Jetzt sind sie da und sie gelten rückwirkend ab 1. Januar: Die Bescheide für die neue Grundsteuer – auch ‚Grundbesitzabgabe‘ genannt. Und obwohl Mieter kein Eigentum an Grund und Boden haben, müssen diese Steuern in der Regel auch als Nebenkosten zusätzlich zur Miete gezahlt werden.
Die bange Frage, die sich Mieter aber auch Nutzer von selbstgenutztem Eigentum stellen: Wird das Wohnen jetzt billiger oder teuerer für mich?
Das Versprechen von Olaf Scholz zur ‚Aufkommensneutralität‘
‚Eigentlich‘, so hatte es jedenfalls Olaf Scholz (SPD) versprochen, als er noch Finanzminister unter Angela Merkel (CDU) war, sollte die reformierte Grundsteuer „aufkommensneutral“ sein. Allerdings nur für die Städte und Gemeinden – die sollten durch die Reform keine Mehreinnahmen erzielen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 mit einem Grundsatzurteil klargestellt, dass die Regierung handeln muss, ohne dabei zusätzliche Belastungen zu schaffen.
Olaf Scholz interpretierte das Urteil also so, dass die Empfänger der Steuer durch die Reform nicht zusätzlich belastet werden sollen. Ganz anders sieht es allerdings bei denen aus, die diese Steuer zahlen müssen. Je nachdem, wie es das Finanzamt sieht, sind Grundstücke nun besser oder schlechter bewertet als vor der Reform. Konkret bedeutet dies, dass wer nach Behördenansicht in einer inzwischen ‚besseren Gegend‘ wohnt, mehr zur Kasse gebeten wird, als Menschen, die in einer eher schlechten Wohnlage residieren – zumindest in der Theorie. Mindestens ’neutral‘ ist diese Reform also tatsächlich nur für den Staat.
Zahlreiche Berichte über massive Steigerungen der Grundsteuer
Inzwischen berichten zahlreiche Empfänger von neuen Grundsteuerbescheiden – u.a. bei ‚X‘ – von exorbitenten Mehrbelastungen von teils mehreren Hundert Prozent – ohne dass sich beim Blick aus dem Fenster ihre tatsächlich Wohnlage verbessert hat.
Das hängt oft damit zusammen, dass zahlreiche Städte und Gemeinden im Zuge der Scholz-Reform die Chance und die Verwirrung der Bürgerinnen und Bürger genutzt haben, um nochmals zusätzlich noch an der Schraube der ‚Hebesätze‘ zu drehen um so nochmals an mehr Geld ihrer Einwohner zu kommen – unabhängig davon, ob die ‚Zechne‘ nun vom Eigentümer oder vom potentiell finanziell schlechter gestellten Mieter gezahlt wird.
Osnabrück hob den ‚Hebesatz‘ zur Grundsteuer nur moderat an
Auch in Osnabrück wurde in der letzten Ratssitzung vor dem Jahreswechsel der Hebesatz angepasst. Die Stadtverwaltung beteuert jedoch, dass dies nur geschah, um ein insgesamt gleichbleibendes Steueraufkommen sicherzustellen. Das bedeutet wohl im Umkehrschluss, dass es in Osnabrück nach der Reform zahlreiche „schlechte Lagen“ geben wird, deren geringere Grundsteuereinnahmen durch die Anhebung des Hebesatzes ausgeglichen werden müssen.
Stadtsprecher Arne Köhler stellte bereits Anfang des Monats gegenüber unserer Redaktion klar: „Die Stadt Osnabrück wird durch die vorgeschlagene Veränderung weder mehr noch weniger Einnahmen aus der Grundsteuer haben.“
Welche Erfahrungen haben unsere Leserinnen und Leser gemacht?
Doch wie sieht es tatsächlich aus? In einer kurzen Umfrage unserer Redaktion konnte bislang kein Haus- oder Wohnungseigentümer von einer tatsächlich gesunkenen Grundsteuer berichten. Die genannten Steigerungen lagen zwischen knapp unter 5 Prozent bis deutlich über 60 Prozent, die nun – sofern die Immobilie nicht selbst bewohnt wird – an die Mieter und Mieterinnen über die Nebenkosten weiterberechnet werden.
Wir freuen uns über Erfahrungen unserer Leserinnen und Leser mit den aktuellen Grundsteuerbescheiden unter dem Beitrag zu diesem Artikel auf Facebook.