Höhlengänge am Museumsquartier / Foto: Schulte
Was hat es mit den Höhlen am Museumsquartier auf sich? Wieso sieht das Osnabrücker Stadtwappen so aus und wo steht das älteste Steinwerk der Stadt? Mit Stadtführer Karlheinz Aehlen hat unsere Redaktion in der Osnabrücker Altstadt Unbekanntes entdeckt.
Unsere kleine Tour beginnt unweit unserer Redaktion. Denn eine der ältesten Osnabrücker Kneipen ist die Peitsche in der Altstadt. „Nachdem man tagelang mit Ochsen, Karren und Co. unterwegs war, gab es hier die erste Möglichkeit, um ein Bier zu trinken“, erklärt Aehlen, der als Hufeisen-Guide in und um Osnabrück unterwegs ist. Und das kurz hinter dem ehemaligen Stadttor auf Höhe der Lotter Straße. Denn anders als gedacht, ist das Heger Tor, offiziell Waterloo-Tor, ein Triumphbogen und nicht das Stadttor. Damals soll die Peitsche von einem Wirt geführt worden sein, der über dem Tresen eine Peitsche hängen hatte. „Und wenn es zu rebellisch in der Kneipe wurde, soll er, um wieder Ordnung zu schaffen, damit um sich geschlagen haben“, weiß der Stadtguide. Bis heute hat der Name in der Hasestadt Tradition.
Geheime Gänge unter der Stadt
Überbleibsel eines unterirdischen Höhlensystems lassen sich noch heute rund um das Museumsquartier entdecken. Vorbei läuft man hier selten, denn sie befinden sich auf der Rückseite und die reguläre Wegführung verläuft anders. Die Treppen, die hinab zu den alten Gängen führen, werden für viele Osnabrückerinnen und Osnabrücker heute kleine Stolperfallen sein. „Damals hatten die Menschen kleinere Füße“, so Aehlen. „Heute würde man die Treppenstufen nicht mehr so schmal bauen.“
Unterhalb des Museumsquartiers eröffnet sich ein unterirdisches Gangsystem, das damals in die heutige Friedensstadt führt. „Vor den Toren der Stadt gab es eine kleine Gaststätte, die das Bier wie wir es heute kennen – also mit Hopfen gebraut – verkauften, ohne Zollgebühren.“ Eine Besonderheit, denn in Norddeutschland gab es das sonst nur in Minden oder Einbeck und so war Bier für den normalen Arbeiter damals ziemlich teuer. „Deswegen sind viele einfache Leute für ihr Bier raus aus der Stadt gegangen.“ Wenn sie zu lange in der Kneipe versackten, standen sie nachts vor den geschlossenen Stadttoren. „Durch Höhlensystemgänge gelangten sie dann wieder in die Stadt, doch das wusste natürlich auch der Nachtwächter, der sich damit ein zusätzliches Taschengeld verdiente.“ Dieser bugsierte die Betrunkenen nämlich in die Zelle, aus der sie sich am nächsten Tag für einen Taler wieder freikaufen konnten.
Das hat es mit dem Osnabrücker Stadtwappen auf sich
Am Museumsquartier findet sich auch das Stadtwappen der Hasestadt wieder. Doch was steckt da eigentlich hinter? Unweit befindet sich die Katharinenkirche, dessen Namensgeberin, die heilige Katharina, als Patronin der Kreuzritter gilt. Die heilige Katharina hätte damals, so erzählt Aehlen, ihrem christlichen Glauben nicht abgeschworen – darauf stand der Tod durch Rädern. Menschen wurden damals an ein Wagenrad gebunden, sie soll dies überlebt haben. Diese Verbindung mit der Lösung vom Bischof als weltlicher Herrscher spiegelt sich nun im Stadtwappen wider. „In den sechs Speichen zeigen sich die drei Gruppierungen des mittelalterlichen Osnabrücks: die Weisen, also die ausgeschiedenen Ratsmitglieder, die Handwerker, die sogenannte Gilde, und die einfachen Menschen.“ Aber ein Wagenrad mit drei Speichen ist technisch nicht optimal, deshalb hat jede Gruppierung zwei Speichen erhalten.
Sophies in einem alten Osnabrücker Steinwerk beheimatet
Osnabrück gilt als Stadt der Steinwerke. Heute sind Steinwerke oft verputzt und damit nicht immer unmittelbar als solche erkennbar. Bestes Beispiel: Brille49 in der Krahnstraße. Normale Wohnhäuser waren damals aus Holz gebaut, in einem Jahrzehnt gab es allerdings drei große Stadtbrände, sodass man von da an Gebäude nur noch aus Stein bauen durfte und die Gebäudeseite zur Straße hin mit Fachwerk gestaltete, weiß der Stadtguide. Das zweitälteste erhaltene Steinwerk mit Fachwerkfassade von 1568 ist das Haus Willmann (heute Wein Fohs), das alle Kriege überdauerte. Dort wurden damals Waren nicht wie heute im Keller gelagert, sondern per Kran ins Dach gehievt. Die dicken Brandschutzmauern sorgten für einen „Vorläufer des Kühlschranks“, erklärt Aehlen. „So konnten Speisen und Getränke lange gelagert werden.“ Ein paar Meter weiter steht eines der ältesten Bauwerke mit Fachwerkfassade von 1533 – das heutige Café Sophies, in dem jahrzehntelang das Café Läer beheimatet war.
Nichts ist so, wie es scheint
Doch nicht alles, was scheinbar alt aussieht, ist auch wirklich so alt, wie es verspricht – das wird am heutigen Wein Krüger-Gebäude deutlich. „Das ist ein Vierständer-Fachwerkhaus aus dem Landkreis Osnabrück, in der Nähe von Bramsche. Es wurde dort abgebaut und in die Baulücke hier wieder eingesetzt.“ Woran man das erkennen kann? 1767, so verrät die Innenschrift, durften in Osnabrück keine solchen Fachwerkhäuser gebaut werden, sondern nur Steinwerke. Und auch daneben zeigt sich etwas heute Unvorstellbares: ein Anbau an einem alten Bauernhaus. „Das war damals laut Bauverordnung gar nicht möglich. Dazu wurde der Stadtrat geschmiert.“
Bereits auf diesem kurzen Streckenabschnitt verbirgt sich unheimlich viel Osnabrücker Geschichte. Karlheinz Aehlen ist für Osnatours unterwegs und versorgt regelmäßig Touristen sowie Osnabrückerinnen und Osnabrücker mit spannende Infos rund um die Hasestadt. Touren sind jederzeit nach Absprache möglich. Insbesondere zum Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens in diesem Jahr wird er wohl etliche Interessierte durch die Straßen der Stadt führen.