„Ja, aber in Voxtrup, am Westerberg oder in Pye, da funktioniert mein Internet ja ganz gut“, so oder ähnlich wird die Osnabrücker Lokalpolitik wohl auf die Meldung reagieren, dass Osnabrück im Vergleich der 50 größten Städte Deutschlands das langsamste Internet hat.
Eine Beobachtung von Heiko Pohlmann
Und überhaupt, die Meldung kam ja von der Zeitschrift Computer-Bild, soll man der glauben? Und wenn man die für das Marketing verantwortlichen Mitarbeiter (aka „Verkäufer“) von Telekom, O2, Stadtwerke etc. befragt, dann relativiert sich das ja alles. Tut es das wirklich?
Wollen wir wirklich nach Gründen suchen, warum nicht sein darf, was leider bittere Realität ist?
Klar, die bundesweit 4,8 Millionen(!) Speedtests, die zu dem für die Hasestadt unrühmlichen Ergebnis geführt haben, basieren auf unterschiedlichen Verträgen – das gilt aber für alle bundesweit 50 untersuchten Städte.
Vielleicht haben in der Gewinner-Stadt Wuppertal auch tatsächlich mehr Bürgerinnen und Bürger einen besonders schnellen Internetvertrag abgeschlossen. Schnelle Verträge können aber auch nur dann verkauft werden, wenn die Infrastruktur dafür in der Erde liegt. Sonst heißt es beim Verfügbarkeitstest von Telekom & Co, dass der groß beworbene >100Mbit-Anschluss „in ihrer Nachbarschaft nicht verfügbar“ ist. Und das führt dann schon fast automatisch zu einem letzten Platz im bundesweiten Vergleich.
Die vorliegende Untersuchung basiert weitestgehend auf Tests, die auf privat genutzten Anschlüssen durchgeführt wurden. Vermutlich wird in den allermeisten Osnabrücker Haushalten (je nach Mediennutzungsverhalten) zumindest Netflix oder xhamster funktionieren – und die Bestellung bei Amazon oder Zalando nur ein paar Millisekunden langsamer durchgehen als in Wuppertal. Bei Videokonferenzen und anderen Formen der Telearbeit braucht es allerdings „etwas mehr“ als für Onlineshopping und einfaches Videostreaming.
Die eigentliche Katastrophe für Osnabrück ist, dass auch Unternehmen und vor allem Startups unter dem Schnecken-Internet an der Hase leiden. Diese Internetnutzer werden Standortentscheidungen fällen, bei denen die Verfügbarkeit von schnellem Internet eine wichtige Rolle spielt. Auch das Internet in den Privatwohnungen der Mitarbeiter hat dabei eine immer größere Bedeutung – Stichwort: Homeoffice.
Dieser letzte Platz im Online-Speedranking ist ein weiterer Baustein, der zeigt, dass die Verantwortlichen im Rathaus und in der Verwaltung falsche Prioritäten setzen.
Man stelle sich einen investitionswilligen Unternehmer vor, der erstmals nach Osnabrück kommt. Die Hauptverkehrswege in die Stadt sind schwer staugeplagt und sollen zudem noch auf Einspurigkeit umgebaut werden.
Die Innenstadt rund um den Neumarkt sieht aus wie die schlimmsten Ecken von Detroit oder eine postsowjetische Metropole kurz nach 1989. Und noch dazu stehen moderne Elektrobusse im Depot, weil man versäumt hat genügend Fahrer einzustellen. Und dann auch noch so eine Meldung!
Da helfen auch bunte Prospekte und flotte Slogans der Wirtschaftsförderung nicht – die haben auch andere Städte. Schnelles Internet ist ein Schlüsselkriterium bei der Standortwahl!
Die Stadt muss nun reagieren. Die bereits laufenden Aktivitäten der Stadtwerke schnelle Glasfaser zu verlegen, müssen umgehend priorisiert werden. Wo möglich sollten aber auch Wettbewerber der Stadtwerke gefördert werden, ihre Leitungen schnell ans Netz und an den Kunden zu bringen. Wettbewerb ist immer gut – man muss ihn nur zulassen und fördern zum Beispiel durch schnelle Genehmigungsverfahren.
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