Am Mittwoch (19. April) beginnt das 36. European Media Art Festival (EMAF) in Osnabrück. Auch in diesem Jahr erwartet Besucherinnen und Besucher ein bunter Kulturmix, dieses Mal zum Thema „Trembling Time“.
Das Programm des EMAF ist bunt gefächert: Mehr als 70 Filme werden vom 19. bis 23. April in der Osnabrücker Lagerhalle und im Filmtheater Hasetor zu sehen sein. Die Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück umfasst elf Arbeiten. Die EMAF Talks umfassen vier Panels mit insgesamt sieben Rednerinnen und Rednern. Hinzu kommt der EMAF Campus, der Arbeiten von Studierenden von insgesamt fünf Hochschulen präsentiert. Mehr als 3.000 Arbeiten wurden für die Sichtung durch die Auswahlkommission und die Kuratorinnen und Kuratoren eingereicht – so viele wie nie zuvor. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor drei Jahren findet das Festival wieder ausschließlich in Präsenz statt. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass Festivals vor Ort eine Plattform für einen Austausch mit Künstler:innen bieten, die so einmalig ist“, so Festivalleiter Alfred Rotert.
Zeit als Bruch
„Trembling Time“ – übersetzt zitternde oder bebende Zeit – ist das Thema des EMAF 2023. Auch wenn es durch die vielen Krisen in der Welt derzeit aktuell wie nie ist – Auslöser für die Entscheidung zu diesem Thema war das 375. Jubiläum des Westfälischen Friedens in der Stadt Osnabrück. „Was bedeutet es, einen historischen Punkt zu setzen und auf einem Zeitstrahl ein ‚Davor‘ und ‚Danach‘ zu unterscheiden? Wie lässt sich Zeit anders denken? Das hat unsere Überlegungen grundlegend geprägt“, sagt Katrin Mundt, Festivalleiterin und Kuratorin der Filmprogramme. Dabei werden auch Zeitvorstellungen anderer Kulturen betrachtet, oder auf Alltagserfahrungen geschaut, in denen Zeit als Bruch und Diskontinuität erlebt wird.
24 Filme im Wettbewerb
Das Filmprogramm des Festivals besteht aus insgesamt 70 Filmen. Im Wettbewerb konkurrieren 24 Filme aus 19 Ländern um drei Preise, die am Sonntag (23. April) beim Festival vergeben werden. Im Fokus der Filmemacherinnen und Filmemacher stehen dabei unter anderem familiäre Beziehungen; viele Künstlerinnen und Künstler nehmen Bezug auf ihre eigenen Biografien und die ihrer Herkunftsorte. Ein Beispiel ist Anna Zetts „Es gibt keine Angst“. Sie collagiert mit Audio- und Videomaterial aus dem Berliner Archiv der DDR-Opposition aus persönlicher Perspektive einen heute kaum bekannten Akt der politischen Selbstermächtigung am Ende der DDR. Des Weiteren wird das von Rachael Rakes kuratierte Themenprogramm „Trembling Time“ zu sehen sein. In fünf Programmen und einer Performance thematisiert sie die Vorstellung einer linear fortschreitenden Zeit und westliches Fortschrittsdenken, die der Ausbeutung von menschlichen und natürlichen Ressourcen Vorschub leisten, sowie bewusste Akte des Ausstiegs aus oder Widerstands gegen eine streng getaktete Zeit. In der Kategorie „Artist in Focus“ würdigt das EMAF in diesem Jahr die Arbeiten der international renommierten Film-, Installations- und Soundkünstlerin Angela Melitopoulos. Neben einer Auswahl ihrer filmischen Arbeiten von den 1980er Jahren bis heute präsentiert die Künstlerin weitere Filme von Künstlerinnen und Künstlern, die sie in ihrer Arbeit beeinflusst haben. Dazu zählen etwa Alain Resnais Hiroshima Mon Amour oder Arbeiten feministischer Filmkollektive der 1970er Jahre.
Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück
In der Ausstellung des European Media Art Festivals in der Kunsthalle Osnabrück werden ab Mittwoch elf Positionen von neun Künstlerinnen und Künstlern zu sehen sein – darunter raumgreifende Installationen und Skulpturen genauso wie interaktive VR-Arbeiten und Soundinstallationen. Kuratiert wurde die Ausstellung von Inga Seidler. Sie nennt als ein Beispiel die Klangskultpur „Decay“ von Martin Recker und Paul Hauptmeier. Sie beschäftigt sich mit radioaktiven Zerfallsprozessen und extremen Zeiträumen, die sich unserer menschlichen Vorstellungskraft vollkommen entziehen.
EMAF Talk zum Thema „Degrowth“
Kuratorin Daphne Dragona hat den Schwerpunkt der EMAF Talks auf das Thema „Degrowth“ gelegt – als Kontrapunkt zu Hyperproduktion und Überkonsum geht es dabei um andere Formen und das Ende eines schier grenzenlos erscheinenden Wachstums. Kris de Decker, Herausgeber des Magazins „Lowtech“, ist einer von sieben Rednerinnen und Rednern, die bei den vier Panels sprechen werden
Zu Gast beim EMAF Campus sind in diesem Jahr Studierende der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, der Akademie der Bildenden Künste München, der Kunsthochschule Mainz sowie von Universität und Hochschule Osnabrück. Auch sie beschäftigen sich mit einer Zeit des Umbruchs. Die Filmklasse der Kunsthochschule Mainz arbeitet die Geschichte und Gegenwart des Filmtheaters Hasetor auf. Die Studierenden haben bereits vor einigen Wochen in dem Osnabrücker Traditionskino gedreht. Das Ergebnis soll nächste Woche Samstag unter dem Titel „The Best Remaining Seats“ beim EMAF zu sehen sein.
EMAF Campus bleibt
Der EMAF Campus bleibt auch in diesem Jahr ein zentrales Element des EMAF, das seit einigen Jahren ausgewählte Klassen einlädt, eigene Ausstellungen und Programme zu gestalten. „Wir wollen möglichst vielen jungen Studierenden die Chance geben, ihre Arbeiten einem internationalen Publikum zu zeigen. Und das schlägt sich auch in der Zahl der akkreditierten Gäste nieder: gerade im Bereich der Hochschulen verzeichnen wir einen Zuwachs. Sie planen bereits frühzeitig Exkursionen zum Festival, was uns natürlich besonders freut“, so die Festivalleiterin Katrin Mundt. Das gesamte Programm des EMAF finden sie hier.