In Osnabrück ist am Donnerstag den jüdischen Opfern der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 gedacht worden. Mehrere Hundert Menschen nahmen an einer Veranstaltung in der Schlossaula, dem anschließenden Gedenkgang und der Kranzniederlegung am Mahnmahl Alte Synagoge teil. Ein aktuelles Ereignis überschattete dabei den Abend.
Jedes Jahr erinnert die Gedenkveranstaltung an eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die jüdische Synagoge in Osnabrück von SA-Trupps geschändet, geplündert und anschließend in Brand gesetzt. Die örtliche Feuerwehr rückte zwar an, wurde jedoch von der SA an den Löscharbeiten gehindert und schützte nur die umstehenden Gebäude vor einem Übergreifen der Flammen.
90 Gemeindemitglieder wurden am selben Tag zunächst in den Zellen des Gestapokellers inhaftiert und wenige Tage später ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Die Synagoge war durch den Brand beschädigt, nicht jedoch komplett zerstört worden. Der damalige Oberbürgermeister Erich Gaertner fand aber „baupolizeiliche Gründe“, noch am Tag der Brandstiftung den Abriss des Gebäudes zu verfügen.
Friedensschule gestaltet Rahmenprogramm
Bei der diesjährigen Gedenkveranstaltung gestalteten die Schülerinnen und Schüler der Friedensschule unter Anleitung von Lehrkräften, dem Musiktheater Lupe und theaterpädagogischem Personal eine 30-minütige, sehr mitreißende und emotionale Darbietung mit Tanz, Gesang und Schauspiel sowie selbst produzierten Videoeinspielungen. Bereits seit mehr als 20 Jahren ist es Tradition, dass im jährlichen Wechsel eine weiterführende Schule Osnabrücks dieses Programm gestaltet.
Katharina Pötter hält bewegende Rede
„Mit Blick auf die Gräueltaten der Hamas in Israel, aber auch mit Blick auf die bisweilen erschreckenden Bilder auf Demonstrationen, deren Teilnehmer keinen Zweifel daran lassen, dass sie Juden hassen, Israel vernichtet sehen wollen, den Hamas-Terror unterstützen und auch unseren Staat durch ein Kalifat ersetzt sehen wollen, kommt dieser Veranstaltung eine ganz besondere Bedeutung zu“, sagte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter in einer bewegenden Rede, für die sie mehrfach Zwischenapplaus erhielt.
Pötter freute sich besonders, dass so viele Gäste zur Gedenkveranstaltung erschienen waren. „Mit Ihrer Teilnahme setzen Sie nicht nur ein Zeichen des Respekts vor den Opfern des Holocaust und ihren Angehörigen, sondern ein Zeichen der Solidarität mit jüdischem Leben“, so die Oberbürgermeisterin. Weiterhin machte sie klar: „Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine Straftat, die strafrechtlich verfolgt wird!“
Mahnmal beschädigt
Die Gedenkveranstaltung, bei der der Kantor der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, Baruch Chauskin, am Mahnmal das Kaddisch betete und ein jiddisches Lied sang, wurde von einem aktuellen Ereignis überschattet: Nach einem Hinweis einer HASEPOST-Leserin, stellte unsere Redaktion bereits am Nachmittag frische Beschädigungen an den Gedenktafeln des Mahnmals fest. So wurde unter den Namen des Oberrabbiners das Wort „Opfer“ eingeritzt, außerdem der Davidstern auf der Metallplatte zerkratzt und ein Hakenkreuz eingeritzt, das von Dritten wieder unkenntlich gemacht wurde.
Unter den Teilnehmenden der Gedenkveranstaltung löste dies entsetzte Reaktionen aus. Katharina Pötter verurteilte die Beschädigung und machte unmissverständlich klar: „Wir werden das nicht tolerieren!“ Nach dem Hinweis unserer Redaktion ermittelt nun der Staatsschutz der Polizei in der Sache.