Neue Höchstzahlen bei Kindeswohlgefährdungen in Deutschland haben das Jahr 2022 gekennzeichnet, wobei insbesondere akute Fälle stark gestiegen sind, so das Statistische Bundesamt.
Zahlen und Trends.
Im Jahr 2022 stellten Jugendämter bei fast 62.300 Kindern oder Jugendlichen Gefährdungen durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt fest. Dies bedeutet einen Anstieg von rund 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zusätzlich wurde bei 68.900 Fällen erzieherischer Hilfebedarf festgestellt. Insgesamt prüften die Jugendämter 203.700 Hinweismeldungen auf mögliche Kindeswohlgefährdung, was einen Anstieg von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt.
Die Rolle der Pandemie
Die Fallzahlen nahmen von 2017 bis 2020 stark zu, sanken 2021 leicht und stiegen 2022 wieder moderat. Während der Pandemie wurde befürchtet, dass einige Fälle aufgrund von Kontaktbeschränkungen unerkannt bleiben oder erst mit Verzögerung auffallen könnten. Im Jahr 2022 fiel insbesondere der Anstieg der akuten Fälle von Kindeswohlgefährdung auf, während die latenten Fälle leicht zurückgingen.
Demographie der Betroffenen
Von den 62.300 von einer Kindeswohlgefährdung betroffenen Kindern waren 79 Prozent jünger als 14 Jahre und 47 Prozent sogar jünger als acht Jahre. Jungen waren bis zum Alter von elf Jahren etwas häufiger betroffen, ab dem zwölften Lebensjahr waren es Mädchen. Die meisten Minderjährigen wuchsen bei alleinerziehenden Eltern oder bei beiden Eltern gemeinsam auf.
Art der Gefährdungen und Meldungen
In den meisten Fällen von Kindeswohlgefährdung (59 Prozent) stellten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung fest, gefolgt von psychischer Misshandlung (35 Prozent), körperlicher Misshandlung (27 Prozent) und sexueller Gewalt (5 Prozent). Ein Drittel der Gefährdungseinschätzungen wurden von der Polizei oder Justizbehörden angeregt, ein Viertel kam aus der Bevölkerung.
Einfluss der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat das Meldeverhalten der Hinweisgeber beeinflusst. So gaben Schulen und Kitas 2020 infolge von Schließungen weniger Hinweise auf mögliche Kinderschutzfälle ab. Lockdowns und Homeoffice führten hingegen zu einem Anstieg der Meldungen aus der Bevölkerung. Polizei und Justizbehörden blieben in ihrem Meldeverhalten stabil.