In einem neuen Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags wird die Position der SPD in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung gestärkt, was zu kontroversen Reaktionen innerhalb der Koalition führt. Während die SPD sich durch das Gutachten in ihrer Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung bestätigt sieht, bezieht sich das Bundesjustizministerium auf den Koalitionsvertrag, der sich gegen eine anlasslose Speicherung ausspricht.
SPD: Gutachten stützt Forderung nach Vorratsdatenspeicherung
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, sieht die SPD durch das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags in ihrem Engagement für die Vorratsdatenspeicherung bestätigt und fordert die FDP auf, ihren Widerstand dagegen aufzugeben. „Die Partei kann sich nicht hinter der Formulierung des Koalitionsvertrages verstecken“, erklärte er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Laut Hartmann hätten sich die Parteien darauf geeinigt, eine Speicherung von Verkehrsdaten „unter Beachtung der EuGH-Rechtsprechung“ zu normieren; die liege nun vor. „Wer das blockiert, schwächt den starken Rechtsstaat“, so Hartmann.
Gutachten zur EuGH-Rechtsprechung
In dem Gutachten, das von der FAZ zitiert wird, befassen sich die Wissenschaftlichen Dienste auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Sie stellen fest, dass die Richter im April erstmals entschieden haben, dass eine Vorratsdatenspeicherung nicht nur zur Verhinderung und Verfolgung schwerer Kriminalität zulässig sein kann, sondern auch bei „Straftaten im Allgemeinen“. Zudem hebt das Gutachten hervor, dass der EuGH einen Zugang zu IP-Adressen bei „internetbezogenen Straftaten“ für die „einzig effektive“, zumindest „die am wenigsten einschneidende“ Maßnahme hält. Sollte dieser Zugang nicht gestattet werden, bestünde laut EuGH „eine echte Gefahr der systemischen Straflosigkeit“.
Positionen innerhalb der Koalition
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vertritt die Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung bei schwerer Kriminalität nun erst recht zulässig und nötig sei. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigte gegenüber der FAZ, dass man sich weiterhin dafür einsetze. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums verwies hingegen auf den Koalitionsvertrag, in dem sich die Parteien gegen eine anlasslose Speicherung entschieden hätten. Sie bezeichnete die Vorratsdatenspeicherung als „pauschale Überwachungsmaßnahme“, die alle Bürger unter „Generalverdacht“ stelle und dem „liberalen Rechtsstaat“ widerspreche. Sie argumentierte, aus dem EuGH-Urteil folge auch nicht, „dass eine Speicherung von IP-Adressen eingeführt werden müsste“. Diese Entscheidung überlasse der EuGH den Mitgliedstaaten.
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