Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksij Makejew, kritisiert die Art der deutschen Debatte über den Marschflugkörper Taurus. „Inhaltliche Diskussionen über verschiedene Waffensysteme werden am besten hinter verschlossenen Türen geführt“, sagte er dem Internetportal des Senders ntv.
„Es gab lange Diskussionen über den MARS-Raketenwerfer und die Panzerhaubitze 2000, aber eben nicht in der Öffentlichkeit. Beides wurde geliefert.“
Für Botschafter sei es wichtig, sich nicht in innenpolitische Diskussionen einzumischen. „Ich muss mich auf inhaltliche Fragen konzentrieren, und nicht auf persönliche. Deswegen argumentiere ich immer wieder, warum etwas nicht stimmt oder warum wir gerade weitreichende Systeme brauchen.“
Diese wären derzeit „sehr hilfreich, um Kommandozentralen, Munitionsdepots und Verbindungswege für Nachschublieferungen weit hinter der Frontlinie zu erreichen“.
Auf die Frage, ob hinter der Weigerung, der Ukraine den Taurus zu geben, ein generelles Misstrauen gegen sein Land stehe, antwortete Makejew: „Der Verdacht liegt in der Luft, ich bin das oft gefragt worden, und das war ja auch Thema am Mittwoch im Bundestag. Aber ich kann ausschließen, dass es in Deutschland ein generelles Misstrauen gegen die Ukraine gibt. Dafür ist die Solidarität zu groß.“
Er glaube auch nicht, dass der Bundeskanzler dem ukrainischen Präsidenten misstraue. „Ich habe die beiden viele Male bei Terminen begleitet, das waren immer ehrliche Gespräche. Wir haben auch keinen Grund für Misstrauen gegeben, wir haben uns immer an alle Verabredungen gehalten. Alle Waffen werden nur so eingesetzt wie vereinbart.“
Seine eigene Rolle in Deutschland beschrieb Makejew als die eines Waffenhändlers, Storytellers und Psychotherapeuten: „Für mich als Botschafter eines Landes, das sich im Krieg befindet, sind drei Dinge wichtig. Erstens muss ich in gewisser Weise Waffenhändler sein. Zweitens ein Storyteller, denn in der Diplomatie geht es auch darum, Geschichten zu erzählen.“
Und manchmal fühle er sich als Psychotherapeut: „Hier in Deutschland gibt es viele Ängste, wenn es um Russland geht. Das ist wie mit einem Kindheitstrauma, das man nicht verarbeitet hat.“
Die Deutschen fühlten sich als Folge des Zweiten Weltkriegs für Russland verantwortlich. „Geworden ist daraus eine Abhängigkeit, teilweise auch Russland-Besessenheit. Und natürlich gibt es Ängste vor einem nuklearen Krieg, oder davor, dass der Krieg näherkommt, der 800 Kilometer entfernt ist. Viele wollen auch lieber wegschauen. All diese Ängste und Traumata müssen angesprochen werden.“
Foto: Oleksij Makejew (Archiv), über dts Nachrichtenagentur