Wer auch nur eine grobe Ahnung vom Werk und Leben des Osnabrücker Weltautors Erich Maria Remarque hat, wird aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskommen. Ausgerechnet das Flüchtlingshaus, dem man im vorgegangenen Jahr vielleicht ein wenig zu leichtfertig den Namen von Erich Maria Remarque gegeben hat, soll nun eine zentrale Abschiebebehörde werden.
Im Flüchtlingshaus in Osnabrück soll nach Plänen der Landesregierung eine zentrale Verwaltung eingerichtet werden, die alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung von Rückführungen und Abschiebungen bündelt und organisiert
Aber nicht nur wegen des absurden Missverhältnisses zwischen dem Leben und Schaffen Remarques, der selbst ein Verfolgter war und mit der Nacht von Lissabon, Liebe Deinen Nächsten und Arc de Triomphe drei ausgesprochene Flüchtlingsromane geschrieben hat, gibt es Kritik.
JUSOS gegen Pläne der SPD Landespartei
Nach der Caritas (HASEPOST berichtete) meldeten sich die Osnabrücker Jusos, die sich zusammen mit ihrer Landesgliederung gegen die Pläne von Innenminister und Parteigenosse Boris Pistorius stellen.
„Wenn den kommunalen Ausländerbehörden die Zuständigkeiten in diesem Bereich weggenommen werden, ist zu befürchten, dass Abschiebungen noch unmenschlicher werden“, erklärt Melora Felsch, Vorsitzende der Jusos-Osnabrück Stadt. Die Behörden vor Ort kennen viel besser die Einzelschicksale der Menschen. „Bei einer zentralen Behörde, die auf effizientere Abschiebungen spezialisiert ist, werden diese wahrscheinlich nicht mehr berücksichtigt“, so Amy Selbig, Vorsitzende der Jusos Niedersachsen.
SPD: Abschiebungen und Willkommenskultur
Ganz anders die SPD-Ratsfraktion, die das Abschiebezentrum mit der gelebten Willkommenskultur in der HAsestadt erklärt.
Sie schreibt: „Die Osnabrücker SPD-Fraktion steht zu der gelebten Willkommenskultur der Osnabrückerinnen und Osnabrücker. „Nicht zu Letzt die Diskussion um die Seebrücke, in der sich engagierte Bürgerinnen und Bürger für Osnabrück als sicheren Hafen eingesetzten haben, hat gezeigt, dass es eine hohe Identifikation mit der Ausrichtung Osnabrücks als Friedensstadt gibt!“, erklären Andreas Reinisch-Klaß, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, und Heiko Panzer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Selbstverständlich steht die Osnabrücker SPD-Fraktion zu den rechtsstaatlichen Verträgen, die Abschiebung europäisch regeln und der Einsicht, dass Abschiebungen zu einer geregelten Einwanderung, die Mitmenschen in Not Zuflucht gewährt, dazugehört.
„Dennoch darf man offen darüber nachdenken, ob ein Haus, das den Namen Remarque trägt und von der Diakonie mit einem sorgfältig erarbeiteten Betreuungskonzept Geflüchtete umsorgt und berät, gleichzeitig ein Abschiebezentrum sein kann“, zeigen sich die beiden Sozialdemokraten nachdenklich.
Oberbürgermeister hofft auf effizientere Verfahren
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert steht ebenfalls den Plänen der Landesregierung offen gegenüber. Ob es geschickt sei, die geplante Behörde in einem Haus unterzubringen, das nach dem in Osnabrück geborenen Autor des Romans „Im Westen nichts Neues“, Erich Maria Remarque, benannt ist, wollte der Oberbürgermeister nicht kommentieren.
„Grundsätzlich befürworte ich eine Landesbehörde, die die Rückführung von Asylbewerbern zentral steuert“, erklärt Oberbürgermeister Wolfgang Griesert. „Derzeit werden vereinzelt immer noch Dublin III-Fälle auch auf die Städte verteilt. Ich hoffe, dass dieses zukünftig dann nicht mehr der Fall ist. Ich hoffe auch, dass das Land bei den Botschaften der Herkunftsländer schneller Ersatzpapiere beschaffen kann als die Kommunen.“
Nicht verantwortbar sei es jedoch, so der Oberbürgermeister, wenn das Land in der Friedensstadt alle Asylbewerber, die aus sicheren Drittländern kämen oder die als Dublin-Fälle registriert seien zuerst an der Sedanstraße untergebracht würden.