Präsident des Bundesverfassungsgerichts zu Gast in Osnabrück: Stephan Harbarth eröffnet Die Villa_ im Museumsquartier

Am Sonntag (15. September) wurde nach jahrelangen Diskussionen die ehemalige Villa Schlikker in Osnabrück feierlich als Die Villa_ Forum Erinnerungskultur und Zeitgeschichte wiedereröffnet. Rund 200 geladene Gäste, darunter zahlreiche Prominente und Vertreter des öffentlichen Lebens, versammelten sich im Garten der über 100 Jahre alten Villa, um der Eröffnungszeremonie beizuwohnen. Besondere Sicherheitsvorkehrungen galten an diesem Tag, denn Deutschlands oberster Richter, Prof. Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, war als Festredner zu Gast.

Von links: Nils-Arne Kässens (Museumsdirektor), Wolfgang Beckermann (Erster Stadtrat), Dr. Mathias Middelberg (CDU-Bundestagsabgeordneter), Prof. Dr. Stephan Harbarth (Präsident Bundesverfassungsgericht), Katharina Pötter (Oberbürgermeisterin) und Dr. Thorsten Heese (Kurator). / Foto: Dominik Lapp
Von links: Nils-Arne Kässens (Museumsdirektor), Wolfgang Beckermann (Erster Stadtrat), Dr. Mathias Middelberg (CDU-Bundestagsabgeordneter), Prof. Dr. Stephan Harbarth (Präsident des Bundesverfassungsgerichts), Katharina Pötter (Oberbürgermeisterin) und Dr. Thorsten Heese (Kurator). / Foto: Dominik Lapp

Kontroverse Debatte um Benennung

Mit der Eröffnung wurde eine lange und teils kontroverse Debatte um die Benennung des historisch belasteten Gebäudes abgeschlossen. Die Villa Schlikker diente während der NS-Zeit als Zentrale der Osnabrücker NSDAP. Im Jahr 2017 hatte der Stadtrat beschlossen, das Haus in Hans-Calmeyer-Haus umzubenennen, zu Ehren des Osnabrücker Juristen, der während der Nazi-Herrschaft etwa 3.000 Juden rettete. Doch vor allem aus den Niederlanden regte sich Protest gegen diese Entscheidung, da Calmeyer als Funktionär des NS-Regimes diente und mit seiner Unterschrift nicht nur Juden rettete, sondern auch in die Vernichtungslager schickte. Um der Kritik Rechnung zu tragen, entschied man sich für Die Villa_ Forum Erinnerungskultur und Zeitgeschichte. „Der Unterstrich ist kein bloßes Gimmick, sondern steht für den Diskurs und Austausch, auch für die Reibung, die wir rund um die Namensgebung hatten“, so Museumsdirektor Nils-Arne Kässens.

Die Villa_ eröffnet am 15. September 2024. / Foto: Dominik Lapp
Die Villa_ im Museumsquartier Osnabrück. / Foto: Dominik Lapp

Harbarth: „Ein wichtiges und ein ermutigendes Signal“

Prof. Dr. Stephan Harbarth betonte in seiner Festrede die Bedeutung der Eröffnung und verwies auf die aktuelle politische Lage: „Der 75. Geburtstag des Grundgesetzes fällt in eine wahrlich nicht einfache, krisenbehaftete Zeit. Umso mehr geht von der heutigen Eröffnung der Villa_ ein wichtiges und ein ermutigendes Signal aus.“ Er würdigte die Villa als Erinnerungs-, Ausstellungs- und Lernort, der nicht nur die Geschichte Osnabrücks im Nationalsozialismus beleuchtet, sondern auch dazu beiträgt, die Ursachen und Folgen dieser Zeit zu analysieren. „Wir sind kein gespaltenes Land, aber wir sind spürbar auseinandergerückt“, sagte Harbarth und betonte die Rolle des neuen Forums, um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.

Prof. Dr. Stephan Harbarth und Katharina Pötter in der Ausstellung. / Foto: Dominik Lapp
Prof. Dr. Stephan Harbarth und Katharina Pötter in der Ausstellung (im Hintergrund: Calmeyer-Biograf und CDU-Bundestagsabgeordneter Dr. Mathias Middelberg). / Foto: Dominik Lapp

Historisches Erbe aufarbeiten und Impulse für Gegenwart geben

Ebenso unterstrich Oberbürgermeisterin Katharina Pötter die Bedeutung von Demokratie in Krisenzeiten: „Wenn wir Demokratie erhalten wollen, müssen wir sie bewusst leben und unter Umständen auch mutig verteidigen.“ Auch sie würdigte die Eröffnung der Villa_ als wichtigen Schritt, um das historische Erbe der Stadt aufzuarbeiten und zugleich Impulse für die Gegenwart zu geben.

Einen bewegenden Moment erlebten die Gäste, als Baruch Chauskin, Kantor der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, eine Totenklage im Gedenken an die im Holocaust ermordeten Juden sang, bevor die Villa_ feierlich eröffnet wurde. (Lesen Sie auch: Deshalb lohnt sich ein Besuch der Villa_)

Baruch Chauskin, Kantor der Jüdischen Gemeinde Osnabrück / Foto: Dominik Lapp
Baruch Chauskin, Kantor der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, singt eine Totenklage. / Foto: Dominik Lapp


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Dominik Lapp
Dominik Lapp
Dominik Lapp ist seit 2023 Redaktionsleiter der HASEPOST. Der ausgebildete Journalist und Verlagskaufmann mit Zusatzqualifikation als Medienberater, Social-Media- und Eventmanager war zuvor unter anderem als freier Reporter für die Osnabrücker Nachrichten, die Neue Osnabrücker Zeitung und das Meller Kreisblatt sowie als Redakteur beim Stadtmagazin The New Insider und als freier Autor für verschiedene Kultur-Fachmagazine tätig. Seine größte Leidenschaft gilt dem Theater, insbesondere dem Musical und der Oper, worüber er auch regelmäßig auf kulturfeder.de berichtet.

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