Seit der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Kabelgebühren zum 1. Dezember 2021 und dem Ende der Übergangsfrist zum 30. Juni 2024 sind unseriöse „Medienberater“ in Osnabrück verstärkt unterwegs, um Verträge für Kabelfernsehen abzuschließen. Die Verbraucherzentrale warnt eindringlich vor diesen Haustürgeschäften und bietet Ratschläge, wie man sich gegen die Praktiken schützen kann.
Das Nebenkostenprivileg ermöglichte es dem Vermieter bisher, die Kosten für den gemeinsamen Kabelanschluss über die Betriebskostenabrechnung auf alle Hausbewohner umzulegen. Doch mit dem Gesetz, das am 1. Dezember 2021 in Kraft trat und eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2024 gewährt, werden diese Gebühren aus den Nebenkosten gestrichen. Diese Änderung gibt den Verbrauchern mehr Freiheit bei der Wahl ihres Fernsehempfangs, jedoch öffnet sie auch Tür und Tor für fragwürdige Verkaufsversuche.
„Medienberater“ im Stadtteil Westerberg unterwegs
So waren am Dienstag (16.04.) unter anderem im Osnabrücker Stadtteil Westerberg mehrere Verkäufer unterwegs, um Haustürgeschäfte zu machen. Dabei handelt es sich in der Regel jedoch selten um Vertriebsmitarbeiter des jeweiligen Kabelanbieters, sondern vielmehr um freie Handelsvertreter oder Mitarbeiter eines beauftragten Vertriebsunternehmens, die auf Provisionsbasis arbeiten. An jedem abgeschlossenen Vertrag verdienen diese also mit, weshalb sie möglichst viele Abschlüsse erzielen wollen.
Brancheninsider: „Das Ziel ist, dass die Berater möglichst schnell in die Wohnung kommen.“
Ein Brancheninsider, der früher für solch ein Vertriebsunternehmen tätig war und seinen Namen an dieser Stelle nicht genannt haben möchte, berichtet unserer Redaktion: „Das Ziel ist, dass die Berater möglichst schnell in die Wohnung kommen. Sitzt man erst mal mit den Bewohnern am Tisch, ist es für diese schwerer, die unliebsamen Gäste wieder loszuwerden.“ Schon damals, als der Insider noch Verträge für einen Pay-TV-Sender an der Haustür abgeschlossen hat, habe man sich die wildesten Argumente ausgedacht, um Menschen zum Vertragsabschluss zu drängen. „Die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs öffnet den Vertrieblern jetzt natürlich sämtliche Türen. Die wittern verständlicherweise das große Geschäft, weil sie den Leuten erzählen können, dass sie ab 1. Juli kein Fernsehprogramm mehr empfangen können.“
Verbraucherzentrale bestätigt unseriöses Vorgehen
Die Verbraucherzentrale bestätigt das unseriöse Vorgehen und schreibt, dass Mieter teilweise unter Druck gesetzt würden, indem man ihnen mit der Abschaltung des Kabelanschlusses droht oder eine Schwarznutzung unterstellt. So seien Fälle bekannt, bei denen „Medienberater“ dies ausnutzen und versuchen, Verbraucher unter dem Vorwand einer Schwarznutzung zur Vertragsunterschrift zu drängen, da es ansonsten „sehr teuer“ werden könnte.
Das ist jedoch nicht zutreffend. Wenn man den Kabelanschluss ab 1. Juli nicht mehr nutzen möchte, wird dieser ungenutzte Anschluss nämlich durch den Anbieter gesperrt. Dies kann auf zwei Arten erfolgen: Wenn die Hausverkabelung über ein so genanntes Sternnetz erfolgt, kann der Kabelanschluss der einzelnen Wohnung zentral vom Keller aus gesperrt werden. Wenn die Hausverkabelung über die ältere Baumstruktur erfolgt, dann muss in der Wohnung eine entsprechende Sperrdose gesetzt werden, die nicht entfernt werden darf – andernfalls macht man sich aufgrund der Erschleichung von Leistungen strafbar.
Es gibt Alternativen zum Kabelanschluss
Doch auch wenn man sich gegen Kabelfernsehen entscheidet, kann man ab Juli weiterhin fernsehen. Alternativen zum herkömmlichen Kabelanschluss sind DVB-T2 HD, IPTV (klassisch und Streaming) sowie Satellitenfernsehen. Und natürlich kann auch weiterhin Internet und Telefon über das Kabel bezogen werden, ohne das TV-Signal zu nutzen. Hierfür wird dann eine entsprechende Filterdose durch den Anbieter installiert.
Die Verbraucherzentrale warnt vor den unseriösen Methoden der Haustürverkäufer und gibt klare Handlungsempfehlungen: Niemanden in die Wohnung und nicht unter Druck setzen lassen sowie auf keinen Fall etwas an der Haustür unterschreiben. Sollte es dennoch zu unerwünschten Vertragsabschlüssen – eventuell sogar ohne Unterschrift – kommen, gilt bei Haustür- und Telefongeschäften ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Sollte die Kontaktaufnahme telefonisch erfolgen, wird dazu geraten, auf keinen Fall auf eine Frage mit Ja zu antworten und einfach aufzuflegen, auch wenn es unhöflich erscheint.