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1 Jahr lang Oberbürgermeisterin: Katharina Pötter über die „Page“, eine zweite Kandidatur und die nächsten Schritte

Oberbürgermeisterin Katharina Pötter / Foto: Dieter Reinhard

Ein Jahr lang ist Katharina Pötter nun Oberbürgermeisterin der Stadt Osnabrück. „Einfach machen“ war ihr Wahlslogan. Unsere Redaktion hat ihr auf den Zahn gefühlt. Im zweiten Teil unseres großen Interviews spricht sie über die Pagenstecherstraße, ob sie noch einmal kandidieren möchte und was als nächstes auf ihrem langen Zettel steht. 

Hier geht es zum ersten Teil.

HASEPOST: Andere Straße, anderes Problem: die „Page“. Die Lösung, die an der Pagenstecherstraße gefunden wurde, ist ein ziemliches Dilemma – Fahrradsicherheit gegen Baumfällungen. Was meinen Sie?

Katharina Pötter: Dilemma trifft es gut, das ist ein klassischer Zielkonflikt, den wir bei vielen kommunalen Entscheidungen haben. Die Situation ist, dass wir über eine unserer Haupteinfahrtsstraßen in die Stadt sprechen, aber auch über eine Hauptachse, um unser wesentliches Industriegebiet, den Hafen, zu erschließen. Wir sprechen also über Industrie und Gewerbe, die auf eine gute Anbindung angewiesen sind. Auf der anderen Seite haben wir eine Situation für Radfahrende, die aus meiner Sicht untragbar ist, weswegen wir schon vor längerer Zeit entschieden haben, die straßenbegleitenden Parkplätze wegzunehmen, um die Dooring-Situation zu verhindern und ein stärkeres Sicherheitsgefühl zu geben.

Wenn man aber den Radverkehr auf der Page und gleichzeitig die Anbindung von Innenstadt und Hafen erhalten will, dann muss an sich die Frage gestellt werden, ob es vertretbar ist, einen Autofahrstreifen pro Richtung zu streichen. Denn irgendwo muss der Verkehr am Ende bleiben und mir ist es lieber, er bleibt auf der Page, als dass er in umliegende Straße mit Wohngebieten wie der Natruper Straße ausweichen. Das möchte ich verhindern und daher glaube ich, dass die Vierspurigkeit existenziell ist.

Daher müssen wir einen Kompromiss finden zwischen Auto- und Radverkehr, aber natürlich auch für die Begrünungssituation. Wenn wir dort Bäume entnehmen, was zwangsläufig der Fall ist, da wir sonst die Breite nicht haben, dann werden wir sie adäquat nachpflanzen. Und da ist doch völlig klar, dass eine Platane, die seit Jahrzehnten dort steht, nicht durch einen Setzling ersetzt wird. Außerdem glaube ich, dass wir hier als Stadt auch eine große Chance und eine hohe Bereitschaft bei den Anliegern haben, auf ihren Grundstücken etwas zu tun und so die Klimaanpassung voranzutreiben. Und diese Chance sollten wir nutzen. Natürlich ist das schwierig und auch schwierig zu erklären, aber für mich gibt es keine Alternative als Vierspurigkeit und Radverkehr auf der Page. Und dann ergibt sich der Kompromiss eben durch entsprechend viele Ersatzpflanzungen.

Oberbürgermeisterin Katharina Pötter / Foto: Dieter Reinhard
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter / Foto: Dieter Reinhard

HASEPOST: Weg von den ganzen Straßen und hin zu einem ganz anderen Thema. Sie sind auch Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke. Was halten Sie vom 49-Euro-Ticket?

