In Osnabrück treffen sich regelmäßig Enthusiasten einer jahrhundertealten Tradition im Raspo-Sportpark zum historischen Fechten. Diese Gruppe um Übungsleiter Jens Büttner widmet sich der Kunst des Kampfes mit Waffen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. In einem Gespräch mit unserer Redaktion macht Büttner deutlich, wie tief die Wurzeln dieses Sports reichen und welche Faszination er heute noch ausübt.
„Das historische Fechten, das wir praktizieren, hat seine Wurzeln im 15. und 16. Jahrhundert“, erklärt der Übungsleiter. „Damals wurden die Städte wirtschaftlich und militärisch bedeutender, und auch die Handwerker mussten trainiert werden. Die Waffentechnik war so weit fortgeschritten, dass nicht mehr mit Schwert und Schild, sondern mit Rüstungen und anderthalbhändigen Schwertern gekämpft wurde. Wir trainieren hier nach der deutschen Schule, die in dieser Zeit entwickelt wurde.“
Nicht nur Sport, sondern lebendige Geschichtsstunde
Historisches Fechten ist jedoch nicht nur ein Sport, sondern auch eine lebendige Geschichtsstunde. „In den Städten gab es damals Schulen, die den Leuten das Fechten beibrachten, ähnlich wie heutige Fußballvereine. Die besten Fechter zogen von Stadt zu Stadt, verdienten ihren Lebensunterhalt und kämpften in großen Arenen zur Unterhaltung der Massen“, erzählt Büttner weiter.
Koordination und Körperbeherrschung sind gefragt
Der Sport erfordert viel Koordination und Körperbeherrschung. „Es ist ein Koordinations- und Bewegungssport. Ohne Rüstung ausgeführt, ist es sehr agil. In Rüstung wird es brachial“ beschreibt Jens Büttner die körperlichen Herausforderungen. Besonders eindrucksvoll seien die Turniere, die in verschiedenen Kategorien stattfinden. Vom leichten Sparring bis hin zum sogenannten Buhurt, einem Kampf, bei dem zwei vollgerüstete Mannschaften aufeinanderprallen – vergleichbar mit einem Moshpit in Rüstung.
Büttner erläutert die verschiedenen Ausrüstungen und Kampftechniken: „Es gibt leichte Rüstungen für Bewegungskämpfe und schwere Rüstungen für brachialere Kämpfe. Das Buhurt ist die extremste Form, bei der es Weltmeisterschaften gibt.“ Ob dabei ernsthafte Verletzungen entstehen können? Der Übungsleiter erklärt: „Die Schwerter sind nicht scharf, und die Rüstungen sind so konzipiert, dass man kräftig zuschlagen kann, ohne dem Träger ernsthaften Schaden zuzufügen.“
Showkämpfe auf Mittelaltermärkten
Neben dem sportlichen Aspekt nimmt die etwa 20-köpfige Gruppe, darunter vier Frauen, auch an Mittelaltermärkten teil, wie zuletzt bei den Ritterspielen in Bad Bentheim. „Wir haben einen kleinen transportablen Ring gebaut, in dem wir in schwerer Rüstung für das Publikum kämpfen. Auf den Märkten präsentieren wir auch die verschiedenen Waffen und Rüstungen“, berichtet Jens Büttner. Diese Vorführungen seien besonders bei den jüngeren Besucherinnen und Besuchern beliebt, die sich oft von den mittelalterlichen Kämpfen faszinieren ließen.
Starker Gruppenzusammenhalt – neue Mitglieder willkommen
Der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe ist stark, neue Mitglieder sind aber immer willkommen. „Wir suchen ständig Nachwuchs. Interessierte können jederzeit vorbeikommen und mitmachen. Wir haben Leihgeräte und Rüstungen, damit man es ausprobieren kann“, sagt Büttner. Die Kosten für die Ausrüstung variieren stark, es ist jedoch möglich, mit einer Grundausstattung von rund 300 Euro zu starten. „Nach oben sind aber praktisch keine Grenzen gesetzt.“ Hinzu kommt der monatliche Raspo-Vereinsbeitrag von 15 Euro für Erwachsene, 10 Euro für Schüler, Studierende und Auszubildende oder 8 Euro Kinder.
Auf die Frage, ob das historische Fechten letztendlich mehr Sport oder Show ist, antwortet Jens Büttner: „Bei uns steht der Sport im Vordergrund. Es geht um Bewegung und Koordination, ähnlich wie beim Tanzen. Auf den Mittelaltermärkten ist es dann natürlich eher eine Show.“ Büttner selbst betreibt das historische Fechten seit 24 Jahren und fungiert seit 13 Jahren als Übungsleiter. Er unterstreicht, wie sehr dieser Sport den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hilft, den Alltag hinter sich zu lassen: „Man muss im Kopf dabei sein und kann während des Trainings richtig abschalten.“