„Eigentlich“ hat der Osnabrücker Schlossgarten, so wie er ist, keine Probleme. Er wird von den Osnabrückern und vor allem den Studenten gerne angenommen und ist die zentrale Grünfläche der Innenstadt.
Bereits seit Jahrzehnten plätschern ein halbes dutzend kleine Springbrunnen Sommer für Sommer in ihren Sandsteinbecken vor sich hin. Dazwischen, wo früher weitere Springbrunnen ihren Standort hatten, lockern seit Jahren jedes Jahr aufs Neue bunt bepflanzte Beete die Szenerie auf.
Es begann mit einem kleinen Spielplatz
„Eigentlich“ alles wunderbar. Bis vor einiger Zeit die Idee aufkam zwischen dem EW-Gebäude und der Mensa ein weiteres Uni-Gebäude anzusiedeln. Auch das „eigentlich“ kein Problem, denn lediglich ein kleiner Spielplatz wird für den Neubau weichen müssen und soll einen neuen Platz im Schlossgarten finden.
Doch dieser Spielplatz löste Planungen aus, bei denen es inzwischen um eine Summe von weit über 5 Millionen Euro geht – und das Geld anderer Leute, denn bezahlen sollen die Steuerkassen aus Hannover und Berlin. Und das nur, weil ein kleiner Spielplatz verlegt werden soll.
Warum nicht auf eigene Fachleute vertrauen?
„Eigentlich“ hätte sich bestimmt ein Mitarbeiter des Bauamts (Amtsleiter dort der umstrittene Frank Otte) auf den Weg machen und zum Beispiel vor dem Ratsgymnasium eine neue Fläche für die paar Spielgeräte und den Sandkasten ausfindig machen können. Auch die Idee, die inzwischen arg in die Jahre gekommene Asphaltierung der Wege neu zu gestalten, zum Beispiel mit den Bodenplatten, die vor der OsnabrückHalle verlegt wurden, wäre „eigentlich“ den Beamten aus dem Bauamt zuzutrauen gewesen.
Im August 2016 wollte eine Mehrheit der Politik einen Wettbewerb mit teuren „Profis“ und „Fachplanern“
Doch im August vor ziemlich genau einem Jahr kam es anders. In der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwickung um Umwelt (StUA) forderte die SPD, es sei „wichtig und richtig, Profis mit dieser Aufgabe zu befassen“ und die Grünen argumentierten im Sinne eines Planungswettbewerbs, dessen Kosten in Höhe von 80.000 Euro da schon im Raum standen: „Es handele sich hier um einen markanten Innenstadtbereich, für den vielfältige Nutzungen denkbar seien und der deshalb in die Hände qualifizierter Fachplaner gelegt werden müsse“.
Stadtbaurat Frank Otte, der sich dem Berufsbild des Architekten offenbar sehr zugeneigt fühlt, fand die damals schon diskutierte Idee, die Planung kostengünstig in die Hände von in Osnabrück ansässigen Fach-Studiengängen und deren Hochschullehrer zu geben, als „nicht zulässig“. Wie Grüne und SPD plädierte der Stadtbaurat dafür externe Planungsbüros zu beauftragen. Und auch Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, so ist aus den Reihen der Verwaltung zu vernehmen, soll sich seinerzeit sehr für einen Planungswettbewerb stark gemacht haben.
Eine Handlungsalternative, die von UWG und Piraten eingebracht wurde, zusammen mit der Hochschule und unter Beteiligung der Bürger einen Plan zu entwickeln, wurde von einer Mehrheit der Lokalpolitiker rundweg abgelehnt – sehr im Sinne der Verwaltungsspitzen.
Breite Ablehnung für Pläne eines Berliner Planers
Der Sieger des Planungswettbewerbs wurde Ende Juni ermittelt und ist seit Anfang August im Foyer des Schlosses für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Siegerentwurf sieht vor, weite Teile der Fläche vor dem Schloss zu pflastern und statt sechs kleinen Springbrunnen einen großen Spritzbrunnen zu installieren. Doch die Pläne des Büros POLA aus Berlin kamen bislang bei den Osnabrücker Bürgern nicht gut an.
Rund 83% der HASEPOST-Leser lehnen die Pläne für den Schlossgarten ab und 78% der NOZ-Leser sind gegen eine Neugestaltung der beliebten Parkanlagen. Und auch eine zwischenzeitlich vom Bund Osnabrücker Bürger (BOB) auf den Weg gebrachte Onlinepetition motivierte binnen weniger Tage mehr als 740 Osnabrücker zur Unterzeichnung eines Aufrufs gegen die Schlossgarten-Pläne.
Der Stadtbaurat und seine Version der Wahrheit
„Einmütig“ habe sich die Jury für den Entwurf entschieden, der als Siegerentwurf der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Und da es schon „grünes Licht aus dem Rathaus“ geben würde, hätte er (der Stadtbaurat) sich vor der öffentlichen Präsentation bereits mit den extra aus Berlin angereisten Planern zusammengesetzt und dabei die nächsten Schritte der Umsetzung besprochen – so der Stadtbaurat bei der Eröffnung der kleinen Ausstellung im Foyer des Schlosses.
Allerdings war es mit der suggerierten Harmonie bei der Auswahl des Siegerentwurfs nicht weit her. Nach Informationen dieser Redaktion gab es durchaus Diskussionen in der Jury über den Siegerentwurf. Der Begriff „Einmütig“, der laut Duden auch mit „Einstimmigkeit“ gleichzusetzen ist, war tatsächlich eine Finte. Womöglich konnte oder wollte sich der Stadtbaurat nicht an die bereits in der Jury geführten Diskussionen über den Pflaster-Entwurf erinnern?
