Um die Situation in Osnabrücks Problemzone rund um Neumarkt und Johannisstraße besser in den Griff zu bekommen, hat Oberbürgermeisterin Katharina Pötter Anfang des Jahres gemeinsam mit der Polizei Osnabrück ein 10-Punkte-Programm vorgestellt. Deutlich gegen die Maßnahmen, die etwa ein Waffen- und Alkoholverbot umfassen, spricht sich das neugegründete Bündnis „Osnabrück für Alle“ aus. Am Freitagabend ruft die Gruppe erstmals zum Protest auf.
In einer Mitteilung an die Presse bezeichnet sich das Bündnis „Osnabrück für Alle“ als ein „Zusammenschluss aus unterschiedlichen politischen Gruppen und Organisationen“. Ihre Gründung bezeichnet die Gruppe als eine „Reaktion“ auf das von Stadt und Polizei erarbeitete 10-Punkte-Programm, das den Innenstadtbereich um Neumarkt und Johannisstraße sicherer machen soll. Zu den darin enthaltenen Maßnahmen zählt unter anderem die Einrichtung einer Verbotszone für Waffen und Alkohol, die seit Ende Juni gilt. Auch soll bald eine Videoüberwachung in der Problemzone für mehr Sicherheit sorgen.
„Osnabrück für Alle“ äußert scharfe Kritik
Insbesondere diese drei Maßnahmen kritisiert das Bündnis „Osnabrück für Alle“ scharf. „Diese Maßnahmen werden weiter für Verdrängung und Diskriminierung sorgen, insbesondere von armen Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund“ so Markus Löwekamp, Pressesprecher des Bündnisses. Die Sorge der Gruppe: Sogenannte Waffenverbotszonen würden es der Polizei ermöglichen, jede Person in der Zone zu kontrollieren und zu durchsuchen, ohne konkreten Verdacht oder Nennung von Gründen. „Es ist relativ offensichtlich, dass hier die rechtlichen Mittel gegeben werden sollen, um Menschen zu vertreiben. Ähnliches gilt für die Alkoholverbotszone und die Videoüberwachung“, so Löwekamp weiter.
Auseinandersetzung statt Verbote
Statt strikter Verbote fordert die das Bündnis „Osnabrück für Alle“ eine Auseinandersetzung mit und Beseitigung von den Ursachen von Armut. „Anstatt hier anzusetzen und Armut als konkrete Ursache von Kriminalität zu benennen, geschweige denn Zahlen für eine solche vorzulegen, beruft sich Katharina Pötter in einem kurzen Instagram-Reel auf ‚subjektive Gefühle‘ der Unsicherheit“, sagt Löwekamp. Die starke Ausweitung von polizeilichen Befugnissen und Überwachung von staatlicher Seite ohne faktenbasierte Erklärung sei eine bedrohliche Entwicklung.
Kritik auch an Maßnahmen zur Sicherheit von Frauen
„Unter dem Vorwand eines Sicherheitsdefizits für Frauen wird dann schnell mal ein Verbot von ausgerechnet Pfefferspray mit durchgesetzt. Und auch einer der rühmlicheren Punkte des 10-Punkte-Plans, das “Frauen-Taxi” ist eine recycelte Idee aus den 90er Jahren, an deren Abschaffung, richtig, die CDU mitgewirkt hat. Was “Frauen” nützt, sind Beleuchtung, mehr Geld und keine finanziellen Kürzungen von Frauenzentren, queere Schutzräume. Denn “Sicherheit” auf dem Rücken anderer Gruppen, die Gewalt erfahren, ist keine nachhaltige Sicherheit sondern eine Verschleierunug von Ursachen und Verschiebung des Problems ins Private“ so Löwekamp.
Das Sicherheitsverständnis umfasse bei der Auseinandersetzung keine soziale Sicherheit und sei zudem sehr selektiv und inkonsequent, kritisiert das Bündnis weiter. Aufwertung sowie Gentrifizierung und damit Verdrängung seien das Ziel einer solchen Stadtpolitik, die im Bau befindlichen Hotelanlagen am Neumarkt und in der Johannisstraße ein Fingerzeig in jene Richtung.
Bündnis lädt zum “Cornern” ein
Am Freitagabend will das Bündnis „Osnabrück für Alle“ mit einem Cornern erstmals in Erscheinung treten, mit Menschen in der Johannisstraße ins Gespräch kommen und Flyer verteilen. Der Ausdruck “Cornern“ leitet sich dabei vom englischen Begriff “corner“ für “Ecke“ ab. Zu verstehen ist darunter eine Zusammenkunft an einer Straßenecke, oft mit mitgebrachten Getränken und Musik. “Corner“-Start ist am Freitagabend um 19 Uhr.