„Die wichtigste Ratssitzung des Jahres“, so bezeichnete Bürgermeister Burkhard Jasper als Ratsvorsitzender am Dienstag die letzte Ratssitzung des Jahres.

AFP

Den Anfang bei den Haushaltsreden, die immer auch ein Schaulaufen der Parteiprogrammatik sind, machte für die CDU ihr Fraktionsvorsitzender Dr. Fritz Brickwedde.
Sein erstes Thema zur Sache – nach der Forderung ganz allgemein die Kassenkredite von derzeit noch 90 Millionen Euro abzubauen: Die Wohnungsbaupolitik. Abweichend von den seit 2014 vom Rat beschlossenen und als Ziel formulierten 3.000 neuen Wohnungen, forderte Brickwedde gleich 5.000 neue Wohneinheiten „für jedes Alter und jeden Geldbeutel“.
Durch bereits in Angriff genommene Grundstückskäufe in Hellern und im Schinkel könne dieses Ziel gelingen, so Brickwedde. Eine besondere Rolle für den Wohnungsbau komme den drei bewährten Osnabrücker Wohnungsbaugenossenschaften zu, so der CDU-Fraktionsvorsizende, was als Seitenhieb gegen die Forderung einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu verstehen sein dürfte. Und weiter: „Deshalb brauchen wir auch keine neue kommunale Wohnungsbaugesellschaft, die mit Millionenbeträgen aufgebaut werden müsste und erst in mehreren Jahren erste Ergebnisse zeigen könnte.“
In Vorgriff auf eine spätere Entscheidungsfindung, betonte Brickwedde, dass seine Fraktion voll hinter einem geplanten Umbau der in Osnabrück zu gleichen Teilen von Wirtschaft und Verwaltung getragenen Wirtschaftsförderung steht.

Dass erst kürzlich Vertreter des Handwerks kritisch zur Verkehrslage in Osnabrück Stellung genommen haben, sollte die Politik sehr ernst nehmen, so Brickwedde: „Wenn Handwerker, Pendler die zu ihren Arbeitsplätzen müssen, und Verbraucher, die in Osnabrück einkaufen wollen, die Verkehrssituation negativ sehen, betrifft das die Zukunftsfähigkeit der Stadt“, so der CDU Fraktionsvorsitzende, dem am Ende seiner Rede noch Zeit fehlte um auch zum Themenkreis Kultur Stellung zu nehmen.

SPD verbindet Haushalt mit Forderung nach kostenfreien Kitas

Frank Henning bezeichnete für die SPD den Haushalt als solide aufgestellt. Bereits im vergangenen Jahr gab es einen Überschuss und auch für die Folgejahre werden Überschüsse erwartet, zeigte sich Henning optimistisch. Damit leitete er argumentativ seine Forderungen nach Mehrausgaben ein, die er zum Beispiel der Bildung zukommen lassen will. Recht weit vom eigentlichen Thema – dem Haushalt der Stadt Osnabrück – entfernt, lavierte Henning über Erfolge der Landesregierung in der Bildungspolitik um dann auf die Gebührenfreiheit in den Kitas zu kommen, die er für Osnabrück durchsetzen möchte.
Dem Oberbürgermeister warf Henning vor, als Konservativer sich nicht mehr in die Lage von einfachen Arbeitnehmern versetzen zu können. Seine Partei, die SPD, wolle die Mitte der Gesellschaft entlasten, die arbeitenden Menschen dieser Stadt und die Mittelschicht zu entlasten.
Angesichts der Überschüsse könne sich die Politik die Beitragsfreiheit  leisten, rechnete Henning anhand einiger anderer Haushaltsposten vor, um die der Haushalt der Stadt zukünftig entlastet wird.

Ein weiterer Punkt in Hennings Haushaltsrede war die „soziale Stadt“, wobei er vor allem den Schinkel als Ziel zukünftiger Förderungsprojekte sieht. Allerdings meine er damit nicht ein „mehr Polizei“, wie es seiner Ansicht nach die CDU fordern würde, sondern mehr Sozialarbeiter, mehr Geld für die SPD-nahe Arbeiterwohlfahrt und Betreuung bulgarischer Zuwanderer.

Über die Konkurrenzsituation auf dem Wohnungsmarkt, bei der Flüchtlinge und Zuwanderer mit Einkommensschwachen und dem Mittelstand konkurrieren, kam schließlich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende zum Wohnungsbau in der Hasestadt, deren Heil in der Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft liegen würde.

Grüne beklagen „Meckerei“ über Baustellen

Volker Bajus, Fraktionsvorsitzender der Grünen, erinnerte an 20 Jahre Sparhaushalte, die eine Belastung für die Verwaltung darstellten. Bajus dankte auch den Steuerzahlern, die den Haushalt der Stadt ermöglichen und kritisierte Großunternehmen wie Apple, Amazon oder die Deutsche Bank, die er indirekt als Schmarotzer darstellte.
Nach einigen Minuten fand Volker Bajus dann doch noch zurück zum Standort Osnabrück und da dann zum Wohnungsmarkt Osnabrück. In Zukunft solle die Lokalpolitik wieder Einfluss auf den Wohnungsmarkt nehmen und daher bedürfe es einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft [Anmerkung der Redaktion: Darum geht es allerdings im aktuellen Haushalt der Stadt Osnabrück nicht].

