Georgsmarienhütte ist eine Stadt mit viel Wald und vielen attraktiven Wanderwegen. An diesen stehen hunderte Bänke, die zu einer Rast einladen. Nun ist bekannt geworden, dass ein Eigentümer von Waldflächen im Stadtgebiet elf Bänke an unterschiedlichen Standorten im Stadtgebiet nicht mehr duldet und diese daher abgebaut werden sollen. Das steckt dahinter.
Zunächst gilt festzuhalten: Die Stadt Georgsmarienhütte ist – wie alle anderen Behörden, genauso wie die Bürgerinnen und Bürger – strikt an die von Bund und Ländern erlassenen Gesetze und deren Auswirkungen gebunden. Dieses gilt dementsprechend auch bei den sich daraus mitunter ergebenden Haftungsfragen, wenn beispielsweise eine Person zu Schaden kommt. Derartige Fragen betreffen dabei nicht nur den Straßenverkehrsraum oder öffentliche Plätze, sondern eben auch das Betreten von Waldflächen zu Freizeit- und Erholungszwecken.
Dabei ist in Niedersachsen das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) einschlägig. Dort werden unter Paragraph 30 die Haftungsfragen geregelt. Im Kern wird dabei in sogenannte typische und in atypische Waldgefahren unterschieden. Heißt: Wer bei beim Spazierengehen auf einem Wanderweg über einen herabgefallenen Ast stolpert und sich womöglich verletzt, kann die Waldbesitzerin oder den Waldbesitzer dafür nicht in Haftung nehmen – es handelt sich um eine typische Waldgefahr. Diese grundsätzliche Haftungserleichterung der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht ist durch den Bundesgerichtshof im Jahr 2012 bestätigt worden.
Bänke in Georgsmarienhütte sind atypische Gefahren
Bei den atypischen Gefahren sieht es hingegen anders aus – liegen diese vor, können die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer haftbar gemacht werden. Zu den atypischen Gefahren gehören Sitzbänke, aber auch Schautafeln, Schranken, Kunstwerke oder Brücken. Also alles Gegenstände, die nicht „typisch“ – sozusagen von Natur aus – im Wald anzutreffen sind. In der Konsequenz bedeutet das: wird eine auf einer Bank sitzende Person beispielsweise von einem herabfallenden Ast getroffen, kann es zu Haftungsansprüchen gegenüber der Waldbesitzerin oder dem Waldbesitzer kommen.
Im Fall der nun in Rede stehenden elf Bänke im Stadtgebiet ist das Niedersächsische Forstamt Eigentümer der Waldflächen. Die Aufstellung der Sitzbänke ist zwischen Landesforsten und der Stadt Georgsmarienhütte in einem Gestattungsvertrag geregelt worden. Dieser Vertrag wurde durch die Landesforsten gekündigt. Ein neuer Gestattungsvertrag – der zum Erhalt der Bänke erforderlich ist – sei laut Landesforsten nur abschließbar, sofern die Stadt die erforderliche Verkehrssicherungspflicht übernehme. Angesichts der geringen Anzahl und des ohnehin in einigen Fällen bereits maroden Zustandes der Bänke sowie insbesondere des im Verhältnis hohen (fachlichen) Pflegeaufwandes – die Verkehrssicherung muss in einem Umkreis von 30 Metern um die Bänke erfolgen – hat sich die Stadt Georgsmarienhütte dazu entschieden, die elf Standorte aufzugeben. Es ist von Seiten der Stadt Georgsmarienhütte allerdings ausdrücklich nicht geplant, weitere Bänke zu entfernen.
An den betroffenen Standorten stehen auch Bänke, die durch die örtlichen Heimatvereine aufgestellt worden sind. Die Heimatvereine sind durch die städtische Verwaltung über den Sachverhalt entsprechend informiert worden. Dabei ist das Thema nicht grundsätzlich neu. Bereits seit Einführung des „Masterplans Wandern“ durch den Natur- und Geopark TERRA.vita ist die Rechtslage immer wieder erörtert worden. Die beliebten „Terra.Tracks“ etwa werden durch das Team des Geoparks gepflegt und unterhalten. Und die Stadt Georgsmarienhütte ist mit der Problematik nicht allein. So werden unter anderem laut Presseberichten in der Gemeinde Schömberg im Nordschwarzwald derzeit 60 von 400 Sitzbänken abgebaut.
Bürgermeisterin bedauert Abbau der Bänke
„Es ist mehr als verständlich, dass solche juristischen Feinheiten für Verdruss und Verärgerung bei den Bürgerinnen und Bürgern sorgen. Mir geht es da mitunter nicht anders und wir haben uns diese Entscheidung auch nicht leichtgemacht. Aber letztlich sind wir als Stadt, genauso wie die Landesforsten, eben an die gesetzlichen Vorschriften gebunden und wir können die erforderlichen Verkehrssicherungspflichten für die elf Standorte allein nicht stemmen – so bedauerlich das auch ist. Letztlich ist hier der Gesetzgeber gefragt, praktikablere Lösungen zu finden“, so Bürgermeisterin Dagmar Bahlo. Außerdem investiere die Stadt Georgsmarienhütte auch regelmäßig in neue Rastanlagen oder in den Erhalt bestehender, bei denen die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht geregelt sei.