Foto: Hendrik Richter, Geschäftsführer von ohne-makler.net. Die Immobilienplattform will den provisionsfreien Verkauf von Immobilien direkt durch die Eigentümer fördern und so vereinfachen. Credit: Nina Witte.
Deutschlands Immobilienmarkt kommt langsam, aber sicher aus dem Krisenmodus heraus. Eine baldige Rückkehr zu den früheren Marktverhältnissen bedeutet das aber nicht, sagt Hendrik Richter. Im Interview erklärt der Geschäftsführer von ohne-makler.net, wie sich besonders Verkäufer in Zukunft richtig aufstellen, in welche Richtung sich die Preise entwickeln könnten und welche Städte und Regionen sich jetzt als Erste erholen.
Herr Richter, rechts und links mehren sich die Anzeichen für eine Erholung des Immobilienmarkts in Deutschland. Wie bewerten Sie das? Gibt es ein Zurück in die guten alten Zeiten?
Die aktuellen Anzeichen einer Erholung des Immobilienmarkts in Deutschland sind ermutigend, jedoch bedeutet dies nicht eine Rückkehr zu den ‘alten Zeiten’. Wir müssen erkennen, dass die extrem niedrigen Zinsen der Jahre 2017 bis 2022 eine Ausnahme waren.
Jetzt sehen wir eine Marktstabilisierung bei höheren Zinsen, die für die Zukunft wahrscheinlich das neue Normal darstellen werden. Es ist also nicht mit einem einfachen Zurück zu den Boomzeiten zu rechnen, sondern eher mit einer neuen Marktphase, die durch moderate Wachstumsraten und stabilere Preise gekennzeichnet ist.
Auch wir können basierend auf den hauseigenen Zahlen bei ohne-makler eine vergleichbar positive Entwicklung zugunsten einer Erholung ableiten. Preise stabilisieren sich. Der Markt sortiert sich neu. Im Optimalfall finden Verkäufer und Käufer in besseren Marktphasen so auch wieder vermehrt zueinander.
Gibt es mit Blick auf die leicht verbesserte Marktlage regionale Unterschiede?
Ja, die regionalen Unterschiede sind weiterhin prägnant und haben Auswirkungen auf Investoren und Endkäufer. Während Städte wie Köln und Berlin eine gewisse Stabilität und sogar geringfügige Preisanstiege zeigen, erfahren andere Städte wie Düsseldorf einen deutlicheren Preisrückgang. Interessanterweise gewinnen mittelgroße Städte, sogenannte B-Städte, an Attraktivität.
Hier sind die Preise oft noch erschwinglicher und die Investitionschancen entsprechend größer. Das zeigt, dass der Immobilienmarkt viele Facetten hat und eine detaillierte Betrachtung der regionalen Gegebenheiten unerlässlich ist. Auch das belegen unsere hauseigenen ohne-makler-Zahlen.
Wie wirkt sich das auf den Verkäufermarkt aus?
Die Auswirkungen auf den Verkäufermarkt sind in Zeiten des gedrehten Marktes signifikant. Viele Verkäufer setzt die aktuelle Marktlage unter Druck, da Vermarktungszeiten teilweise länger und hohe Verkaufspreise unwahrscheinlicher werden.
Die veränderte Marktdynamik erfordert von den Verkäufern Flexibilität und oft auch eine Anpassung der Preisvorstellungen. Unser Unternehmen setzt genau im Vermarktungsprozess an. Wir wollen Verkäufern Werkzeuge und Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die es ihnen ermöglichen, ihre Immobilien effizient und kosteneffektiv selbst zu vermarkten. Das alles, ohne Maklercourtage und ohne Kosten, die vermieden werden können.
Sehen Sie im eigenen Unternehmen Veränderungen, die das Immobilienjahr 2024 bislang mit sich bringt?
Im eigenen Unternehmen sehen wir deutliche Veränderungen durch das Immobilienjahr 2024. Und das sind in erster Linie positive. Das können wir an der stark steigenden Kundenzahl bei ohne-makler ableiten. Das erste Quartal 2024 bescherte uns dahingehend gut ein Viertel mehr Verkäufer, die auf unserer Plattform zu Kunden werden.
Die Verkäufer nehmen vermehrt ihr Schicksal selbst in die Hand. Die große Mehrheit der Makler wird als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer immer obsoleter. DIY-Lösungen gewinnen an Stellenwert.
Müssen Geschäftsmodelle mit Blick auf den gedrehten Markt angepasst werden?
Angesichts der Marktveränderungen ist es unerlässlich, Geschäftsmodelle, die den Verkauf unwirtschaftlich machen,kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen. Wir haben festgestellt, dass eine flexible Anpassung an die Bedürfnisse des Marktes und die Anforderungen unserer Kunden zentral für unseren Erfolg ist.
Kostenersparnis für die Verkäufer in schwierigeren Zeiten ohne qualitative Verluste in der Vermarktung sehen wir als besonders wichtig an.
Sind in der aktuellen Marktphase Prognosen für die kommenden Monate möglich und wenn ja, wie fallen Ihre aus?
Für die kommenden Monate sind Prognosen zwar mit Unsicherheiten behaftet, jedoch erwarte ich eine graduelle Stabilisierung des Marktes. Es ist unwahrscheinlich, dass wir eine schnelle Rückkehr zu den Niedrigzinsen oder den Preissteigerungen der Vorjahre sehen werden.
Eine Stabilisierung bei Bauzinsen in Höhe von drei bis vier Prozent allerdings nicht. Vor allem, wenn die Konjunktur nicht durch unvorhersehbare geopolitische Krisen ins Schwanken gerät, kann das zum neuen Standard werden.
Für die Preise bedeutet das langfristig auch: Bleibt der Aufschwung am Bau aus, führen steigende Bevölkerungszahlen zu ansteigenden Kaufpreisen.