Polizeieinsatz in Melle nach Wohnwagenbrand / Foto: Westermann
Am späten Samstagabend (23. Juli) kam es auf einem Campingplatz in Melle zu einem Brand – ein Wohnwagen stand in Flammen. Nach Angaben der Polizei habe sie sich während der Löscharbeiten mit betrunkenen Gaffern auseinandersetzen müssen. Jetzt meldet sich eine Zeugin, die eine ganz andere Sicht auf die Geschehnisse vor Ort schildert.
Die Fakten: Gegen 23:15 Uhr hatten Anwohner am Ludwigsee ein Knallgeräusch wahrgenommen. Als die Freiwillige Feuerwehr eintraf, stieg Rauch über dem Gelände auf und der Wohnwagen eines 50-Jährigen stand in Vollbrand. Das Feuer drohte unmittelbar auf einen weiteren Wagen und ein Zelt überzugreifen. Rund 15 Minuten nach Alarm hatten die Feuerwehrleute den Brand bereits unter Kontrolle. Um die Arbeit der Feuerwehr nicht zu behindern und eine Gefährdung für die anderen Gäste des Campingplatzes auszuschließen, erteilte die Polizei für den Einsatzort Platzverweise – auch für einen 27- und einen 52-Jährigen.
Zwei Seiten – zwei Wahrnehmungen
Ab hier gehen die Erlebnisse auseinander: Die Polizei schildert, dass sie den 27-Jährigen mehrfach und mit Nachdruck aufforderte, „die Brandörtlichkeit aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen zu verlassen“. Auf den Ausspruch eines Platzverweises habe der junge Mann zunehmend aggressiv reagiert und wiederholt versucht, den Gefahrenbereich zu betreten. „Dieses Verhalten machte den Einsatz von Pfefferspray, worauf der Mann nicht reagierte, und sodann den Einsatz eines Schlagstocks, worauf der Mann ebenfalls nicht reagierte, erforderlich, um den Platzverweis durchzusetzen“, heißt es vonseiten der Polizei. Auch einen Diensthund, der – wie die Polizei bestätigte – den Mann verletzte, wurde eingesetzt.
Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt eine Zeugin, die selbst Urlaub auf dem Platz machte, davon, dass der 27-Jährige, der im Nachhinein von der Polizei als Gaffer dargestellt wurde, der eigentliche Held gewesen sei: Denn er habe den 50-Jährigen Wohnwagenbesitzer zunächst alleine, als dieser jedoch feststeckte mithilfe seines 52-jährigen Vaters, aus dem brennenden Wohnwagen gerettet. Das hingegen decke sich laut Polizei allerdings nicht mit den Wahrnehmungen der eingesetzten Polizeikräfte und den Erkenntnissen aus den Zeugenbefragungen vor Ort.
Diensthundeinsatz nötig?
Im Anschluss wollte er, so die Augenzeugin, nach seiner Frau und seinen Kinder sehen, als die Polizei ihn jedoch nicht vorbeiließ, wurde es auf beiden Seiten laut. Die Beamten griffen zu Pfefferspray, nach dessen Einsatz er sich zusammengekrümmt habe, die Polizisten griffen dennoch zu einem Schlagstock.
„Ich verstehe nicht, warum sie Schlagstöcke verwendeten, obwohl er sich schon gekrümmt hat“, so die Augenzeugin, die nach Recherchen unserer Redaktion auch keine persönliche Bindung zu der Familie hat. Der 27-Jährige wurde im RTW versorgt. „Es schien, als hätte sich die Lage beruhigt“, sagt die Frau. In der Zwischenzeit sei die Frau des jungen Manns aufgetaucht, doch die Schwiegermutter und ein Säugling fehlten noch. Als er nach ihnen sehen wollte, wiederholte sich das Spiel. Die Polizei sei ihn verbal angegangen, wollte seine Personalien haben. Der 27-Jährige verweigerte dies und entfernte sich rückwärts von den Beamten. „Von ihm ging keinerlei Gefahr aus“, so die Zeugin. Dann sei die Bullitür eines Polizeiwagens aufgegangen und der Polizeihund ohne Maulkorb habe sich in seinem Schenkel verbissen.
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte die Polizei, dass bei Einsätzen grundsätzlich immer mal eine Streife dabei sei, die einen Hund dabei habe. Letztlich handle es sich um ganz normale Polizisten, die auch reguläre Einsätze anfahren. Dass der 27-Jährige von dem Polizeihund verletzt wurde, bestätigte auch die Polizei – allerdings habe er eine sofort eingeleitete medizinische Versorgung der Bisswunde durch eine vor Ort befindliche RTW-Besatzung abgelehnt. Fraglich ist, wieso er die Behandlung verweigerte, denn am nächsten Morgen suchte er ein Krankenhaus auf – seine Wunde hätte sich entzündet, da er keinen Tetanusschutz habe. Ein Bild wurde unserer Redaktion zugespielt. Nach Aussagen der Zeugin, die in Kontakt mit dem Patienten steht, liege er nach wie vor im Krankenhaus und müsse aufgrund der Tiefe der Entzündung vermutlich operiert werden.
Held oder Gaffer?
Der junge Mann und sein Vater wurden im Anschluss mit auf die Wache genommen, auf Anordnung der Staatssanwaltschaft Osnabrück wurden ihnen eine Blutproben entnommen. Vor Ort hätten die Beamten einen „deutlichen Atemalkoholgeruch“ festgestellt. Die Männer erhalten Strafanzeigen wegen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, der Sohn zusätzlich wegen Körperverletzung, teilte die Polizei mit. Nach bisher unbestätigten Angaben soll auch der 27-Jährige sich gegen das Vorgehen der Polizei am Einsatzort mittels Anwalt wehren. Die 180 Grad-Wende „vom Retter zum Gaffer“ versteht die Zeugin absolut nicht. „Keiner hat sich an das Feuer getraut und er hat einfach, ohne darüber nachzudenken, geholfen.“
Unsere Redaktion versuchte auch vergeblich den Campingplatzbetreiber zu erreichen, um eine dritte Seite zu hören.