10. Januar 2016
Auch diese Woche holen wir am Sonntagabend ein Thema aus dem Papierkorb, das unsere Redaktion bewegt hat.
Heute holen wir den „Pressekodex“ aus unserem Papierkorb, um ihn dort gleich wieder zu versenken!
Warum, dazu gleich mehr. Aber erst einmal wollen wir kurz erklären, was der „Pressekodex“ eigentlich ist. Denn „eigentlich“ ist er eine gute Sache, dieser „Kodex“ (aus dem Lateinischen, hier für „Regelwerk“), in dem sich die Branche selbst einige Regeln auferlegt hat, die es bei der journalistischen Arbeit zu beachten gilt.
Um genau zu erklären worum es sich dabei handelt, schauen wir mal was Wikipedia dazu schreibt. Gleich zu Anfang steht in einem ausführlichen Wiki-Beitrag: „Verleger und Journalisten haben den darin formulierten publizistischen Grundsätzen durch ihre Verbände zugestimmt. Der Pressekodex hat somit den Charakter einer freiwilligen Selbstverpflichtung.“
Wichtige Bestandteile der Erklärung sind „Verbände“ und „Freiwilligkeit“.
Der Pressekodex ist erstmal eine Angelegenheit, die in diversen Verbänden (Verlegerverband, Gewerkschaft ver.di etc,) ausklamüsert wurde. Und vor allem ist es eine freiwillige Selbstverpflichtung. Die Autoren der Wikipedia schreiben daher auch, dass neben den Regeln des Pressekodex sich auch einige praktische Regeln herausgebildet, die qualifizierten Journalismus auszeichnen, zum Beispiel:
- Eine Quelle allein ergibt keine Nachricht. Für eine Nachricht braucht es mindestens zwei voneinander unabhängige Quellen.
- Bei Konflikten sind die Positionen beider Seiten darzustellen.
- Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute
Diesen drei Grundsätzen, und noch einigen mehr, fühlen auch wir von der HASEPOST uns verpflichtet.
Allerdings gibt es immer wieder – vor allem von Seiten einiger wohlmeinender Kollegen – den Hinweis, auch wir sollten uns mit der HASEPOST doch mehr dem Pressekodex unterwerfen. Problematisch scheint für diese unsere Kritiker vor allem zu sein, dass wir grundsätzlich niemals bei Fahndungsmeldungen der Polizei Tätermerkmale weg-kürzen, die uns von der Polizei übermittelt wurden.
Wenn die Polizei meint, einen Tatverdächtigen als „südländisch“ zu beschreiben oder gar die mögliche Herkunft als „Afrikaner“ beschreibt, dann glaubt unsere Redaktion, dass sich die Polizisten (Profis!) dabei was gedacht haben. Und wir glauben auch, dass unsere Leser nicht so blöd sind, wegen einer Täterbeschreibung danach alle dunkelhäutigen oder aus einem südlichen Land stammenden Menschen unter Generalverdacht zu stellen.Deswegen – und weil wir in keinem entsprechenden „Verband“ organisiert sind – verzichten wir mit Freude den Pressekodex anzuerkennen. Außerdem ist er selbst bei den Medien, die sich per Verbandszughörigkeit dazu bekennen, alles andere als unumstritten, selbst in der liberalen Wochenzeitung Die Zeit gab es schon Kritik an dem Verbot bei Straftätern die Herkunft zu nennen.
Aber zurück zum Pressekodex. Dort heisst es auch (8.) „Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung.“ und weiter zum Opferschutz (8.2.) „Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich.“
Nun hat sich der Redakteur, der diesen Text hier gerade tippt, vor ein paar Tagen doch sehr gewundert, dass ausgerechnet nach den Sex-Taten von Köln von der lokalen Tageszeitung ein Opfer vor die Kamera gesetzt wurde, und im Rahmen der Berichterstattung auch der volle Name dieses Opfers genannt wurde. Es ist davon auszugehen, dass es der echte Name des Opfers war, da er inzwischen auf den Buchstaben „F“ verkürzt wurde.
Dieser Lapsus wurde also inzwischen, ohne dies zu kommentieren, korrigiert (Abruf ggf. gebührenpflichtig) – aber „das Internet vergisst nichts“, und mit ein wenig Google-Befragung wird man auch in einigen Jahren noch den vollen Namen der blonden jungen Frau herausfinden können, die vor der Kamera berichtet, wie wildfremde Menschen in ihren Körperöffnungen herumfummelten. Dumm gelaufen – trotz Pressekodex!
Wir schmeissen unser Exemplar des Pressekodex nun wieder in den Papierkorb, auch wenn wir fast alle der dort genannten Regeln gerne und täglich befolgen – mit Ausnahme der von der Polizei zu Fahndungszwecken übermittelten Tätermerkmale.
Denn was nutzt so ein Kodex, wenn man ihn wie eine Bibel vor sich herträgt und zur Kollegenschelte nutzt, selbst aber allzu leicht vergisst?
Unsere Rubrik OutTakes erscheint regelmäßig jeden Sonntagabend, hier sind die bisherigen Beiträge in unserem Archiv zu finden.
So kritisieren uns Kollegen wegen nicht manipulierter Polizeimeldungen: