Am Montag, den 16. Januar 2017 lädt der VfL Osnabrück zur Fortsetzung der Jahreshauptversammlung 2016 in die OsnabrückHalle ein. Beobachter stellen sich die Frage, ob es ähnlich turbulent zugehen wird, wie am ursprünglich für die Jahreshauptversammlung vorgesehenen Termin am 21. November vergangenen Jahres. Im Herbst hatte man sich nach langen und heftigen bis in die Nacht reichenden Diskussionen vertagen müssen. Nun folgt die zweite Runde, die ebenfalls brisant zu werden droht.

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Grund für die ausufernden Diskussionen im November war insbesondere der Tagesordnungspunkt, der den Beschluss über eine neue Satzung vorsah.
Zuletzt hatte sich der VfL Osnabrück vor nur vier Jahren im Zuge seiner Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft im Dezember 2012 eine neue Satzung gegeben, die jedoch nach Auffassung des Präsidiums und einiger Mitglieder die Realitäten des Vereinslebens nicht mehr ausreichend abbilde.

Im November ging es bereits „hoch her“

Eine Satzungskommission, bestehend aus Vertretern verschiedener Organe und Abteilungen des VfL, hatte im vergangenen Jahr den Vorschlag für eine neue Satzung erarbeitet, der am 21. November der Mitgliederversammlung zur Abstimmung gestellt wurde.

Vizepräsident Uwe Brunn und Geschäftsführer  Jürgen Wehlend , VfL Osnabrück
Vizepräsident Uwe Brunn und Geschäftsführer Jürgen Wehlend bei Teil 1 der Jahreshauptversammlung im November

Brisanz erhielt die Versammlung bereits nach der Begrüßung durch das Präsidium, vertreten durch Dr. Hermann Queckenstedt und Uwe Brunn (Sascha Heise, zweiter Vize-Präsident, war nicht zur Jahreshauptversammlung erschienen), zunächst durch den Antrag eines Mitglieds, der das Ziel hatte, die Berichterstattung der anwesenden Pressevertreter dahingehend einzuschränken, dass auf eine Namensnennung von Mitgliedern im Falle von Wortbeiträgen verzichtet werden möge. Der Antrag bekam zwar einige Zustimmung, die erforderliche einfache Mehrheit jedoch erreichte er knapp nicht.

Versammlungsleiterin war gleichzeitig Leiterin der Satzungskommission

Auch die Wahl der Versammlungsleiterin verdeutlichte bereits früh, dass diese Versammlung einige Turbulenz beinhalten würde. So wurde die vom Präsidium als Versammlungsleiterin vorgeschlagene Rechtsanwältin Monika Keller lediglich mit knapper Mehrheit in diese Position gewählt. Grund dafür waren offenbar Befürchtungen einiger Vereinsmitglieder, sie könne die erforderliche Neutralität und Ausgeglichenheit als Versammlungsleiterin nicht in Einklang mit der Vorstellung des Satzungsvorschlages der Satzungskommission, deren Leiterin sie war, bringen. Im Zuge der Diskussion wurde mehrheitlich dafür gestimmt, dass Keller die Sitzungsleitung während des Tagesordnungspunktes, der die neue Satzung beinhaltet, an Vizepräsident Brunn abgebe.

Zukünftig absichtlich hohe Hürden gegen Minderheitenbegehren?

Der mit Spannung erwartete Tagesordnungspunkt offenbarte dann auch, dass der als Konsensvorschlag vorgestellte Satzungsentwurf der Kommission tatsächlich schwerwiegenden Dissens enthielt, der zu sachlichen, wie auch emotionalen Redebeiträgen von Mitgliedern und Amtsträgern führte. So bestand der Dissens wesentlich aus zwei Punkten: der Vorschlag der von Rechtsanwältin Keller geleiteten Kommission sah vor, dass zukünftig nicht mehr 100 stimmberechtigte Mitglieder, sondern 10% der stimmberechtigten Mitglieder notwendig seien, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Dies werteten die Kritiker als undemokratische Veränderung zum Nachteil der Mitglieder, der insbesondere dann zum Tragen käme, wenn die Mitgliederanzahl des VfL weiter wachse. Minderheitenbegehren gehörten geschützt und nicht angegriffen, argumentierten die Kritiker. Weshalb die Kommission um Keller hier mehrheitlich eine andere Auffassung vertrat, blieb unklar.

VfL Geschäftsführer Jürgen Wehlend
Auch Teil 2 der Jahreshauptversammlung wird für VfL Geschäftsführer Jürgen Wehlend sicher kein reines Vergnügen.