Tatsächlich gab es, so die Informationen unserer Redaktion, bei der Abstimmung über den Siegerentwurf starke Zweifel von CDU-Ratsfrau Katharina Pötter an der Sinnhaftigkeit des Entwurfs. Neben der großen Pflasterfläche bemängelte das Ausschussmitglied der Union vor allem, dass die geplanten Hecken zukünftig den Aufbau einer großen Open-Air Bühne verhindern würden.
Otte konnte sich nicht mehr an Sitzungskalender erinnern
Doch Frank Otte hatte am 8. August noch ganz andere Erinnerungslücken. Denn das „grüne Licht“ von Seiten der Lokalpolitik, mit dem ein Fortschreiten der Planungen in Zusammenarbeit mit den Berliner Planern vom Stadtbaurat öffentlich erklärt wurde, gab und gibt es noch gar nicht.
Auf Nachfrage begründete Otte die angebliche Zustimmung zu den Entwürfen mit einer fiktiven Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses – der allerdings zwischen dem Jury-Entscheid Ende Juni und dem Präsentationstermin im August noch in der Sommerpause war.
Erst heftiges Kopfschütteln von ebenfalls anwesenden Mitarbeitern aus Ottes Bauamt brachten den Spitzenbeamten wieder auf die Spur.
Tatsächlich geht es vor allem um millionenschwere Fördergelder
Erst in dieser Woche, am Donnerstagabend (24. August, 17 Uhr), wird die Lokalpolitik im zuständigen Ausschuss offiziell über den Ausgang des Planungswettbewerbs informiert. Bei der Sitzung soll dann auch über die weitere Beauftragung des Berliner Büros POLA entschieden werden, das dann zusätzlich zu den bereits erhaltenen 17.500 Euro Preisgeld nochmals 70.000 Euro dafür erhalten soll, etwas konkreter zu planen als bislang geschehen.
Noch wichtiger aber wird ein kurzfristig eingeschobener Tagesordnungspunkt sein, der die tatsächlichen Hintergründe für die umfangreichen Planungen entlarvt.
In diesem Tagesordnungspunkt sollen die Ausschussmitglieder die Verwaltung offiziell beauftragen für Schlossgarten – und zusätzlich auch den Ledenhof – eiligst eine Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm „Zukunft Stadtgrün“ für das Jahr 2017 zu beantragen. Es geht um geschätzte Gesamtkosten in Höhe von 5,87 Millionen Euro, von denen man sich eine Förderung in Höhe von 90% durch Bund und Land Niedersachsen erhofft.
Dieser Förderantrag steht bereits am Dienstag auf der Agenda der Sitzung des Finanzausschusses, verbunden mit dem Hinweis, dass der Antrag auf die üppigen Fördergelder bis zum 1. September 2017 gestellt werden muss. Zeit für Debatten und Abwägungen gibt es so nicht. Gut geplant…
Ein kurzer Kommentar
Ganz offensichtlich macht die Aussicht auf Fördergelder blind für die Sinnlosigkeit den Schlossgarten möglichst teuer – aber ohne Not – zu pflastern, nur um die Fördergelder möglichst üppig sprudeln zu lassen.
Angeblich, so Stadtkämmerer Thomas Fillep gegenüber dieser Redaktion, soll die Reparatur der maroden bisherigen Brunnenanlage zwischen 600 und 700tausend Euro kosten [Update: Diese Kostenschätzung wurde vom Stadtkämmerer inzwischen auf 300tausend Euro korrigiert, der oben genannte Betrag wäre inklusive der Spielplatzverlegung gewesen]. Ein stolzer Preis für sechs kleine Sprudelbecken [wenn auch inzwischen halbiert]. Warum da nicht lieber 6 Millionen Euro ausgeben, für einen mehrheitlich von der Bevölkerung abgelehnten Entwurf? Immerhin 90% bezahlen ja Steuerzahler aus anderen Regionen Deutschlands. Ganz schön clever? Es ist ja das Geld anderer Leute.
Das Monstrum des zugepflasterten Schlossgarten bleibt für Jahrzehnte den Osnabrückern erhalten, wenn die Fördergelder dafür schon längst ausgegeben sind. Vermutlich wird dann auch schnell wieder darüber diskutiert, ob man den (neuen) Springbrunnen nicht aus Kostengründen abschalten kann – das kennt man ja in der Hasestadt.
Aus Respekt vor dem Steuerzahler, egal ob in Osnabrück oder Oberbayern, wäre es angebracht nur das zu sanieren, was wirklich notwendig ist. Die maroden aber wunderbar in den Barockgarten und zwischen die Bluembeete eingepassten alten Springbrunnen hätten es verdient. Selbst wenn es am Ende sogar ein wenig teurer werden sollte als „der große Plan“, der scheinbar nur ein Ziel hat: Fördergelder einsammeln und verbrennen.
Ob die Renovierung der bestehenden kleinen Springbrunnen wirklich fast mehr als eine halbe Million Euro kosten wird, darf bezweifelt werden. Bislang ist es nur eine Kostenschätzung – Fachleute für Springbrunnentechnik haben bislang noch kein Angebot abgegeben, warum eigentlich nicht?
Und was den Kinderspielplatz angeht, der dem Neubau der Uni weichen soll: Wenn die Uni bauen will, dann soll sie dafür zahlen. Auch so können Landesgelder angezapft werden – in dem Fall sogar zu 100%. Der Umzug des Kinderspielplatzes wurde sogar schon beziffert: 300tausend Euro. Die Landesregierung sollte diese Summe gerne zahlen – besser als 90% von fast 6 Millionen Euro.
Heiko Pohlmann (der im Schlossgarten einen Teil seiner Kindheit verbracht hat)