Anfang Mai. Die Ratssitzung am 23. Mai war letztlich nur noch ein Schaulaufen der Parteien, die sich gegenseitig versicherten, eigentlich schon immer dagegen gewesen zu sein.
Mit der am Dienstag (23. Mai) getroffenen Entscheidung kann die finanzielle Beteiligung der Bürger am Ausbau der Straßen ganz offiziell ab dem 2. Juni 2023 nicht mehr von der Verwaltung verlangt werden.
Anlieger der Ellerstraße jubelten nach Rats-Entscheidung
Großen Jubel gab es nach dem einstimmigen Votum vor allem von Anliegern der Ellerstraße, die im vergangenen Jahr besonders ausfmerksamkeitsstark dagegen aufbegehrten, dass sie für den Umbau ihrer Straße zur Kasse gebeten werden sollen.
Um allen Bürgern der Ellerstraße eine Teilnahme an der Ratssitzung zu ermöglichen, wurden im Vorraum des Ratssitzungssaals Stühle aufgestellt, damit Bürgerinnen und Bürger die Abstimmung auf einem Großbildfernseher verfolgen konnten.
Autoren: Heiko Pohlmann, Julian Dayan