Wahlausschuss könnte Kandidaten vorab „aussortieren“

Der zweite wesentliche Kritikpunkt an dem von Keller präsentierten Satzungsvorschlag befasste sich mit der Institution des Wahlausschusses, der unter anderem über die Eignung und Zulassung von Bewerbern auf von der Mitgliederversammlung zu wählende Posten im Verein zu entscheiden hat. Nach dem Satzungsvorschlag soll der Wahlausschuss zukünftig unter anderem dazu legitimiert sein, auch diejenigen Kandidaten, die er für grundsätzlich geeignet hält, nicht zur Wahl zuzulassen, wenn er die Auffassung vertritt, dass dies im Sinne des VfL sei. Die Kritiker hielten dem entgegen, dass dies sehr subjektiv sei und auf diesem Wege echte Wahlen verhindert würden. Außerdem entstehe der Eindruck, dass die Mitgliederversammlung zukünftig nur abnicken könne, was der Wahlausschuss beschlossen habe. Die Tätigkeit des Wahlausschusses unter Leitung des Rechtsanwalts Ralf Wöstmann hatte schon in der Vergangenheit mehrfach zu heftiger Kritik geführt, weil sich viele Mitglieder vom Wahlausschuss bevormundet sahen.
Dadurch, dass dieses Vorgehen in der Satzung verankert werden sollte, entstand der Eindruck, dass die Satzungskommission, der neben Wöstmann selbst auch weitere Mitglieder des Wahlausschusses angehörten, einige Entscheidungen des Wahlausschusses rückwirkend legitimieren sollte.

Satzungskommission vs. Mitglieder: 0 : 1

Wie tief die Gräben im VfL Osnabrück sind, zeigte dann auch das Abstimmungsergebnis. Die erforderliche Dreiviertelmehrheit war in weiter Ferne, weshalb der Antrag abgelehnt und der Vorschlag der Satzungskommission nicht zur neuen Satzung des VfL wurde. Bezeichnenderweise wurde der Gegenantrag eines Mitglieds, der weite Teile des von der Satzungskommission erarbeiteten Vorschlags enthielt, jedoch an wenigen Punkten zu Gunsten der Mitgliederrechte abgeändert worden war, mit annähernd umgekehrten Abstimmungsverhalten ebenfalls abgelehnt. Der VfL Osnabrück behält somit zunächst die derzeit gültige Satzung und kann sich mit einer Fülle gekränkter Eitelkeiten und Machtspielchen beschäftigen.

Kritik auch bei der Wahl der Aufsichtsräte

Fahrt nahm die Diskussion wieder auf, als die Wahl zweier Posten im Aufsichtsrat der VfL Osnabrück GmbH & Co. KGaA  anstand. Hier offenbarte sich die zuvor geäußerte Kritik am Wahlausschuss. Dessen Vorsitzender, Rechtsanwalt Wöstmann, erntete erneut massive Kritik an seinem Vorgehen, nachdem er den Auswahlprozess geschildert hatte. Zur Wahl auf die zwei zu besetzenden Positionen zugelassen waren Alice Graschtat (SPD Ratsfrau) und Sebastian Kotte (Vermögensberater), ein weiterer Bewerber wurde durch den Wahlausschuss nicht zur Wahl zugelassen. Folglich wurden beide Kandidaten mehrheitlich von der Mitgliederversammlung gewählt und sind damit zukünftig Teil des Aufsichtsrates der VfL Osnabrück GmbH & Co. KGaA.

VfL Jahreshauptversammlung
Vermutlich werden die Mitglieder auch im Januar nicht allen Vorschlägen des VfL Präsidiums folgen.

„Abpfiff“ der Jahreshauptversammlung und nächster Termin im Januar

Die Kontroversen führten im Resultat dazu, dass etwa die Hälfte der Tagesordnungspunkte im November nicht behandelt werden konnte und nun auf der Folgeveranstaltung am kommenden Montagabend abgearbeitet werden sollen. Dann werden unter anderem der Bericht des Präsidiums, die Entlastung des Präsidiums, der Bericht des Geschäftsführers zur wirtschaftlichen Situation sowie die Abstimmung über eine Kapitalerhöhung Thema sein.

Es bleibt abzuwarten, ob das vollkommen konsterniert wirkende Präsidium die Zeit erfolgreich genutzt hat, um die Wogen zu glätten, für Ausgleich und Besonnenheit zu sorgen oder ob die offenbarten Gräben auch auf der Fortsetzungsveranstaltung zu hitzigen Scharmützeln führen werden.

Macht ein Präsidiumsmitglied per Mail Stimmung gegen einzelne Mitglieder?

Womöglich wird auch noch eine E-Mail für Kontroversen sorgen, die direkt aus dem VfL-Präsidium im Umlauf gebracht worden sein soll und inzwischen weite Kreise quer durch alle Gremien und Mitgliederebenen zieht.

In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, wird die Fanabteilung des VfL Osnabrück massiv angegangen. Ohne Namen zu nennen, werden zwei Gremienmitglieder diskreditiert und ihnen innovatives Denken abgesprochen und mangelnde Intelligenz vorgeworfen.
HASEPOST bleibt auch hier „am Ball“. Sollte sich die Urheberschaft bewahrheiten und es dem Präsidium am Montag nicht gelingen „den Deckel auf dem Topf zu halten“, steuert der VfL Osnabrück womöglich geradewegs in die nächste Führungskrise.

Fotos: Flohre Fotografie