Knapp 100 Inszenierungen brachte das Ensemble der Probebühne in den vergangenen Jahrzehnten auf die Bühne und bereicherte so die Osnabrücker Kulturszene um ein Amateurtheater. Seit Spätsommer 2022 allerdings nicht mehr in der eigenen Spielstätte, denn sie wurde aus Brandschutzgründen für öffentliche Veranstaltungen geschlossen. Die Stadt Osnabrück als Vermieterin ist am Zug, das zu ändern: Gibt sie der Probebühne in der Wiesenstraße 1 noch eine Chance?
58 Jahre Probebühne
1966 gründete sich „die probebühne“ unter der Leitung von Hans Jürgen Meyer. Seitdem hat sich das Amateurtheater in Osnabrück etabliert. Insbesondere die Location in der alten Komtureikirche in der Wiesenstraße 1 verleiht einen besonderen Charme. Am 21. Oktober 1980 mietete der neu gegründete Verein die Räumlichkeiten der ehemaligen Kirche und wurde damit unabhängig. Zuvor probte und spielte das Ensemble im Haus der Jugend und in der Volkshochschule, musste also in den viel genutzten Räumen ihre Bühnenbilder und Requisiten auf- und abbauen. Doch nur wenige Jahre später muss die Probebühne, um ihre Standortexistenz bangen: 1985 wird das Gelände zwangsversteigert. Damals sprang die Stadt als Retterin ein und erwarb die Spielstädte bei der Versteigerung, um sie für die Probebühne zu erhalten. Seit 1986, dem bereits 20-jährigen Jubiläum der Probebühne, besteht das Mietverhältnis mit der Stadt. In den letzten 38 Jahren ist die Institution eng mit ihrem Spielort verwachsen. In den Achtzigerjahren konnte das Aus in der Wiesenstraße dank der Stadt abgewendet werden, jetzt darf die alte Komtureikirche aufgrund von verschärften Brandschutzrichtlinien nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden. Schon seit fast zwei Jahren fand dort keine Aufführung mehr statt. Gibt es noch eine Chance?
Aus Brandschutzgründen geschlossen
Seit der letzten Aufführung von Oscar Wildes „Bunbury oder wie wichtig es ist, ernst zu sein“ im Juli 2022 in der Wiesenstraße darf aus Brandschutzgründen keine öffentliche Veranstaltung mehr stattfinden. Dem Ensemble von rund 30 aktiven Mitgliedern wurde zwar im „Ersten unordentlichen Zimmertheater“ für die Inszenierung von „Mein Herz ist rein“ Asyl gewährt, doch wünschen sich die Amateurschauspieler ihre eigene Bühne zurück, berichtet Herbert Flach, Vorstandsmitglied der Probebühne, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der eigene Spielort sei vertraut und kennzeichne sich vor allem durch das besondere Ambiente in der ehemaligen Kirche aus. Zu den Aufführungen in der Wiesenstraße gehörte stets ein so genannter Nachklang, ein gemütliches After-Show-Beisammensein in der eigenen Bar mit künstlerischen Beiträgen. Auch das sei fester Bestandteil der Tradition der Probebühne, die seit zwei Jahren notgedrungen auf Eis liegt.
Sanierung liegt in Händen der Stadt
Vorstand und Mitwirkende befinden sich in einer misslichen Lage. Sie sind Mieter des Gebäudes, das der Stadt gehört, und so auf die Entscheidungen dieser angewiesen. Finanziert wird die Probebühne von rund 90 Förderern, die Stadt gleicht durch eine jährliche Förderung die Miete aus. Für die Sanierungsarbeiten des Gebäudes ist sie allerdings verantwortlich und zeigt sich aktuell wenig engagiert. Dass die alte Komtureikirche, die im 14. Jahrhundert erbaut wurde, sanierungsbedürftig ist, steht schon lange außer Frage. Herbert Flach erinnert sich, dass die Schließung des Gebäudes für öffentliche Veranstaltungen sehr plötzlich kam. Proben darf das Ensemble weiterhin mit der Begründung, dass sie mit den Maßnahmen im Falle eines Brandes vertraut seien. Seit Sommer 2022 befindet sich der Vorstand in Gesprächen mit der Stadt. Diese betone immer wieder den wichtigen kulturellen Beitrag, den die Probebühne für die Stadt leiste, doch bleibe der nötige aktive Handlungsbedarf aus.
Aktuell passiert nichts
Für die diesjährige Inszenierung von „Otello darf nicht platzen“ darf das Ensemble der Probebühne im emma-theater gastieren. „Wir sind sehr froh, dass wir die tollen Räumlichkeiten des emma-theaters für insgesamt zehn Vorstellungen nutzen dürfen. Für uns ist das aber keine dauerhafte Lösung. Wir wünschen uns, unsere Zuschauer wieder in der Wiesenstraße begrüßen zu dürfen“, erklärt Flach. Im letzten Termin mit Brigitte Neumann vom Kulturausschuss der Stadt im vergangenen November habe man deutlich gemacht, dass man ein Gespräch mit der Kulturverwaltung und dem Bauamt führen wolle, um etwas Bewegung in die Sache zu bringen. Seitdem ein Begutachter 2022 die Kosten für eine Gesamtsanierung der alten Komtureikirche auf 2,4 Millionen Euro schätzte, wurden keine neuen Begutachtungen und Sanierungs- und Kostenaufstellungen mehr gemacht. Lediglich Gespräche mit dem Kulturausschuss seien möglich, aber bisher folgenlos. „Wir wünschen uns eine ‚kleine‘ Lösung“, erklärt Flach. „Wir glauben, dass es eine Möglichkeit gibt, kostengünstig und schrittweise eine Sanierung durchzuführen, die uns das Spielen hier im Haus ermöglicht. Die Stadt zeigt sich in den letzten anderthalb Jahren schwermütig, es ist seitdem nichts passiert.“ Die Stadt ist am Zug, doch es bleibt offen, ob sie der Probebühne in der Wiesenstraße noch eine Chance gibt.
Premiere im April
Am 13. April findet die Premiere von „Otello darf nicht platzen“ im emma-theater statt. Die Komödie von Ken Ludwig spielt in der amerikanischen Stadt Cleveland im Jahr 1934. Hier soll die Oper „Otello“ von Guiseppe Verdi aufgeführt werden – doch das läuft nicht wie geplant. Auf der Website der Probebühne finden sich weitere Informationen zu „Otello darf nicht platzen“, dem Spielplan und Tickets.