Der Zoo Osnabrück steuert in diesem Jahr auf ein Rekord-Minus zu. Im ersten Jahr nach dem vorzeitigen Vertragsende mit dem langjährigen Geschäftsführer Andreas Busemann soll sich das Defizit allein beim Kartenverkauf auf knapp eine Million Euro belaufen – so eine interne Quelle, die mit den Zahlen vertraut ist, gegenüber unserer Redaktion.
Auch vor diesem Hintergrund kam es vor knapp drei Wochen zum ‚Showdown‘ zwischen dem Aufsichtsrat und Andreas Busemann. Busemann, dessen Vertrag eigentlich – ohne Aufgabe – bis Mai kommenden Jahres auslaufen sollte, wurde Anfang August fristlos gekündigt.
Busemann, so heißt es auf dem Schölerberg, habe sich nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers Philipp Bruelheide selbst zum „Schatten-Chef“ gemacht und seitdem auf dem Zoo-Parkplatz die Autos gezählt, um daraus Schlüsse über das Besucheraufkommen zu ziehen.
Busemann soll sich zudem mehrfach aus internen Quellen mit aktuellen Zahlen versorgt haben und sich gegenüber Mitgliedern des Aufsichtsrats als Nachfolger seines Nachfolgers – oder zumindest als Berater oder Co-Geschäftsführer an dessen Seite – ins Spiel gebracht haben. Insbesondere bei der Beschaffung dieser internen Zahlen soll es möglicherweise auch zu strafrechtlich relevanten Verfehlungen gekommen sein, die zur fristlosen und vorzeitigen Kündigung Busemanns führten – so heißt es auf dem Schölerberg. Sowohl der Zoo-Aufsichtsrat als auch Busemann schweigen sich jedoch zu den Details der Kündigung aus.
Bereits 2023 machte der Zoo Verluste in Millionenhöhe
Doch nicht erst nach dem Amtsantritt von Bruelheide im Dezember vergangenen Jahres war es schlecht um den Zoo bestellt und es sind bei weitem nicht allein die in diesem Jahr schlechteren Kartenverkäufe. Bereits 2023, im letzten „Busemann-Jahr“, zeichnete sich ab, dass die Finanzlöcher immer tiefer werden. Nach Zahlen der Stadt, die begleitend zur Tagesordnung für den Finanzausschuss veröffentlicht wurden, hat der Zoo im Jahr 2023 einen Verlust von fast zwei Millionen Euro gemacht, wodurch sein Eigenkapital stark gesunken ist. Aktuell beträgt das Eigenkapital demnach nur noch etwa 3,6 % der gesamten Bilanzsumme des Zoos. Wenn sich die finanzielle Lage weiter verschlechtert, könnte das Eigenkapital vollständig aufgebraucht werden – der Fortbestand des Zoos stünde zur Disposition.
Neubewertung der Zoo-Bilanz offenbart Risiken für das Eigenkapital
Dass die Lage des Zoos unter der neuen Führung kritischer gesehen wird als in vergangenen Jahren, liegt nach Ansicht der Stadtverwaltung auch an einer veränderten Betrachtung der Finanzlage und dem Verzicht darauf, mit immer neuen Großprojekten und den zugehörigen Fördermitteln die Bilanz zu ‚optimieren‘. So heißt es in den Erläuterungen für die Mitglieder des städtischen Finanzausschusses: „Bisher gängige Praxis ist es, die Position „andere Sonderposten“ aus der Bilanz, welche wesentlich investive Fördergelder beinhaltet, der Eigenkapitalquote hinzuzurechnen.“
Für Andreas Busemann, wie er gegenüber unserer Redaktion selbst erklärte, sind es higegen vor allem die höheren Eintrittspreise und die dadurch gesunkenen Besucherzahlen, die den Zoo nach seinem vorzeitigen Ausscheiden als Geschäftsführer belasten.
Am Dienstag wird über mehr Hilfen durch die Stadt entschieden
In der ersten Sitzung nach den Sommerferien, am Dienstagabend, werden die Mitglieder des Finanzausschusses darüber beraten, ob sich die Stadt als Minderheitsgesellschafter (25 %) noch stärker als bisher für den Zoo engagieren kann.
Konkret geht es um einen erneuten Zuschuss in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Diese Zahl soll bereits öffentlich auf dem Sommerfest der Zoogesellschaft am Wochenende genannt worden sein und wurde inzwischen im Ratsinformationssystem der Stadt veröffentlicht.
Ein ‚Betrauungsakt‘ zur Deckung der ‚gemeinwohlorientierten Aufgaben‘ des Zoos
Die Stadt Osnabrück, als Gesellschafterin des Zoos, verknüpft diese Unterstützung mit der Verabschiedung eines ‚Betrauungsakts‘, ohne den nach EU-Regularien eine derartige Hilfe aus der öffentlichen Hand nicht möglich wäre.
Der Betrauungsakt ist zunächst auf zehn Jahre befristet und umfasst auch Regelungen zur Vermeidung von Überkompensation. Das bedeutet, dass der Zoo keine höheren Ausgleichszahlungen erhält, als zur Deckung der gemeinwohlorientierten Aufgaben notwendig sind. Sollte es dennoch zu Überschüssen kommen, müssen diese zurückgezahlt oder in den folgenden Zeitraum übertragen werden.
Zoo wird zu Transparenz und Rechenschaft gegenüber der Stadt verpflichtet
Zusätzlich verpflichtet der Betrauungsakt den Zoo zur Trennung der finanziellen Buchführung, um sicherzustellen, dass öffentliche Gelder nicht für kommerzielle Aktivitäten verwendet werden. Die Stadt Osnabrück behält sich das Recht vor, die Einhaltung dieser Vorgaben zu überprüfen.
Stadt kann Finanzspritze erst im kommenden Mai auszahlen
Sollte die Politik in dieser Woche dem Betrauungsakt und der Finanzspritze in Höhe von 1,5 Millionen Euro zustimmen, ist der Zoo jedoch noch nicht sofort wieder in ruhigem Fahrwasser. Die Auszahlung des Betrags hängt von der Genehmigung des nächsten städtischen Haushalts ab, die voraussichtlich erst Mitte Mai 2025 erfolgen wird.