Katharina Pötter: Ich bin froh, dass diese Entscheidung auf anderen Ebenen getroffen wurde. Man wird jetzt sehen, was dabei herauskommt. Wichtig ist mir, dass es von Bund und Ländern finanziert wird und nicht bei den Kommunen oder öffentlichen Verkehrsträgern hängen bleibt. Denn der ÖPNV ist bereits in seiner jetzigen Situation schon eine so große Herausforderung, dass ich sicher bin, dass wir sie nicht dauerhaft tragen können. Wenn Bund und Länder also wollen, dass es ein solches Ticket gibt, dann müssen sie auch die Konsequenzen der Finanzierung tragen und es entsprechend ausstatten. Insgesamt ist ein solches Ticket natürlich zu unterstützen. Alles, was den ÖPNV stärkt, kann nur gut sein für die Verkehrswende. Auch wenn ich glaube, dass wir innerstädtisch andere Mittel brauchen, um die Verkehrswende zu erreichen.

HASEPOST: Was möchten Sie bis zum Ende Ihrer Amtszeit noch unbedingt miterleben?

Katharina Pötter: Die Frage ist, wann das Ende meiner Amtszeit ist (lacht).

HASEPOST: Können Sie sich also vorstellen nach den ersten fünf Jahren noch einmal zu kandidieren?

Katharina Pötter: Ich glaube, ich habe bei meinem ersten Termin mit den Mitarbeitenden gesagt, dass fünf Jahre verdammt kurz sind. Ich habe genug Ideen, dass das auch länger wird. Natürlich kann ich mir das vorstellen, aber dafür ist die Zeit noch nicht gekommen.

Aber zurück zur eigentlichen Frage, was ich unbedingt noch miterleben möchte: Also aktuell wäre mir das Wichtigste, dass ich miterlebe, dass wir wieder eine grundsolide Stadtwerke für die Bereiche der Daseinsvorsorge für unsere Bürgerinnen und Bürger haben. In der Zwischenzeit werden wir ein tolles Jubiläumsjahr 2023 gemeinsam mit vielen kulturellen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Events in unserer Stadt erleben dürfen.

Dann würde ich bezogen auf diese Amtszeit gerne noch ein Bändchen am Neumarkt erleben und wenn es aufgrund der zeitlichen Abfolge noch kein Band bei den Johannishöfen sein kann, dann mindestens ein Richtfest und eine großartige Weiterentwicklung am ICO und im Lok-Viertel am Bahnhof.

HASEPOST: Letzte Frage von unserer Seite: „Weniger Worte, mehr Taten“ sagten Sie in ihrem Jubiläumsvideo. Was packen Sie als nächstes an?

Katharina Pötter: Die wesentlichen Dinge für den Moment sind angefasst. Als nächstes geht es darum, die angestoßenen Prozesse und Herausforderungen gut weiterzuführen. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten die nächste große Welle von Geflüchteten zu bewerkstelligen haben. Dann das Thema Stadtwerke und Energiepreiskrise, das nicht zu Ende ist und stetig begleitet werden muss.

Und natürlich versuche ich darüber hinaus das Thema Radverkehr zu forcieren. Wir hatten die ersten Ad-hoc-Maßnahmen am Wall und jetzt wird es darum gehen, nicht nur den Wall, sondern auch die Routen in die Stadt anzugehen. Da gilt dann auch wirklich: Weniger Worte, mehr Taten. Wir werden es nicht hinbekommen, indem wir ganze Straßenquerschnitte und Oberflächengestaltungen infrage stellen. Das heißt, es wird Thema sein, wie wir Fahrradstraßen, mehr Sicherheit und eine bessere Fahrradinfrastruktur schaffen, ohne gleich große Straßenbauprojekte zu verursachen, die Jahre der Planung und Umsetzung brauchen.

Und dann sorgt mich weiterhin die Innenstadt. Dort haben wir schon einiges beginnen können, aber wir könnten als Stadt noch mehr belebende Elemente insbesondere hier in der Altstadt vorantreiben.

HASEPOST: Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg für das kommende Jahr.

 

* Das Interview führte Maurice Guss.


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