„Autofahrer sind Gewohnheitstiere“, diese Feststellung des Stadtbaurats war für die Teilnehmer des Runden Tisches Westerberg vielleicht die einzige Weisheit, die sie nach der jüngsten Sitzung mit nach Hause nehmen konnten. Ansonsten, so jedenfalls die Wahrnehmung aus Sicht von Betroffenen, kann die Verwaltung derzeit keinen „Plan B“ für den Westerberg liefern – fünf Jahre nach den Bürgerentscheid zur Westumgehung und buchstäblich am Vorabend der Bauarbeiten an der Rheiner Landstraße.
„Man hat es also mit ‚Tieren‘ zu tun, betrachtet man die Problematik aus der Sicht von Stadtbaurat Frank Otte“, so ein Anwohner*, der sich trotz eines den Teilnehmern aufgegeben Maulkorbs gegenüber der Presse bei unserer Redaktion meldete.
Verwaltung und Politik wollen keine Presse beim Runden Tisch
Da sich die Verwaltung – mit Billigung der Politik – nicht von der Öffentlichkeit und der Presse bei Gesprächen mit den Anwohnern des Westerbergs in die Karten schauen lassen will, fand auch diese „Anwohnerveranstaltung“ erneut unter Ausschluss der Presse statt. Wie unsere Redaktion in Gesprächen mit Teilnehmern dennoch erfahren hat, zeichnet sich inzwischen das Bild des totalen Scheiterns der mittel- und langfristigen Verkehrsplanung für den Westerberg ab. Erst nach Beendigung der Bauarbeiten an der Rheiner Landstraße und somit auch nach der nächsten Kommunalwahl (Herbst 2021) könnte es signifikante Entlastungen entlang der Strecke der „heimlichen Westumgehung“ geben.
Um nicht völlig in der öffentlichen Kritik zerrieben zu werden, die für die kommenden zwei Jahre parallel zum Umbau der Rheiner Landstraße erwartet wird, sollen den Anliegern zuvor in Aussicht gestellte Maßnahmen weitestgehend zurückgestellt werden, symptomatisch ist nach Ansicht eines Anwohners der fortschreitende Rückbau der „Berliner Kissen“ im Vorfeld der Baustelle an der Rheiner Landstraße.
Vertreter der Grünen blieben Rundem Tisch fern
Nach der knappen Entscheidung gegen den Bau einer Westumgehung bei der Bürgerbefragung im Jahr 2014 wurde in zahlreichen Versammlungen mit Anliegern versucht auch ohne die entlastende Querverbindung von Eversburg zur Rheiner Landstraße die Auswirkungen des Verkehrs auf die Anwohner zu minimieren.
Treibende Kraft der Initiative gegen die Entlastungsstraße waren vor fünf Jahren die Osnabrücker Grünen – bei der jüngsten Veranstaltung des Runden Tisches hielt es jedoch kein Mitglied der grünen Ratsfraktion mehr für notwendig sich den Sorgen und Nöten der Anwohner zu stellen.
CDU und FDP schickten jeweils einen Vertreter und von Seiten der SPD kamen zwei Lokalpolitiker zum Runden Tisch in das ICO im Wissenschaftspark.
Keine Maßnahmen die auch Stadtbusse bremsen könnten
Statt Möglichkeiten aufzuzeigen die Belastungen durch den Durchgangsverkehr zu minimieren präsentierte die Verwaltung bei der Sitzung am Dienstag auf mehreren Folien welche Maßnahmen ihrer Meinung nach nicht umsetzbar sind. Ein deutlicheres Tempolimit (20km/h), zusätzliche Ampeln oder Fußgängerwege: „Was nicht geht kann die Verwaltung sehr detailliert aufzählen“, so ein Anwohner im Gespräch mit unserer Redaktion.
Maßnahmen, die rein rechtlich durchaus machbar wären, wie eine Rechts- vor Links-Regelung oder eine Höhenbeschränkung für den Durchgangsverkehr um wenigstens die Abkürzungsfahrten von LKW unmöglich zu machen, will die Verwaltung nicht durchsetzen, weil dadurch auch die Busse der Stadtwerke betroffen wären.
Politiker wollen kein Durchfahrverbot
Eine radikale Lösung, bei der die Durchfahrt durch eine Schrankenanlage versperrt wird, die nur für Notdienstfahrzeuge und den Busverkehr geöffnet wird, daran will sich zwei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl kein Lokalpolitiker versuchen.
Der für die SPD am Runden Tisch teilnehmende SPD-Verkehrsexperte Heiko Panzer, so berichtete uns ein Teilnehmer, soll die radikale Lösung mit einer Schrankenlösung explizit deswegen abgelehnt haben, weil er einen „Präzendenzfall“ für gleiche Forderungen aus anderen Stadtteilen fürchte.
Ebenfalls abgelehnt wurde die Idee auf der Trasse der Westumgehung wenigstens einen Fahrradweg zu bauen, der im Notfall auch von Rettungsfahrzeugen benutzt werden könnte.
*Auf Wunsch der Anwohner, die sich bei unserer Redaktion gemeldet haben, bleiben diese namentlich ungenannt, da diese Repressionen fürchten, weil sie mit der Presse gesprochen haben. Ein eigener Tagesordnung bei der jüngsten Sitzung des Runden Tisches widmete sich dem Thema „Umgang mit der Nichtöffentlichkeit“; unserer Redaktion liegt eine Mitschrift der Tagesordnung, der gezeigten Folien und zahlreicher Aussagen von Teilnehmern vor.
Anmerkung des Autors: So muss sich der real existierende Sozialismus einst in der DDR angefühlt haben, wenn Pressevertreter nur hinter der sprichwörtlich vorgehaltenen Hand erfahren was Politiker und Verwaltungsmitarbeiter gegenüber ausgewählten Bürgern „verlautbaren“, womit sich diese gefälligst abzufinden haben. Nicht umsonst fiel im Gespräch mit einem Anwohner auch das Wort „Nordkorea“…