Die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland könnte laut einer Studie des Ifo-Instituts für das Bundesfinanzministerium gesamtwirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe verursachen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen hängen demnach stark davon ab, wie viele junge Menschen betroffen wären.
Auswirkungen auf Wirtschaftsleistung
Die Studie betrachtet drei Szenarien: Wären sämtliche junge Menschen eines Jahrgangs (100 Prozent) wehrpflichtig, könnte die Wirtschaftsleistung Deutschlands um 1,6 Prozent oder fast 70 Milliarden Euro zurückgehen. Würde etwa ein Viertel eines Jahrgangs einberufen, ähnlich wie bei der letzten Ausformung der Wehrpflicht in Deutschland, könnte die Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent oder 17 Milliarden Euro schrumpfen. Und selbst wenn nur 5 Prozent eines Jahrgangs, entsprechend dem schwedischen Modell, eingezogen würden, könnte es zu einem Rückgang von 0,1 Prozent oder drei Milliarden Euro kommen.
Marcel Schlepper, Ifo-Militärexperte, merkt an: “Eine Wehrpflicht im Rahmen eines sozialen Pflichtjahres würde jährlich wirtschaftliche Kosten verursachen, die in etwa so groß sind, wie die Mittel aus dem Verteidigungshaushalt und dem Sondervermögen Bundeswehr im Jahr 2024 zusammen.”
Alternativen zur Wehrpflicht
Die hohen Kosten entstehen laut Studie vor allem dadurch, dass junge Menschen erst später beginnen, Humankapital und Vermögen aufzubauen. Ifo-Forscher und Leiter des Ifo-Zentrums für Internationalen Institutionenvergleich und Migrationsforschung, Panu Poutvaara, schlägt deshalb vor: “Als Alternative zur Wehrpflicht wäre es sinnvoller, die Bundeswehr mit mehr Mitteln auszustatten, um sie als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Denkbar wäre, den Wehrdienstleistenden höhere Gehälter zu bezahlen.”
Obwohl das den Staatshaushalt stärker belasten würde, wären die gesamtwirtschaftlichen Kosten im Vergleich zur Wehrpflicht deutlich geringer: nämlich 37 statt 70 Milliarden Euro (im 100-Prozent-Szenario), neun statt 17 Milliarden Euro (im 25-Prozent-Szenario) und zwei statt drei Milliarden Euro (im Fünf-Prozent-Szenario). Zudem würden die militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr in jedem Szenario im gleichen Maße wachsen.
Soziale Gerechtigkeit und Wehrgerechtigkeit
Die Studie stellt zudem fest, dass die negativen wirtschaftlichen Folgen einer Wehrpflicht primär bei den Wehrdienstleistenden selbst liegen, die ihre Bildungs- und Berufsplanung anpassen müssen. Poutvaara betont: “Wenn nur ein kleiner Anteil eines Jahrgangs verpflichtet werde, wirft das angesichts der ungleichen Verteilung der Lasten erhebliche Zweifel an der Wehrgerechtigkeit auf.”
Schlepper fügt hinzu: “Bei einer Wehrpflicht entstehen für die Nicht-Wehrpflichtigen kaum Kosten. Das mag erklären, warum eine Wehrpflicht insbesondere bei jenen Altersgruppen so beliebt ist, die nicht selbst betroffen wären.”
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