Zurück in den Ausschuss, dieses Mal nicht in den Immobilienausschuss, sondern in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA). Obwohl quer durch alle Parteien eine große Einigkeit beteuert wurde – die in wesentlichen Details aber nicht vorhanden war – nimmt die Geschichte um die mögliche Bebauung des alten Klostergartens an der Dominikanerkirche offenbar kein Ende.
Ursprünglich war es Stadtbaurat Frank Otte, der direkt neben seinem Amtssitz einen Neubau entstehen lassen wollte, nachdem er den Lokalpolitikern den Ankauf und den Umbau des alten Finanzamts im Fledder wegen angeblicher Schadstoffbelastung ausgeredet hatte. Nun ist der Geist aus der Flasche und die Diskussion darüber scheint kein Ende nehmen zu wollen.
Das Finanzamt fand inzwischen einen privaten Käufer und der Stadtbaurat kann auch mehr als ein Vierteljahr, nachdem er in verschiedenen Ausschüssen eine detaillierte Raumbedarfsplanung versprochen hatte, immer noch nicht erklären, warum er auf der bisherigen Freifläche eigentlich bauen wollte.
Verwaltung wird nicht kritisiert
Doch all das stand am Dienstagabend nicht zur Debatte. Dass der Baurat nicht liefern konnte, womit den Lokalpolitikern noch immer keine Zahlen vorliegen, wie groß der Raumbedarf der Verwaltung wirklich ist, klang nur ganz leise bei einem Tagesordnungspunkt vorher an, als es um die von der Verwaltung gewünschte Umwidmung eines Restaurants in der Bierstraße zu Büroflächen ging. Ansonsten hielt sich die Politik wie gewohnt mit Kritik an der Verwaltung zurück.
Dabei war es der ohne Begründung eines Bedarfs von Stadtbaurat Otte eingebrachte Antrag für einen Grundsatzbeschluss zum Bau eines Stadthaus 3, der die Lokalpolitiker erst zu dieser Debatte nötigte.
CDU will Fläche „entsiegeln“, Grüne zweifeln an Aufenthaltsqualität
Für die CDU machte Dr. Fritz Brickwedde in seinem Redebeitrag klar, dass für seine Fraktion eine Bebauung nicht mehr in Frage kommt. Allenfalls ein paar Stellflächen für CarSharing-Autos und Behinderte seien noch vorstellbar, ansonsten wünschte sich der CDU-Fraktionschef eine Entsiegelung der Fläche und einen Umbau in einen kleinen Stadtpark. „Wir wollen dort keine Bebauung“, so Fritz Brickwedde.
Für die Grünen erklärte Volker Bajus, dass es nach Ansicht seiner Fraktion an der Stelle niemals „Aufenthaltsqualität“ geben könne, da dort schließlich 30.000 Autos am Tag vorbeiführen.
Ein Argument, das kurz darauf Christoph Bertels von der CDU genüßlich zerpflückte, schließlich gebe es mit dem Willy-Brandt-Platz vor der Agentur für Arbeit und dem Raiffaisenplatz am Hauptbahnhof gute Beispiele, für Parks direkt am Wallring – nur eben nicht in der Altstadt, wo die Bewohner über jede Kaltluftfläche in Tropennächten dankbar seien.
Will BOB nur die Parkplätze sichern?
Dass die CDU dort wirklich, wie beantragt, einen Park entstehen lassen wolle, nahm Bajus der Union nicht ab und unterstellte ihr, dass sie sich vom Zählpartner BOB treiben lasse, die dort Parkplätze fortbestehen lassen wolle.
Derart ins Spiel gebracht, konterte Dr. Ralph Lübbe von BOB, wie einfach es sei, den bestehenden Asphalt zu entfernen und frisches Stadtgrün unter den ebenfalls bereits bestehenden Bäumen zu schaffen. Lübbe erinnerte auch daran, dass jede Form einer Bebauung umfangreiche archäologische Untersuchungen auslösen würde. Die dafür von der Verwaltung geschätzten 300.000 Euro könnten auch schnell zu Kosten von über einer halben Million anwachsen.
SPD wünscht sich Sozialwohnungen am Wallring
Gegen die von BOB und CDU gewünschte klare Abkehr von der Bebauung der Fläche positionierte sich neben den Grünen auch die SPD, die neue Sozialwohnungen auf der Fläche ins Spiel brachte. Es sei nicht sinnvoll, sich schon jetzt von einer Bebauung abzuwenden, mahnte die SPD und wünschte sich eine erneute Behandlung in einem Fachausschuss.
Dass als Fachausschuss für weitere Beratungen am besten der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA) geeignet sei, regte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert an und signalisierte damit wohl auch der CDU-Fraktion, in dieser Angelegenheit nicht mit ihr auf einer Linie zu sein. Griesert betonte auch, dass der Neubau eines Stadthaus 3, zumindest auf dieser Fläche, inzwischen nicht mehr Wunsch der Verwaltung sei.
Brickwedde wendet Abstimmungsniederlage ab
Weil sonst nur noch die drei Ratsmitglieder der FDP zusammen mit der Union stimmen wollten, was nicht für eine Mehrheit gereicht hätte, bemühte sich Fritz-Brickwedde in der Abstimmung eine Niederlage abzuwenden und gab sich versöhnlich.
Brickwedde motivierte alle anderen Fraktionen, ihm zuzustimmen, mit allen drei an diesem Abend vorliegenden Anträgen zurück in den Stadtentwicklungsausschuss zu gehen. Brickwedde betonte dabei, er habe einen deutlichen Willen aller Fraktionen verspürt, sich gegen eine Bebauung zu entscheiden.
Kommentar: Der Wahlkampf 2021 hat begonnen, strittige Themen werden in Ausschüssen „geparkt“
Wann die Thematik des Klostergartens aus dem StUA-Ausschuss wieder zurück auf die große Bühne einer Ratssitzung gelangen wird, ist nun offen.
2021 wird ein neuer Stadtrat gewählt – offenbar werden bereits jetzt erste Streitthemen von der Agenda genommen, um sie rechtzeitig für den Wahlkampf hervorzuholen oder bei Bedarf auch bis zu einem dann neu zusammengesetzten Stadtrat über die Zeit zu retten“, meint der Redakteur und Beobachter der Debatte. Dass ein Stadtrat gewählt wird, um entscheidungsfreudig und im Sinne der Bürger zu entscheiden – bis zum Schluss und ohne Fraktionszwang, Taktiererei und Ränkespielerei –, ist wohl eine zu naive Sicht auf die Realität im Feierabend-Kabinett.