Insgesamt 12 Fahrradfahrer starben seit 2004 auf den Osnabrücker Straßen. Viele davon gerieten im sogenannten „Toten Winkel“ unter abbiegende LKW.
Eine aktuelle Hinweiskampagne für mehr Verkehrssicherheit erreicht allerdings vorwiegend Fußgänger.
Unter Federführung der IHK, zusammen mit der Handwerkskammer und dem Logistikverband KNI sowie dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe (GVN) fanden in den vergangenen Jahre zahlreiche Veranstaltungen statt, um für mehr Sicherheit auf Osnabrücks Straßen zu sorgen und sowohl LKW-Fahrer wie Radfahrer für das Risiko im Toten Winkel übersehen zu werden zu sensibilisieren.
Nachdem 2016 auf Großflächenplakaten an den Einfahrstraßen auf die Gefahren beim Abbiegen hingewiesen wurde, läuft in diesem Sommer eine erneute Plakataktion auf zahlreichen CityLight-Postern in der Osnabrücker Innenstadt. Die Warnplakate wurden oft in direkter Nähe zu potentiellen und bekannten Unfallstellen aufgehängt.
Kleiner Schönheitsfehler: Sie hängen allesamt auf der von der Fahrtrichtung abgewandten Seite und werden von den eigentlichen Adressaten, den LKW- und Fahrradfahrern nicht gesehen.
An der „Todeskreuzung“ zeigt das Plakat zu einer Hauswand
Auch an einem besonders sensiblen Standort, in Sichtweite zur der als „Todeskreuzung“ bekannten Kreuzung Johannistorwall / Kommenderiestraße, wurde ein Warnplakat aufgehängt. Dort hatte es in den vergangenen Jahren mehrfach tödliche Unfälle gegeben.
Das CityLight-Gerät an der gegenüberliegenden Straßenseite des Unfallschwerpunkts steht jedoch leicht verdreht zur Straße und wird zudem entgegen der Fahrtrichtung von parkenden Autos verdeckt. Nur wer sich als Fußgänger zwischen Hauswand, Fahrrad- und Parkstreifen hindurchzwängt, kann dieses Plakat sehen.
Damit die „bezahlte“ Werbung in der Fahrtrichtung auch wirklich gut von den Verkehrsteilnehmern gesehen werden kann, wurde seinerzeit bei der Aufstellung an der unfallträchtigen Kreuzung extra ein Parkplatz auf dem Seitenstreifen entfernt und eine Fläche vor dem Plakatständer freigelassen.
Die Rückseite ist allerdings für den Betreiber der CityLight-Anlagen offensichtlich nicht besonders wichtig – hier allerdings landete die Kampagne mit dem unter Umständen lebensrettenden Hinweis. Ähnlich sieht es nicht nur an der „Todeskreuzung“, im gesamten Stadtgebiet ist die Platzierung auf der Rückseite für Verkehrsteilnehmer nur schlecht wahrnehmbar.
Nur wenige Meter weiter, auf der gegenüberliegenden Seite des Johannistorwalls (siehe Titelbild), wurde ein weiteres Poster aufgehängt. Auch an diesem Standort präsentiert sich das Plakatmotiv nur den Fahrradfahrern, die hier entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung radeln – oder Fußgängern auf dem Weg zur nahen Arbeitsagentur.
Zielgruppe: zu Fuß gehende LKW- und Fahrradfahrer?
Unsere Redaktion fragte sowohl bei der Stadtverwaltung als auch bei der Kampagne federführenden Industrie- und Handelskammer nach.
Dr. Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt Osnabrück, verweist darauf, dass LKW-Fahrer genauso wie Fußgänger und Fahrradfahrer mit der Kampagne erreicht werden sollen.
Auch IHK-Geschäftsführer Eckhard Lammers erklärt es ähnlich: „Damit erreichen wir vor allem diejenigen, die zu Fuß unterwegs sind. Diese sind aber oft zu anderen Zeiten auch Radfahrer (oder Pkw- bzw. Lkw-Fahrer) oder Multiplikatoren wie zum Beispiel Eltern, die ihre Kinder sensibilisieren können.“ Dass die Platzierung nicht sonderlich glücklich ist, muss aber auch der IHK-Chef zugeben: „Sicher hätten wir zusätzlich auch gern die stärker straßenzugewandte Seite genutzt. Damit wären jedoch ganz erhebliche Kosten bei einem fraglichen entsprechenden Mehrwert verbunden gewesen.“
„Gute Werbeplätze“ werden lieber an Bordellbetriebe vermietet
Hintergrund der schlechten Platzierung auf den CityLight-Postern ist ein zwischen der Stadtverwaltung und der Firma Ströer geschlossener Werbevertrag. Der sichert nach Informationen unserer Redaktion der Stadt die kostenlose oder zumindest preisreduzierte Nutzung einiger auf städtischem Grund stehenden Werbeflächen zu.
Die wirklich guten (zur Straße gerichteten) Platzierungen behält sich aber die Firma Ströer vor, zum Beispiel für die Bewerbung von Bordellbetrieben.
Die genauen Regelungen des zwischen der Stadt und dem Werbevermarkter geschlossenen Vertrags sind geheim.
Weiterlesen: Wie Stadtverwaltung und Werbevermarkter Ströer miteinander ein Wifi-Netz aufgebaut haben.