Mit 500 Bäumen zur Stadtbegrünung einem Sonderprogramm zur Dachbegrünung wollen die Osnabrücker Grünen das Stadtklima besser machen, und auch die Busbeschleunigung und Elektrifizierung freut die Grünen ebenso wie mehr Investitionen in das Radwegenetz. Die Erreichbarkeit der Innenstadt wollen die Grünen auch zukünftig erhalten, allerdings mit ÖPNV und Fahrrädern. „Meckerei“ über Baustellen will Bajus nicht mehr hören und beklagt persönliche Angriffe, die „unter die Gürtellinie“ gingen, dabei ginge es doch bei den meisten Baustellen um den Ausbau der Infrastruktur.
Der Gebührenfreiheit von Kitas, die kurz zuvor Frank Hennig für die SPD gefordert hatte, erteilte der Fraktionsvorsitzende der Grünen eine Absage.
Wie zuvor bei Fritz Brickwedde, und Frank Henning, reichte auch die Redezeit von Volker Bajus nicht mehr aus, um sich auch zur Kulturpolitik im Detail zu äußern.

FDP gegen Stellenausbau in der Verwaltung

Dr. Thomas Thiele ergriff für die FDP das Wort und beklagte, dass die Bürger nicht mehr mit den Vertretern der Partei zufrieden sind und sah einen Grund auch darin, dass seiner Fraktion nur 5 Minuten Redezeit zum Haushalt zugebilligt werde. Den positiven Blick auf den Haushalt, den zuvor CDU und SPD gezeichnet haben, wollte Thiele nicht teilen. „Wir schieben über 400 Mio. Euro Schulden vor uns her, unser Girokonto wird mit über knapp 70 Mio. Euro überzogen, die Nettoneuverschuldung beträgt in 2019 30 Mio. Euro“, so Thiele.
Neben dem Umbau der Verwaltung, der um einen Vorstandsposten aufgestockt wird, kritisierte Dr. Thiele, dass die Verwaltung in den vergangenen Jahren um 60 Stellen ausgedehnt wurde, von denen allein drei neue Stellen im Umfeld des Oberbürgermeisters entstanden.
Einer Wohnungsbaugesellschaft erteilte der Liberale ebenso eine Absage, wie der Forderung der SPD nach einer Gebührenfreiheit für die Kitas.

Linkspartei beklagt Stellenmangel in der Verwaltung

Während zuvor nach die FDP ein zu viel an neuen Stellen in der Verwaltung kritisierte, beklagte wenige Minuten später Giesela Brandes-Steggewentz für die Linkspartei, die zusammen mit der FDP ein Teil der „Regenbogenkoalition“ bildet, exakt das Gegenteil und beklagte einen Personalmangel in der Verwaltung und forderte ein Ende von Einsparungen in der Verwaltung, nicht nur beim Personal.
Mit Verweis auf den Vonovia-Konzern, der zuvor auch schon von SPD und Grünen als Kronzeuge für die Wohnungsmisere genannt wurde, forderte auch die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei eine Wohnungsbaugesellschaft.

Der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) schickte Dr. Ralph Lübbe in den Ring. Der Politik-Newcomer begann seine Rede ausnahmsweise mit der Kulturpolitik, der sich Bob nicht verschliessen will.
„Mega-Desolat“ sei der Zustand der Bausubstanz einiger Schulen, die deshalb
„Protected Bikelanes“ lehnte Dr. Lübbe ab und kritisierte ideologisch geprägte Aktionen wie das Parklet in der Dielingerstraße und die Sperrung der Martinistraße für den autofreien Sonntag. Mit Erwähnung auf das geplante Neubaugebiet an der Düte in der Hellern sorgte der BOB-Politiker für weitere Unruhe und Zwischenrufe von Seiten der Grünen und der SPD, die sich als Befürworter des Baugebiets nahe dem Naturschutzgebiet positionieren. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft lehnte Dr. Lübbe ebenso ab wie die Verbannung des Autos aus den Innenstädten.

Für die Gruppe UWG und Piraten nahm Wulf-Siegmar Mierke den Haushalt ins Visier, den seine Gruppe sehr kritisch sieht.
Die Personalaufstockung wird die Stadt langfristig belasten, befürchtet Mierke. Der Oberbürgermeister möge die Arbeitsabläufe optimieren, einer Ausweitung des Vorstands erteilte die nur aus zwei Ratsmitgliedern bestehende Gruppe eine Absage.

Nach den Fraktionsvorsitzenden meldeten sich in der mehr als zwei Stunden andauernden Debatte auch noch zahlreiche Ratsmitglieder aus der zweiten und dritten Reihe zu Wort, die jedoch oft nur das zuvor gesagte wiederholten oder alte Grundsatzdebatten aufwärmten. Wir beschränken uns daher auf die obigen Ausschnitte.