Wenn bei der Stadt die Meldung eingeht: „Bombenblindgänger gefunden“ geht alles ganz schnell. Mit wenigen Klicks hat Jürgen Wiethäuper die wichtigsten Infos auf seinem Tablet. Er zeichnet den Radius ein, in dem evakuiert werden muss und weiß wenige Sekunden später wie viele Menschen ihre Häuser verlassen müssen – und noch viel mehr.

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Jürgen Wiethäuper ist Fachdienstleiter Ordnung und Gewerbe und bei der Stadt zuständig für die Bombenräumungen. Bis vor drei Jahren mussten seine Kollegen und er unendlich viele Aktenordner wälzen, auf ungenaue Karten blicken und unzählige Nummern wählen, bis die wichtigsten Vorbereitungen erledigt waren. Heute kann er – wenn nötig – direkt an der Fundstelle auf freiem Feld stehen und hat trotzdem blitzschnell alle nötigen Infos auf seinem Tablet. Wichtig, wenn es schnell gehen muss.

So etwas gibt es nur in Osnabrück

Das Team im Fachdienst Geodaten hat eine Anwendung entwickelt, die Daten verknüpft, die bei einer Bombenräumung nötig sind. Damit haben die Kollegen etwas geschaffen, was es in dieser Form in keiner anderen Kommune gab. Mit der Anwendung ist es möglich, einen Bombenfund umfangreich zu dokumentieren und alle folgenden Arbeitsschritte zu optimieren. Wenn der Radius um einen Bombenfund gezogen ist – üblicherweise ist es ein Kilometer – weiß Jürgen Wiethäuper nicht nur für wie viele Menschen er Handzettel drucken lassen muss – er weiß auch, auf wie viele Senioren er sich einstellen muss, die eventuell Hilfe brauchen und wie viele Menschen eine andere Nationalität haben, die die deutschen Handzettel möglicherweise gar nicht lesen können. Den Stadtwerken und allen anderen Busunternehmen, die den öffentlichen Nahverkehr übernehmen, wird mitgeteilt, welche Bushaltestellen im Evakuierungszeitraum nicht angefahren werden dürfen.

Software ersetzt Aktenordner

Diese Evakuierungsapplikation wurde 2015 entwickelt. Im Stadtgebiet Osnabrück werden immer noch sehr viele Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet und zum Beispiel immer wieder Bomben auf Baustellen gefunden. Mehr als 150 Aktenordner beherbergten vor 2015 die Informationen über die rund 3.000 Bombenverdachtspunkte im Stadtgebiet. Das Kartenmaterial war höchst ungenau. Die städtische Fachabteilung, die sich mit der Bombenräumung beschäftigt, hatte immer wieder Probleme, alle nötigen Daten zusammenzustellen.

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Jürgen Wiethäuper: „Vor der Einführung der Evakuierungssoftware hatten wir weder einen genauen Überblick über die Verteilung der Bombenverdachtspunkte, noch konnten wir das umfassende Datenmaterial in dringenden Fällen genau sichten. Wir brauchten oft sechs bis acht Wochen, um eine Bombenräumung vorzubereiten.“ Das war gerade bei zufälligen Bombenfunden ein Problem. „Da müssen wir zeitnah reagieren. Seit der Einführung der neuen Software benötigen wir höchstens eine Stunde, bis alle Informationen ausgewertet sind, ein Evakuierungszentrum benannt ist und alle betroffenen Adressen ermittelt sind – egal, ob wir die Bombenräumung lange planen können oder spontan handeln müssen“, sagt Wiethäuper.

 

Silke Brickwedde

Foto (Simon Vonstein, Stadt Osnabrück): Jürgen Wiethäuper ist Fachdienstleiter Ordnung und Gewerbe und bei der Stadt zuständig für die Bombenräumungen. Er schaut mit Alice Kemmeries vom Fachdienst Geodaten auf eine Karte. Diese Karte erleichtert die Vorbereitung auf eine mögliche Bombenräumung.
Foto: Stadt Osnabrück, Simon Vonstein