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„… und plötzlich bricht alles zusammen!“ – Osnabrücker Gastronomen in der Corona-Krise

Ute Op de Coul und Levent Bilgin feiern am 30. April wie jedes Jahr den Tanz in den Mai. Diesmal allerdings zuhause in ihrer Wohnung an der Meller Straße und nicht in den Räumen ihrer Gaststätte. Ihre Gaststätte, das ist die ‚Latüchte‘ am Rosenplatz, genauer gesagt in der Kommenderiestraße 114. 2013 haben die beiden die ‚Latüchte‘ eröffnet, am 30. April, am Vorabend zum Tag der Arbeit. Der Eröffnungstermin war klug gewählt, es war schwer was los, der Laden war proppevoll, das Bier floß in Strömen und Ute Op de Coul und Levent Bilgin hatten die berechtigte Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft. Social Distancing hätten die Gäste damals wohl eher für einen Cocktail gehalten statt für eine Abstandsregel, die nun seit einigen Wochen den normalen Kneipenbetrieb in ganz Deutschland lahmlegt.

Viel Zeit ist seit 2013 ins Land gezogen. In den darauffolgenden Jahren gab es in der ‚Latüchte‘ traditionell zum 30. April ein immer wieder gut besuchtes Jubiläumsfest, mit DJ und Freibier, mit guter Laune und vollem Haus. 2020 ist alles anders. Seit dem 17. März ist die Gaststätte aufgrund von behördlichen Anordnungen geschlossen, die Lichter sind aus. Niemand kommt mehr am Nachmittag auf ein Feierabendbier herein, keine Geburtstagsfeier findet hier mehr statt, der Umsatz ist von einem Tag auf den anderen komplett auf Null geschrumpft. Auch vor der Corona-Krise war die Gastronomiebranche kein Garant für fette Gewinne, aber durch die Zwangsschließungen bangt ein wichtiger Bereich der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft mittlerweile um seine Existenz.

„Erst haben wir noch gehofft, daß wir wenigstens von 11 bis 18 Uhr aufmachen können“, erzählt Levent. Aber schnell war klar, daß diese Möglichkeit spätestens am 20. März außer Kraft gesetzt werden würde. „Und plötzlich bricht alles zusammen“, musste er schließlich resigniert feststellen. Die ersten Tage nach der Schließung haben die Gäste noch täglich angerufen und gefragt, wann es denn endlich wieder losgehen würde. Jetzt, fünf Wochen später, ruft niemand mehr an. Ute und Levent gehen einmal die Woche in ihre Gaststätte und machen sauber. „Das ist wenigstens noch ein kleines bisschen Normalität in diesen verrückten Zeiten“, sagen beide unisono. Soforthilfe in Form eines Liquiditätszuschusses haben sie bisher nicht erhalten, obwohl sie schon vor drei Wochen den dazu notwendigen Antrag gestellt haben. Langsam wird das Geld knapp, die Miete und der Strom für das Lokal müssen schließlich weiter bezahlt werden. Was den beiden Sorgen macht, ist die in ihren Augen mangelhafte Informationspolitik der verantwortlichen Stellen. „Wir halten schon noch etwas durch“, sagt Ute, „aber wir wüßten natürlich gerne, worauf wir uns einstellen müssen.“ Die beiden leben auch privat zusammen, im Moment schränken sie sich stark ein, kaufen nur das Nötigste für den täglichen Verbrauch. „Fröhlichkeit sieht anders aus!“, sagt Levent und grinst gequält. Ute und er schauen viel fern, gehen spazieren und kochen gemeinsam. So vergehen ihre Tage. Einen möglichen Termin für die Wiedereröffnung der ‚Latüchte‘ wollen sie nicht nennen, ihre Hoffnungen sind in den letzten Wochen einfach zu oft enttäuscht worden. 

Warten auf bessere Zeiten: Ute Op de Coul und Levent Bilgin vor ihrer geschlossenen Gaststätte
Warten auf bessere Zeiten: Ute Op de Coul und Levent Bilgin vor ihrer geschlossenen Gaststätte

„Mir tut es am meisten um meine Gäste leid“, bemerkt Ute zum Schluss. Die würden ihr sehr fehlen. „Die sitzen jetzt abends auch alle zuhause und langweilen sich. Naja, irgendwann soll’s wohl wieder losgehen!“ Wenn man ihr bei diesen Worten in die Augen schaut, dann weiß man nicht so recht, ob sie wirklich daran glaubt. Und man könnte meinen, dass sie mühsam ein paar Tränen unterdrückt. Vielleicht ist es aber auch nur das Kneipenlicht in der ‚Latüchte‘, das diesen Eindruck vermittelt. Und das ohne Gäste etwas trübe wirkt und genau wie die beiden Wirte auf bessere Tage wartet.


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Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer
Wolfgang Niemeyer ist freier Autor der HASEPOST und ein Kenner der Hasestadt. Bei uns schreibt er ganz privat aber immer meinungsstark und gut für kontroverse Diskussionen. Musikalisch kennt man ihn (nicht nur) zwischen Rosenplatz und Westerberg als "der Niemeyer" von "Niemeyer & Konsorten".

  

   

 

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